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Liebe Gemeinde, liebe Schwestern
und Brüder,
Pfingsten geht es darum, wie wir von Gott befähigt werden, nach seinem Willen zu leben. Der Heilige Geist ist dieses scharf geschliffene Werkzeug, mit dem wir auf einmal fast schwerelos anpacken und leben können. Pfingsten ist der Höhepunkt
des Osterfestes. Der auferstandene Jesus hält sein Wort. Im Heiligen
Geist ist er da und schenkt den Zugang zu Gottes Herz. Erst mit diesem
Zugang haben wir die Kraft, unser Leben zu bewältigen, werden wir
geschliffen, um Gottes Auftrag auszuführen. Dabei kommt es nicht auf
unsere Kraft an, sondern auf Gottes Geist, der in uns und mit uns wirkt.
Gottes Geist empfangen Ich möchte auf die Ersten schauen, die Gottes Geist bekommen haben. Nach Jesu Himmelfahrt sind seine 11 Jünger zusammen mit den Frauen um Jesus, Maria, der Mutter Jesu, und Jesu Brüdern in eine Dachgeschosswohnung in Jerusalem zurückgekehrt. Es wird in der Apostelgeschichte (Kapitel 1) über sie berichtet, dass sie Gott baten um den verheißenen Geist und dass sie in diesem Gebetsanliegen einmütig waren. Das bedeutet viel für uns heute. Wenn jemand die Sehnsucht nach dieser Kraft Gottes spürt, die ihn mit Jesu Herz zusammenschließt und ihm hilft, sein Leben nach Gottes Willen zu führen, kann er sich voller Vertrauen an Gott wenden. Und er kann es zusammen mit anderen tun, die das gleiche Anliegen haben oder den einen in seiner Bitte unterstützen. Durch das gemeinsame Gebet werden zwei Gefahren gebannt. Zum einen wird der einzelne Beter nicht so leicht abgelenkt. Er bleibt bei seinem Anliegen und kommt nicht gleich zu den unzähligen anderen Bitten, die ihm vielleicht auch noch am Herzen liegen. Zum anderen wird durch das miteinander Beten klar, dass es nicht um einen eigennützigen Vorteil geht, den man sich durch den Besitz des Heiligen Geistes sichern will. Philippus hatte mit einem Mann namens Simon zu tun, der den Heiligen Geist kaufen wollte, um damit Wunder zu vollbringen. Er hatte Gottes Geist verstanden als ein Instrument, um den eigenen Weg besser gehen zu können. Philippus wies ihn hart zurecht. Der Heilige Geist, so sagte er, ist nicht käuflich und dient nicht der Erfüllung eigener Machtphantasien wie ein Zaubermittel. Der Heilige Geist lässt Menschen auf Gottes Wege kommen und auf ihnen gehen (Apostelgeschichte 8,9-25). Und woher weiß ich, dass ich den Heiligen Geist habe? Dafür gibt es keine Checkliste so nach dem Motto, wenn die oder jene Kriterien erfüllt sind, habe ich den Heiligen Geist. Doch an den Auswirkungen erkenne ich, dass der Geist Gottes mich durchströmt. Ich bin gewiss, dass Jesus mein Leben neu gemacht hat. Ich erfahre ihn in den Kleinigkeiten meines Alltags. Mein Leben hat Sinn, egal, was passiert, und nichts kann mich mehr trennen von Jesus, der mich zum Vater bringen wird. Ich freue mich auf die Zeit am Tag, an der ich Gott besonders nahe sein kann und räume ihm Priorität vor anderen ein. Ich lerne zu lieben, zu vergeben, wahrhaftig zu leben und für Gottes Anliegen Position zu beziehen. Ich habe eine Lebensfreude, die sich besonders in den tiefen Tälern zeigt. Sie trägt durch und lässt mich hoffen, auch wenn alles dagegen spricht. Sich von Gottes Geist beschenken lassen Doch wer das Wasser des Lebens getrunken hat, bleibt nicht lange ruhig sitzen. Er hat neue Energie getankt und weiß um die Aufgaben, die seinem Leben von Gott her Sinn geben. Auch das ist wunderbar an der Apostelgeschichte abzulesen. Die Apostel trauten sich mutig in die Öffentlichkeit. Sie erzählten von Jesus, reisten durch das Land, wie der Geist sie führte, und ließen sich furchtlos verhaften und ins Gefängnis werfen. Die Frauen blieben oft vor Ort, taten Gemeindediakonie, sorgten für die Wanderprediger und hielten die Ortsgemeinden zusammen. Alle zusammen brachten Gottes Versöhnung in ihre Umgebung und veränderten sie nachhaltig. Das zweite Paket trägt den Namen „Menschengemeinschaft“. Pfingsten ist auch Geburtstag der Kirche, denn der Heilige Geist fügt die geretteten Menschen zu einer Gemeinde zusammen. Das widerspricht unserem derzeitigen gesellschaftlichen Trend. Wir lassen uns ja eigentlich nicht gerne vereinnahmen von einer Gruppe, Vereinsmeierei ist out, und selbst Familien sind längst keine Gemeinschaft mehr. Aber gerade da liegt das Besondere des Pfingstfestes für unsere Zeit. Wir werden gegen unser natürliches Empfinden hineingestellt in eine Gemeinschaft der Kinder Gottes. Genau dieser Gemeinschaft sagt der auferstandene Jesus seine Gegenwart zu. So heißt es in Epheser 1,23: „Die Gemeinde ist Jesu Leib: Er, der alles zur Vollendung führen wird, lebt in ihr mit seiner ganzen Fülle.