Woran glaubst du? (Apostelgeschichte 17,22-34)
Gottesdienst am 11.05.2014 in Brombach

Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder,
kurz vor den Osterferien stand ich mit meiner Schwester zusammen an einem Tresen. Wir unterhielten uns über Ostern und die Ostergottesdienste. Ein junger Mann stand nahe bei uns und schaltete sich überraschend in das Gespräch ein. Er erzählte von seiner Kindheit und der Oma, die ihm etwas vom Glauben an Gott weitergegeben habe und von seiner Suche heute. So ganz unerwartet waren wir mitten in einem Glaubensgespräch, wo wir es nie erwartet hätten.

Paulus war auf seiner 2. Missionsreise gut vorbereitet auf das Thema. Er reiste von einem Ort zum anderen, um Menschen von Jesus zu erzählen. Und doch verliefen seine Gespräche überall anders, es war auch für ihn keine Routine. 

In Griechenland ging seine Reise mit einem Anlauf über Philippi, Thessalonich und Beröa zur Hauptstadt Athen. In dieser besonderen Stadt war er zunächst allein. Ein einzelner Mann in einer Weltmetropole, über der ein dreifacher Glanz lag. Es war zum einen der Glanz der Helden. Aus dieser Stadt gingen Helden hervor, die in die Geschichte eingingen. Alexander der Große, Herakles und Herkules, Männer, die in die Weltgeschichte eingingen. Zudem sonnte sich Athen im Glanz der Wissenschaft. Philosophenschulen, damals auch für die Mathematik und Naturwissenschaften zuständig, gaben sich in Athen die Hand. Man dachte und forschte viel über die Zusammenhänge des Lebens und der Welt und was ihr übergeordnet war. Zum anderen erstrahlte über Athen der Glanz der Kunst. Der Parthenon-Tempel, heute noch Wahrzeichen von Athen, steht für Kunst, die an jeder Ecke und an jedem Türrahmen der Stadt sichtbar wurde. Mit diesem Glanz war Athen sich selbst genug. Die Stadt hatte Selbstbewusstsein. Was sollte Jesus da verändern? Statt Heldenmut ist er am Kreuz wie ein Verbrecher hingerichtet worden. Statt Wissenschaftler scharten sich um Jesus arme Fischer. Statt Kunst führte er das Leben eines Wanderpredigers ohne jeden Schnörkel.

Doch in genau diese Metropole, die Jesus offenbar nicht brauchte, ließ sich Paulus führen. Hinter den Kulissen war Jesus wohl doch wichtig für diese Stadt. Und uns heute hat diese Begegnung auch etwas zu sagen.

Paulus machte einen ersten Rundgang durch die Stadt. Er sah ihre Statuen und Götterbilder, hörte auf die Menschen und empörte sich. Es war wohl nicht Neid oder Verachtung für so viel Kunstfertigkeit. Er regte sich auf, weil hier Menschen den Anspruch auf Ewigkeit erhoben. Ihre Heldenverehrung nahm göttliche Züge an. Von einigen Philosophen hörte er,  dass die Seele  göttlich sein sollte, dann auch die menschlichen Gedanken und Taten? Die Bauten und Verzierungen wirkten wie für die Ewigkeit geschaffen und sollten die Menschenleben überdauern. Paulus sah die strahlenden Fassaden, aber ahnte Ruinen dahinter. Eine Stadt ohne den lebendigen Gott, der sie am Leben hielt, war dem Tod geweiht. Die Athener wollten mit ihren selbstgebauten Leitern in den Himmel emporsteigen, doch fanden sie den Eingang so nicht. Gott selbst ist in seinem Sohn Jesus gekommen, um den Himmel aufzuschließen für die, die sich von Jesus den Weg zeigen ließen.

So suchte Paulus nach Anknüpfungsmöglichkeiten, um die Athener auf Jesus aufmerksam zu machen. Er ging den gewohnten Gang in die Synagoge und weiter auf den Marktplatz der Stadt. Er weckte die Neugier der Leute, als er auf den Altar hinwies, der einem unbekannten Gott geweiht war, wohl aus Furcht, einen der Götter vergessen zu haben und seinen Zorn auf sich zu ziehen. Paulus redete von Jesus und seiner Auferstehung, die Athener stellten sich darunter ein neues Götterpaar vor: Jesus und seine Frau Auferstehung. Davon wollten sie mehr wissen und zogen Paulus mit sich auf den Areopag. 

