Unterwegs im Namen Jesu
Gottesdienst am 25.09.2005

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
verschiedene Leute kamen zu Jesus. Sie erzählten ihm, dass sie sein Wahlprogramm kennen und gerne bei ihm bleiben wollten. Seine Argumente hatten sie überzeugt. Jesus tritt ihnen mit seiner Antwort sehr nahe. Den einen spricht er auf seine Bequemlichkeit an: Du wirst kein sicheres Dach mehr über dem Kopf haben. Kannst du damit leben? Den anderen spricht er auf sein Festhalten an Traditionen an: Du musst dich von dem trennen, was du immer gemacht hast, Nachfolge heißt, sich auf ein neues, unvorhersehbares Abenteuer einzulassen. Und der Dritte war wohl einer, der sich nicht zwischen Vertrautem und Neuem entscheiden kann. Dem sagt Jesus, dass er ohne Entscheidung für Jesus nicht mit ihm leben kann. Sowohl - als auch geht nicht. (nach Lukas 9,57-62)

Zwar schrieb der Evangelist nicht auf, wie die drei Männer reagierten, doch deutet alles darauf hin, dass sie die Antworten Jesu abschreckten. Sie waren nicht bereit, alles für Jesus aufzugeben, ihre Bequemlichkeit, ihren Traditionalismus und ihre Unentschlossenheit. Sie sind wohl traurig weggegangen. Doch mindestens 72 Anhänger und Anhängerinnen blieben bei Jesus. Sie hatten das Gespräch wahrscheinlich mitbekommen. Jesus führte sie weiter. Er machte ihnen klar, dass ein solches herausforderndes Leben mit ihm einen bestimmten Sinn erfüllte. Es ging darum, frei zu sein, um auf Gottes Sendung zu reagieren.

Lukas 10,1-4

Danach bestimmte der Herr weitere zweiundsiebzig Boten und sandte sie zu zweien aus. Sie sollten vor ihm her in alle Städte und Ortschaften gehen, durch die er kommen würde. Er sagte zu ihnen: "Hier wartet eine reiche Ernte, aber es gibt nicht genug Menschen, die helfen, sie einzubringen. Bittet den Herrn, dem diese Ernte gehört, dass er die nötigen Leute schickt! Und nun geht! Ich sende euch wie Lämmer mitten unter Wölfe. Nehmt keinen Geldbeutel mit, keine Vorratstasche und keine Schuhe. Und bleibt unterwegs nicht stehen, um jemand zu begrüßen." 

Jesus sieht nicht nur die Zweiundsiebzig, die um ihn herum stehen, sondern er sieht die Menschen, die von seiner Botschaft noch nicht erreicht sind. Er vergleicht diese unerreichten, unerlösten Menschen mit einer Ernte, Felddie eingebracht werden will. So viele sind es, die Sehnsucht nach einem erfüllten Leben haben, die nach Orientierung und Halt in ihrem Leben suchen, die Trost und Heilung brauchen oder Frieden Gottes in zerbrochenen Beziehungen. Jesus sieht auch, dass es zu wenige sind, die sich um diese Suchenden kümmern und ihnen von Gott erzählen. Die einen sind zu beschäftigt mit ihren Häusern, die anderen mit ihren gesellschaftlichen Terminen, die Dritten mit ihren Kompromissen. Wer bleibt da noch übrig?

Jesus öffnet mit diesem Bild von der reifen Ernte ein Fenster zur nachösterlichen Gemeinde. Es ist offenbar ein Dauerzustand im Reich Gottes, dass zu wenige anpacken, immer ein Mitarbeitermangel herrscht und jederzeit ein wichtiger Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin ausscheiden kann und eine Lücke hinterlässt. Wir haben normalerweise drei Strategien, um auf Mitarbeiternotstand zu reagieren:

  • erhöhter Aktivismus: die wenigen, die noch übrig bleiben, machen doppelt und dreifach so viel, um den Mangel auszugleichen.
  • Abfinden mit Ist-Zustand: die Realität wird klaglos akzeptiert, Angebote abgebaut, Gruppen geschlossen, Evangelisation eingestellt.
  • Anwerbung von Leuten: um jeden Preis werden Helfende angeworben, auch wenn sie gar nicht wissen, worum es eigentlich geht. Ihnen wird das Programm Jesu gar nicht erst in die Hand gedrückt, um sie nicht gleich wieder zu verschrecken.
Diese drei Antworten auf den Notstand bei den Erntehelfern führen zu fatalen Folgen. Im ersten Fall sind die Leute schnell am Ende ihrer Kraft. Die Menschen, denen sie eigentlich mit der Liebe und dem Frieden Jesu gegenüber treten wollen, empfinden sie als Bedrohung und Feinde. Sie bekommen einen Burnout und werden krank an ihrer Überforderung. Im zweiten Fall fragen sich die suchenden Leute, ob sich Christen überhaupt um sie kümmern wollen. Vergeblich suchen sie nach Angeboten, um die Bibel kennen zu lernen, mit Christen über den Glauben nachzudenken oder mit jemand zu beten. Stattdessen werden sie von einem Anrufbeantworter zum nächsten weitergereicht. Im dritten Fall wird z.B. eine christliche Kindergruppe von einer Jugendlichen geleitet, die selbst keine Beziehung zu Jesus Christus, aber sehr viel Spaß mit Kindern hat. Sie kann den Kindern viel vermitteln, von Jesus erfahren sie allerdings nichts. 

