Alles ist möglich (Markus 9,17-27)
Gottesdienst am 18.05.2014 in Brombach

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
ein kleines Kind wird heute zur Taufe gebracht, und die Eltern haben ihm einen besonderen Zuspruch Jesu als Taufvers ausgesucht: „Alles ist möglich, dem, der glaubt.“ Zwei Schwerpunkte fallen bei diesem Satz ins Auge. Zum einen, da ist einer, der an Gott glaubt und daran, in Jesus Christus Gott zu begegnen. Zum andern, aus dieser Vertrauensbeziehung folgt, dass ihm alles möglich ist. Im Blick auf den Täufling wünschen wir ihm, dass er Gott vertrauen lernt. Zugleich hoffen wir, dass er ein Leben in großer Freiheit, eben in den Möglichkeiten Gottes führen kann.

Als Gemeinde haben wir letzten Sonntag Paulus in Athen begleitet und sind vor die Frage gestellt worden, woran wir glauben. Heute werden wir durch diesen Taufvers weitergeführt: Wozu glauben wir?

Der Zusammenhang dieses Zuspruchs Jesu ist wichtig. Jesus begegnet einem Mann in einer besonderen Situation. Die Vorgeschichte ist schnell erzählt. Mit drei Jüngern ist Jesus auf einen Berg gestiegen, um dort eine Gebetszeit zu haben. Die drei Jünger sahen Jesus in göttliches Licht gehüllt und waren in ein ganz vertrauliches Gespräch zwischen Jesus und seinen himmlischen Vater hineingenommen. Sie hatten da oben ein Stück Himmel erlebt. Umso schwerer fiel der Abstieg in den Alltag. Dort im Tal angekommen trafen die Vier auf einen Menschenauflauf. In der Mitte der aufgeregten Menge waren die übrigen 9 Jünger und ein Vater mit seinem an Epilepsie leidenden Sohn.

Markus 9,17-27

Einer aber aus der Menge antwortete: Meister, ich habe meinen Sohn hergebracht zu dir, der hat einen sprachlosen Geist. Und wo er ihn erwischt, reißt er ihn; und er hat Schaum vor dem Mund und knirscht mit den Zähnen und wird starr. Und ich habe mit deinen Jüngern geredet, dass sie ihn austreiben sollen, und sie konnten's nicht. Er aber antwortete ihnen und sprach: O du ungläubiges Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch ertragen? Bringt ihn her zu mir! Und sie brachten ihn zu ihm. Und sogleich, als ihn der Geist sah, riss er ihn. Und er fiel auf die Erde, wälzte sich und hatte Schaum vor dem Mund. Und Jesus fragte seinen Vater: Wie lange ist's, dass ihm das widerfährt? Er sprach: Von Kind auf. Und oft hat er ihn ins Feuer und ins Wasser geworfen, dass er ihn umbrächte. Wenn du aber etwas kannst, so erbarme dich unser und hilf uns! Jesus aber sprach zu ihm: Du sagst: Wenn du kannst – alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt. Sogleich schrie der Vater des Kindes: Ich glaube; hilf meinem Unglauben! Als nun Jesus sah, dass das Volk herbeilief, bedrohte er den unreinen Geist und sprach zu ihm: Du sprachloser und tauber Geist, ich gebiete dir: Fahre von ihm aus und fahre nicht mehr in ihn hinein! Da schrie er und riss ihn sehr und fuhr aus. Und der Knabe lag da wie tot, sodass die Menge sagte: Er ist tot. Jesus aber ergriff ihn bei der Hand und richtete ihn auf, und er stand auf.

Glaube und Ohnmacht

Was war hier passiert? Die Jünger wurden von Jesus allein gelassen. Er hatte ihnen den Auftrag gegeben, in seinem Namen zu handeln. So wollten sie den Jungen heilen, aber sie konnten es nicht. Diese Alltagserfahrungen teilen die Gemeinden bis zur heutigen Zeit mit den Jüngern. Sie sind gegenüber dem Leid der Welt ohnmächtig, können nicht viel bewegen und fragen sich seither, was sie falsch machen. Jesus gibt hier eine Antwort. Die Verbindung zu ihm ist entscheidend. Das Christsein ist kein Fläschchen Zaubertrank, das man im Medizinschrank aufbewahrt, bis der Ernstfall kommt. Christsein ist Beziehung. Wer mit Jesus in Kontakt ist, nimmt teil an seiner Kraft, an seinen Möglichkeiten.

Vielleicht haben die 9 Jünger gedacht: „Wer werden das schon selbst schaffen. Der Meister soll stolz auf uns sein, wenn er wiederkommt.“ Das deckt sich mit unseren Erfahrungen. So vieles in unserem Leben wollen wir aus eigener Kraft managen. Wir rackern uns ab, bis wir an Grenzen stoßen, die uns deutlich machen: Wir haben unser Leben nicht selbst im Griff. Ihr als Eltern habt nicht in der Hand, wie euer Kind sich entwickelt, ob ihr dem Kind das geben könnt, was es braucht. Ihr könnt nicht garantieren, immer da zu sein, wenn es eine Hand, einen Rat oder Ermutigung braucht. 