Apostelgeschichte 17,22-31

Paulus trat in die Mitte des Areopags und sagte:
»Ihr Männer von Athen! Ich sehe, dass es euch mit der Religion sehr ernst ist. Ich bin durch eure Stadt gegangen und habe mir eure heiligen Stätten angesehen. Dabei habe ich auch einen Altar entdeckt mit der Inschrift: 'Für einen unbekannten Gott'. Was ihr da verehrt, ohne es zu kennen, das mache ich euch bekannt. Es ist der Gott, der die Welt geschaffen hat und alles, was darin lebt. Als Herr über Himmel und Erde wohnt er nicht in Tempeln, die ihm die Menschen gebaut haben. Er ist auch nicht darauf angewiesen, von den Menschen versorgt zu werden; denn er selbst gibt ihnen das Leben und alles, was sie zum Leben brauchen.  Er hat aus einem einzigen Menschen die ganze Menschheit hervorgehen lassen, damit sie die Erde bewohnt. Für jedes Volk hat er im Voraus bestimmt, wie lange es bestehen und in welchen Grenzen es leben soll. Und er hat gewollt, dass die Menschen ihn suchen, damit sie ihn vielleicht ertasten und finden könnten. Denn er ist ja jedem von uns ganz nahe. Durch ihn leben wir doch, regen wir uns, sind wir! Oder wie es einige eurer Dichter ausgedrückt haben: 'Wir sind sogar von seiner Art.' Wenn wir Menschen aber von Gottes Art sind, dann dürfen wir nicht meinen, die Gottheit gleiche den Bildern aus Gold, Silber und Stein, die von Menschen mit ihrer Erfindungskraft und Kunstfertigkeit geschaffen wurden! Nun, Gott ist bereit, mit Nachsicht über das hinwegzusehen, was ihr bisher aus reiner Unwissenheit getan habt. Jetzt aber fordert er alle Menschen überall auf, umzudenken und einen neuen Anfang zu machen.  Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er über die ganze Menschheit ein gerechtes Gericht halten will, und zwar durch den Mann, den er dazu bestimmt hat. Ihn hat er vor aller Welt dadurch ausgewiesen, dass er ihn vom Tod auferweckt hat.«

Die Forscher sind sich unsicher, ob es sich hier um eine Ortsbezeichnung handelt, einen Platz, auf dem weiter debattiert wurde, oder ob es die Ratsversammlung der Griechen war, bei der auch über Religionsfragen verhandelt wurde. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie Paulus vor ein solches Gremium zitiert hatten, um zu klären, was es mit dem neuen Glauben auf sich hatte. 

Paulus argumentiert hier mit drei Stichworten:

  • Gott ist der Schöpfer. Er hat alles geschaffen und kann deshalb nicht in Tempeln oder Altären eingefangen werden. Er erwartet keine kultischen Dienste, denn er braucht niemand, der für ihn sorgt. Er hat alle Menschen gleich geschaffen, die Griechen zeichnen sich durch nichts vor den Barbaren, den umliegenden Völkern, aus. Ihr Glanz ist nur menschengemacht. Der Schöpfer sehnt sich nach seinem Geschöpf und hat in den Menschen eine Antenne für dieses Sehnen eingepflanzt. Menschen suchen nach dem Göttlichen, denn sie sind schon immer in einer Beziehung zum Schöpfer, auch ohne dass sie das wissen.
  • Gott ist der Herr. Er überlässt die Welt nicht einfach sich selbst, sondern greift ein. Er befiehlt und fordert nun Umkehr zu ihm. Dazu hat er seinen Sohn Jesus auf die Welt geschickt, um Menschen an ihn zu erinnern, ihre Suche zum Ziel zu führen.
  • Gott ist Richter. Am Ende dieser Welt und eines jeden Lebens wird es sich entscheiden, ob wir vor einem offenen Himmel stehen oder unsere Leitern ins Leere gehen. An Jesus wird sich die Ewigkeit entscheiden.
Wie wurde diese eindringliche Rede aufgenommen? Auch darüber berichtet die Apostelgeschichte:

Apostelgeschichte 17,32-34

Als sie Paulus von der Auferstehung reden hörten, lachten ihn einige aus; andere sagten: »Darüber musst du uns ein andermal mehr erzählen.« Als Paulus darauf die Versammlung verließ, schlossen sich ihm ein paar Männer an und kamen zum Glauben, darunter Dionysius, der dem Areopag angehörte, außerdem eine Frau namens Damaris.