“ Die Gemeinde hat dabei eine facettenreiche Aufgabe, an der jeder einzelne mitwirkt. Gemeinde bedeutet von ihrem griechischen Ursprung her die Menge der Herausgerufenen, die Gott aus der Welt in seine Gemeinschaft gerufen hat. Natürlich steht jeder, der zur Gemeinde gehört, mit beiden Beinen in der Welt. Aber ich möchte es vergleichen mit meinem Nachbarn, der bei der Feuerwehr arbeitet. Er trägt einen Piepser bei sich. Sobald der Piepston losgeht, rast er aus dem Haus, schwingt sich ins Auto und fährt schneller als erlaubt zur Feuerwache. Er ist immer Mitglied der Feuerwehr. Aber die Umgebung bekommt es vor allem mit, wenn sein Piepser ihn im Alltag erwischt und herausruft aus der gemütlichen Wohnzimmeridylle. Der Heilige Geist hat uns herausgerufen. Wir gehören seitdem zu Gott. Wir haben einen Piepser dabei, da kann uns der Heilige Geist erreichen. Gut, wenn wir uns miteinander rufen lassen. Als Gemeinde sind wir Kontrastgesellschaft zur Welt. Wir sind Sonderbotschafter in Sachen Liebe. Stellen wir uns vor, alle Gemeinden in Deutschland wären sich dieses Botschaftsstatus bewusst. Sie kommen zusammen und beten um Liebe, gehen miteinander immer wieder Schritte der Versöhnung, bringen den Frieden zu ihren Mitmenschen. Es würde mich nicht wundern, wenn diese Botschaften so überlaufen wären wie damals die deutsche Botschaft in der damaligen Tschecheslowakei 1989. Als Botschafter sind wir dem verantwortlich, den wir vertreten. Es ist gut, von ihm Weisung entgegenzunehmen, ihn immer besser kennen zu lernen, sonst entzieht er der Botschaft möglicherweise die Berechtigung, in seinem Namen zu reden. Gottes Gemeinde baut ein Haus für die Welt. Sie ist nicht mit sich selbst zufrieden, sondern darauf angelegt, viele Menschen zu beherbergen, vor allem die, die Gott erst noch begegnen sollen. Gemeinde darf keine Prunkvilla sein, die mit einem hohen Zaun vor Eindringlingen gesichert wird, sondern ist wie eine Schutzhütte in den Bergen. Die Mitglieder im Alpenverein bekommen die Plätze zwar billiger, aber alle, die kommen, werden aufgenommen, auch wenn sie notfalls auf dem Boden schlafen müssen. Wer die Erfahrung gemacht hat, im Unwetter in solch einer Hütte gelandet zu sein, wird auf dem schnellsten Weg selbst Alpenvereinsmitglied. So soll Gemeinde sein. Sie soll Schutz bieten in einer harten und bedrohlichen Welt. Sie soll so gastfreundlich sein, dass jede und jeder länger bleiben will und später dazu beiträgt, dass andere auch Schutz finden können. Wenn wir vom Geburtstag der Kirche sprechen, meinen wir die eine Kirche in vielen Ländern, Sprachen und Konfessionen. Doch Kirche wird immer konkret vor Ort. Denn die eigentliche Herausforderung ist der Ort, wo die Gemeinde lebt, Botschafterin ist und sich um die Anliegen ihrer Umgebung zu kümmern hat. Das wird schon sehr deutlich, wenn wir uns in Neuenhain mit der Gemeinde in der Innenstadt von Frankfurt vergleichen, die nur 20 km weit entfernt ist. Die Innenstadtgemeinde wirkt in ihre Umgebung durch einen Mittagstisch, an dem jede Woche über 100 Gäste teilnehmen, und ein Café, das für Frauen Anlaufstelle und Heimat ist. Ein enormer Kraftakt für die Gemeinde, den sie nur bewältigen kann, weil der Heilige Geist sie an Gottes Kraftwerk anschließt. Wir könnten hier auch einen Mittagstisch anbieten. Aber wahrscheinlich wäre viel wichtiger, dass wir Menschen seelsorglich begleiten, die in Beziehungsstress leben, allein sind, Erziehungsprobleme haben. Und vielleicht ist Pfingsten ein gutes Datum, um uns zu überlegen, wie wir als Gemeinde noch mehr in diesen Ort Versöhnung tragen können. Vielleicht durch gezielte Seelsorgeausbildungen, die unsere Kompetenzen auf diesem Gebiet verbessern. Pfingsten dürfen wir Gottes Geschenk entgegen nehmen. Er rettet uns aus der Orientierungslosigkeit, er stellt uns zusammen als neue Gemeinde, der seine Verheißungen gelten. Unsere eigene Kraft reicht nicht, um unsere Aufgaben zu bewältigen, da geht es uns wie dem stumpf gewordenen Rasenmäher. Aber der Heilige Geist schärft uns neu für die Herausforderungen, die auf uns zukommen. Einmütig dürfen wir beten, um ihn ganz neu zu empfangen und in uns wirken zu lassen. Cornelia
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