Wir werden wie die 9 Jünger überführt, dass unsere Kraft klein ist und wir schon gar nicht über die Vollmacht Jesu von Gott verfügen. Anschließend an diese Jesus-Begegnung zieht er sich mit seinen Jüngern zurück, um ihnen noch eine Unterrichtsstunde zum Thema zu geben. Er legt ihnen ans Herz zu beten, die Beziehung im vertrauensvollen Gespräch mit Gott zu pflegen und den Kontakt nur ja nicht abreißen zu lassen.

Glaube und Zweifel

Kommen wir zum Kern dieses Menschenauflaufs im Tal, der Begegnung zwischen Jesus und dem Vater des schwer kranken Kindes. Der Vater hatte mit seinem Aufsuchen der Jesus-Jünger nach einem Strohhalm gegriffen. Er kannte Jesus wahrscheinlich nur vom Hören-Sagen, aber einen Versuch war es wert. Und wie groß war seine Enttäuschung, dass auch dieser Versuch scheiterte. Jesus schreit er entgegen: „Ich glaube – hilf meinem Unglauben!“ Dabei kommt er uns ganz nah. Bei allem Vertrauen, das wir Jesus entgegenbringen, regen sich doch, wenn wir ehrlich sind, immer auch Zweifel. 

Kann Gott überhaupt helfen? Gibt es ihn? Und warum tut er dann nicht schon längst was?

Will Gott mir helfen, wo ich nicht gerade die eifrigste Beterin bin, unvergebene Schuld mit mir herumtrage, durchaus an seiner Existenz zweifeln kann?

Warum sollte er gerade mein Gebet erhören? Nicht jeder wird gesund, wer sagt, dass er mein Kind heilen will?

Der Vater wird zum Vorbild. Er wendet sich an Jesus trotz seiner Zweifel. Er schleudert seinen letzten Rest Hoffnung Jesus entgegen. Er ist die Adresse für seine Not. Diese Seite des Zweifels ist in uns manchmal tief verborgen. Wir trauen uns gar nicht, sie anzuschauen. Hier wird uns gezeigt, dass Verbergen keinen Sinn macht. Wir können sie Jesus hinhalten und auf seine Reaktion hoffen.

Jesus antwortet dem verzweifelten Vater: „Alles ist möglich dem, der da glaubt.“ 

Wer glaubt, hat eine Beziehung zu Jesus und vertraut ihm. Er weiß um die Möglichkeiten Gottes und schließt sich an diese Möglichkeiten an. Da dem Herrn über Himmel und Erde nichts unmöglich ist, lebt der Vertrauende in diesem Kraftfeld Gottes.

Folgen

Der Junge wird geheilt. Jesus demonstriert mit dieser Heilung das Kraftfeld Gottes, das er repräsentiert. Heute kann Epilepsie medizinisch sehr gut therapiert werden. Mit unserer Brille können wir an dieser Krankheit nichts Dämonisches erkennen. In einem Bericht über einen Besuch eines evangelischen Pfarrers in China beschreibt er, dass die Hälfte der Christen, die er in Gemeinden kennengelernt hatte, durch Heilungen zum Glauben gekommen sind. Ganz selbstverständlich fanden in jedem Gottesdienst Heilungsgebete und Heilungen statt. Gottes Kraft als Heilung zeigt sich offenbar besonders da, wo andere Kanäle seines Redens nicht zur Verfügung stehen. Wie erleben demnach Menschen bei uns das Kraftfeld Gottes? Wohl besonders, wenn sie Geborgenheit in christlicher Gemeinschaft erleben. Wenn sie Sinn für ihr Leben finden, das nicht wahllos gelebt wird, sondern von Gott her gewollt ist. Wenn sie zugesagt bekommen, geliebt zu sein ohne Wenn und Aber. 

Jesus würde wohl heute nicht auf die Krankenstationen des Usinger Krankenhauses gehen, die Infusionen abhängen und damit Gottes Möglichkeiten demonstrieren. Er würde wohl eher in die einsamen Wohnungen gehen und Menschen begegnen, die sich wertlos, überflüssig und fehl am Platz fühlen. Er würde zu denen gehen, die sich in den Haaren liegen und keinen Frieden finden. Er würde zu den Überlasteten gehen und ihnen die Lasten des „Du musst“ tragen helfen. Es gibt weite Felder für seine Möglichkeiten, auch im 21.Jahrhundert der westlichen Welt.

Das Kind, das heute in unserer Mitte getauft wird, ist putzmunter und neugierig auf diese Welt, und wir hoffen und beten, dass es so bleibt. Und doch werden bei euch Eltern immer wieder Ohnmachtserfahrungen auftreten, wo ihr merkt, ihr braucht die Möglichkeiten Gottes. Jesus liebt dieses Kind, das spricht er ihm heute in besonderer Weise zu. Ihr könnt Jesus zutrauen, dass er euer Kind durch das Leben begleitet. Ihr könnt euch auch in Zeiten des Zweifels an ihn wenden, denn er ist das Verbindungsglied zu Gottes Möglichkeiten.

Und das Kind: Möge es Jesus als besten Freund kennenlernen, ihm vertrauen und mit ihm Gottes Möglichkeiten erkunden. Wir als Gemeinde wollen ihm sehr gerne dabei helfen. 

Cornelia Trick


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