Jesus legt uns eine andere Antwort vor. Wir sollen darum beten, dass Gott Leute beruft und sendet, die wissen, worum es geht, die Jesus kennen und denen es weh tut, dass die Ernte nicht eingebracht werden kann. Er ist der, der den Notstand beheben kann, nicht wir.

Allerdings können die Betenden schnell zu Gerufenen werden. Jesus sandte genau die 72 aus, die ihm zugehört hatten und die er zum Gebet aufgerufen hatte. Was einen da erwartet, wird klar benannt. Nach wie vor gehört ein Gerufener zur Herde Jesu. Jesus kümmert sich um ihn und beschützt ihn. Doch Wölfe können bedrohlich nahe kommen. Wölfe, die sich als Feinde in uns selbst und Feinde von außen zeigen. In einer Umgebung, die Jesus nicht kennt, können wir nicht damit rechnen, ohne Widerstände zu leben. Die Widerstände fangen ja meist in uns selbst an. Wir werden lustlos, verlieren den Mut, lassen uns so schnell von unseren Aufgaben als Botschafter Jesu ablenken.

Jesus gibt uns da nur eine Hilfe, er lädt uns ein, mit ihm zu reden, seine Hilfe zu erbitten. Wir sollen nicht um die Wölfe kreisen, sondern uns von ihnen nicht mutlos machen lassen. Jesus ist der gute Hirte, der Herr der Ernte, der, der auch einen Zaun ziehen kann. Er wird uns beschützen. Eine andere Zusage haben wir nicht. Was an uns liegt, führt Jesus mit sehr kurzen Anweisungen aus. Wir sollen uns auf einen glaubwürdigen Lebensstil besinnen. Es wird alles darauf ankommen, dass unsere Worte zu unserem Alltag passen. Sind wir wirklich so vertrauensvoll in jeder Lebenslage? Erwarten wir, dass Jesus uns beschützt oder bauen wir unsere Sicherungsnetze immer engmaschiger? Tut es uns weh, dass Menschen nicht Jesus Christus finden oder ist es uns eigentlich völlig egal, was mit unseren Mitmenschen wird? Diese innerste Haltung spüren uns Leute ab, die uns nahe genug kommen. Sie fühlen, ob wir ihnen mit dem Wunsch begegnen, sie mit Jesus bekannt zu machen, oder ob wir ihnen einen Werbezettel in die Hand drücken wollen, von dem wir selbst nicht überzeugt sind.

Lukas 10,5-12

"Wenn ihr in ein Haus kommt, sagt zuerst: 'Frieden sei mit diesem Haus!' Wenn dort jemand wohnt, der für diesen Frieden bereit ist, wird euer Wunsch an ihm in Erfüllung gehen; andernfalls bleibt er wirkungslos. Bleibt in diesem Haus und esst und trinkt, was euch angeboten wird; denn wer arbeitet, hat ein Anrecht auf Lohn. Geht nicht von einem Haus zum andern. Wenn ihr in eine Stadt kommt und sie euch aufnehmen, dann esst, was euch angeboten wird. Heilt die Kranken in der Stadt und sagt den Leuten: 'Gott richtet jetzt seine Herrschaft bei euch auf!' Aber wenn ihr in eine Stadt kommt und niemand euch aufnehmen will, dann geht hinaus auf die Straßen der Stadt und ruft: 'Sogar den Staub eurer Stadt, der sich an unsere Füße geheftet hat, wischen wir ab und lassen ihn euch da. Aber das sollt ihr wissen: Gott richtet jetzt seine Herrschaft auf!' Ich sage euch: Am Tag des Gerichts wird es den Menschen von Sodom besser ergehen als den Leuten einer solchen Stadt." 

Glaubwürdige Erntehelfer haben eine konkrete Aufgabe. Sie bringen Frieden zu den Menschen. Dieser Friede Gottes wird von flankierenden Maßnahmen begleitet, von Wundern, Heilungen, von enger Gemeinschaft und gemeinsamem Leben. Interessant ist hier, dass Menschen zu Jesus bei Tisch eingeladen werden, nicht in einer Kirche oder einem Kongresszentrum, nicht im Missionszelt oder an einem Straßenstand. Beim Essen geschieht es, dass die Gastgeber den Frieden Gottes spüren. Sie können ihm Raum geben, ihre Herzen weit dafür machen, oder ihn abwehren.