Die einen verspotteten Paulus. Seine Gedanken passten ganz und gar nicht zu ihrem Weltbild. Die anderen waren höflicher. Sie verschoben die weiteren Auseinandersetzungen mit dem Thema auf später – so ähnlich wie wir es mit manchem Vertreter an der Haustür machen. Und ein paar wenige gingen mit Paulus mit, ließen sich auf Jesus ein und fanden zum lebendigen Glauben. Dabei waren einer von der Ratsversammlung und eine Frau. Ob Dionysius und Damaris noch am gleichen Tag Christen wurden oder erst einen Glaubenskurs absolvierten, wissen wir nicht. Tatsache ist offenbar, dass in der Weltmetropole nur eine kleine Schar von Christen ganz unterschiedlicher sozialer Stellung Jesus begegneten. Umso erstaunlicher, dass Athen Gott so wichtig war, dass er seinen Vorzeigeapostel dorthin schickte. Nach menschlichem Ermessen hätte er vielleicht in den Vororten von Athen mehr Erfolg gehabt. 

Die Bedeutung dieser Szene erschließt sich mir in der Übertragung. Wie gerne würde ich mit meinem Glauben „unter uns“ bleiben. Hier wissen wir, woran wir glauben und was uns wichtig ist. Doch auf die „Marktplätze“ des Lebens zu gehen, bedeutet Risiko. Und gleich zu Beginn werde ich aufmerksam gemacht, nicht den großen Erfolg zu erwarten. Der junge Mann, mit dem wir vor Ostern am Tresen standen, hat sich nicht gleich bekehrt und ist der Kirche beigetreten. Vielleicht wird er noch einige andere Tresen-Gespräche führen. Doch sollte ich meine Gespräche nicht nach Erfolgsaussichten planen. Sie geschehen dort, wo ich lebe und wo meine Mitmenschen sind.

Im Nachdenken über die Inhalte der Rede des Paulus ist mir klar geworden, dass ich andere Stichworte wählen würde. Gefragt, woran ich glaube, sind mir drei Aussagen wichtig geworden:
Woran glaube ich?

  • Ich glaube an Gott, der mein Schöpfer ist. Ich bin nicht ein Produkt von Genen meiner Eltern und muss mich nicht selbst erschaffen. In meinem So-Sein hat mich Gott gewollt, mit den stabilen Seiten, aber auch mit meinen Schwächen, Launen, meinem Misstrauen, meiner Angst und meinem Kleinmut. Mein Schöpfer will mit mir durchs Leben gehen. Er hilft mir, zu entwickeln, was er in mich hineingelegt hat, ohne mich zu überfordern.
  • Ich glaube an Gott, der mich in Jesus befreit. Ein großes Thema für uns heute ist die Angst. Viele Entscheidungen unseres Lebens sind von Angst mitbestimmt. Wir trauen uns etwas nicht zu, weil wir Angst haben, zu versagen. Wir bleiben im Gewohnten, weil wir Angst vor Veränderung haben. Wir trauen uns nicht, verbindliche Beziehungen zu leben, weil wir Angst haben, verlassen und enttäuscht zu werden. Jesus sagt uns Freiheit zu, denn er hält uns in allen Unsicherheiten fest. Er geht mit uns in unbekannte Situationen und lässt uns Ängste durchstehen. „Denn er ist ja jedem von uns ganz nahe. Durch ihn leben wir doch, regen wir uns, sind wir!“ Was kann uns da noch geschehen?
  • Ich glaube an Gott, der mich durch Jesus versöhnt hat. Wir alle könnten sicher etwas davon erzählen, wie uns die Probleme mit uns selbst und mit anderen das Leben schwer machen. In schlaflosen Nächten wälzen wir oft diese Themen hin und her.  Jesus, der uns mit Gott versöhnt hat, schenkt Kraft zur Vergebung. Wenn wir uns selbst vergeben können, wird es auch im Miteinander einfacher, einander anzunehmen, stehen zu lassen, weil Jesus jeden und jede von uns liebt. Versöhnt zu leben, lässt uns zufrieden werden und glücklich sein, wie es die Jahreslosung für 2014 so deutlich macht: „Gott nahe zu sein ist mein Glück.“ (Psalm 73,28)
Der große Paulus ist wegen einer Handvoll Leute nach Athen geschickt worden. Das ermutigt, auch auf unseren „Marktplätzen“ über unseren Glauben ins Gespräch zu kommen – egal wie viele letztlich zum Glauben kommen.
Cornelia Trick


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