Natürlich ist dies nur ein Modell der Evangelisation und Petrus, Paulus und andere urchristliche Missionare haben uns noch ganz andere Wege vor Augen geführt. Aber es ist ein nachdenkenswertes Modell. Wie oft sitzen wir mit anderen bei Tisch und reden über dies und das. Ist es der Friede Gottes, den wir bringen wollen? Haben wir im Hinterkopf, dass es letztlich bei jeder Tischgemeinschaft um Versöhnung gehen kann und Jesus selbst der Gastgeber sein will? Ich meine, wir können hier lernen, unseren ganz normalen Alltag zu einem Ort werden zu lassen, an dem Gott uns als Erntehelfer gebrauchen will.

Und auch das andere macht Jesus deutlich. Wenn wir merken, dass unser Gegenüber nicht bereit ist, diese Versöhnung mit Gott an sich heran zu lassen, können wir ihn nicht zwingen. Vielleicht wird unser Weg schnell weiterführen. Vielleicht wird wieder jemand an demselben Tisch sitzen und das Wunder geschieht, die Versöhnung wird angenommen. Wir wissen es nicht. Aber wir dürfen Tische auch wieder verlassen. Wir können uns neuen Aufgaben zuwenden. Das bedeutet nicht, dass wir Beziehungen zu Nichtchristen abbrechen müssen, wenn sie sich binnen einer bestimmten Zeit nicht bekehrt haben. Aber es bedeutet, dass wir uns nicht an ihnen festklammern müssen. Unser Sendung kann sich verändern.

Befremdlich wirkt es, wie Jesus hier von denen spricht, die seine Botschaft ablehnen. Es ist der ganze Ernst eines Endgerichts, der hier aufleuchtet. Wir haben nicht für Waschmittel zu werben, dass unsere Wäsche noch einen kleinen Hauch weicher und weißer macht, sondern wir haben es hier mit der Alternative zu tun, ein Leben zur Vollendung zu führen oder ungeerntet zu vertrocknen oder zu verfaulen. Manchmal hilft ein drastisches Wort, um endlich zu begreifen, dass das Thema uns Christen etwas angeht.

Lukas 10,17-20

Die Zweiundsiebzig kamen zurück und berichteten voller Freude: "Herr, sogar die bösen Geister gehorchen uns, wenn wir uns auf deinen Namen berufen!" Jesus sagte zu ihnen: "Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen. Ja, es ist wahr: Ich habe euch Vollmacht gegeben, auf Schlangen und Skorpione zu treten und die ganze Macht des Feindes zunichte zu machen. Er wird euch nicht das Geringste antun können. Aber nicht darüber sollt ihr euch freuen, dass euch die bösen Geister gehorchen. Freut euch lieber darüber, dass eure Namen bei Gott aufgeschrieben sind!" 

Voller Freude über ihren Erfolg kehrten die 72 zurück zu Jesus. In seinem Namen hatten sie buchstäblich den ganzen Main-Taunus-Kreis für Jesus gewonnen. Selbst die sogenannten Wölfe konnten ihnen nichts anhaben. Sie waren berauscht von den Erfahrungen der letzten Wochen.

Jesus korrigiert sie. Sie sollen sich nicht über ihren Erfolg freuen, sondern darüber, dass sie unter Gottes besonderem Schutz und in seiner Liebe leben. Darauf allein kommt es an - Erfolg hin oder her. Schön, wenn sie Menschen zu Jesus führen können, aber das ist nicht der Grund der tiefen Lebensfreude. Diese Lebensfreude entspringt allein der Erfahrung der unmittelbaren Nähe Gottes. Dass sie gebraucht werden als Erntehelfer, darf die Jünger glücklich machen, es ist ein Zeichen für sie, dass sie zu Jesus gehören. Das eigentlich Begeisternde ist, dass Jesus sie kennt, sich um sie kümmert, sogar die Wölfe für sie wegsperrt. Das soll ihre ganze Freude sein.

Ich stelle mir vor, dass die 3, die nicht mit Jesus mitgegangen sind, von fern das Geschehen verfolgt haben. Vielleicht lud Jesus sie noch einmal ein, es mit ihm zu wagen, der Freude wegen. Ich stelle mir vor, dass Jesus mich heute ansieht und mich fragt:

  • Ist es auch dein Herzensanliegen, dass Menschen zu Jesus finden?
  • Willst du glaubwürdig und mit offenen, erwartungsvollen Händen mit Jesus leben?
  • Bist du bereit, dich den Wölfen zu stellen und allein auf Jesu Schutz zu vertrauen?
  • Willst du Gottes Frieden in deinem Herzen einziehen lassen und ihn anderen weitergeben?
Und wie er mir zusagt: "Freu dich, dass dein Name im Himmel aufgeschrieben ist!"
Cornelia Trick


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