Alles für Jesus
Gottesdienst am 21.03.2010

Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder,
bei unserer Freizeit des Kirchlichen Unterrichts im Februar behandelten wir in einer Arbeitsgruppe die Szene, in der Jesus am Anfang der Passionszeit von Maria in Bethanien gesalbt wurde. Der Jünger Judas wandte gegen diese Salbung ein, dass das Geld für das teure Öl doch besser für die Armen investiert werden sollte. In unserer Arbeitsgruppe entfachten die Jugendlichen eine heftige Diskussion. Sie identifizierten sich mit der Aussage des Judas. Ja, so eine Verschwendung, das Öl im Wert eines Jahresgehalts über Füße zu schütten. Jesus will doch von uns nicht, dass wir große Tempel für ihn bauen, sondern dass wir uns um Arme kümmern. Es fiel uns schwer, die Augen der Jugendlichen auf den springenden Punkt zu lenken. In der Jesus-Begegnung waren keine Armen zugegen. Es bestand überhaupt keine Alternative zwischen Salbung und Armenfürsorge. Hier hatte eine Frau Jesus gedient. In dieser Situation war das richtig. Judas hatte Jesus nicht gedient, weder mit Öl noch mit Armenfürsorge – was nur ein vorgeschobener Grund war, wie wir aus der Kommentierung hören. Maria hatte alles für Jesus gegeben und nicht nur sie, wie wir erfahren werden. Was will Jesus uns heute damit sagen? Wo berührt uns das Gastmahl in Betanien persönlich?

Johannes 12,1-8

Sechs Tage vor dem Passafest kam Jesus nach Betanien, wo Lazarus war, den Jesus auferweckt hatte von den Toten. Dort machten sie ihm ein Mahl, und Marta diente ihm; Lazarus aber war einer von denen, die mit ihm zu Tisch saßen. Da nahm Maria ein Pfund Salböl von unverfälschter, kostbarer Narde und salbte die Füße Jesu und trocknete mit ihrem Haar seine Füße; das Haus aber wurde erfüllt vom Duft des Öls. Da sprach einer seiner Jünger, Judas Iskariot, der ihn hernach verriet: Warum ist dieses Öl nicht für dreihundert Silbergroschen verkauft worden und den Armen gegeben? Das sagte er aber nicht, weil er nach den Armen fragte, sondern er war ein Dieb, denn er hatte den Geldbeutel und nahm an sich, was gegeben war. Da sprach Jesus: Lass sie in Frieden! Es soll gelten für den Tag meines Begräbnisses. Denn  Arme habt ihr allezeit bei euch; mich aber habt ihr nicht allezeit.

Zur Vorgeschichte dieses Festmahls: Jesus wurde von den Schwestern Maria und Marta nach Betanien gerufen, weil ihr Bruder Lazarus todkrank war. Jesus kam zu spät, Lazarus war bereits seit vier Tagen tot. Doch Jesus rief Lazarus aus dem Grab: „Lazarus, komm heraus!“ Dadurch glaubten viele an Jesus. Den Schwestern erklärte Jesus, dass er mit dieser Totenauferweckung auf seine eigene Auferstehung hinwies: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird nicht sterben.“ Danach zog Jesus sich eine Weile zurück und schottete sich vor der Öffentlichkeit ab. Als die Zeit seiner Passion gekommen war, brach er mit seinen Jüngern auf nach Jerusalem. Im Vorort Betanien machten sie Station. Die Auferweckung des Lazarus hatte hier für große Begeisterung gesorgt. Man lud Jesus ein, Simon mit Beinamen „der Aussätzige“ organisierte wohl das Gastmahl, wie wir aus dem Parallelbericht des Markusevangeliums entnehmen können. Eingeladen waren auch der gerettete Lazarus und seine Schwestern.

Marta

Mit einer kurzen Bemerkung streift der johannäische Bericht Marta. „Marta diente“. Da das Johannesevangelium die anderen drei Evangelien voraussetzte, die Geschichten von Jesus damals bekannt waren, wurde man gleich erinnert an den Schwesternkonflikt bei einem Besuch Jesu. Auch da (Lukas 10,38-42) war Marta in der Küche tätig. Konnte Marta nicht anders, als sogar als Gast die Schürze umzubinden? Mir kommt es so vor, als will uns der Evangelist hier etwas anderes sagen. Marta diente Jesus, aber diesmal nicht mit genervtem Blick auf ihre untätige Schwester, sondern mit einem Herzen voller Dankbarkeit. Ihr ist von Jesus der Bruder geschenkt worden. Kein Wunder, dass sie ihm etwas Liebes tun will – mit der Gabe, die sie hat. In Marta erkenne ich mich wieder. Jesus meine Dankbarkeit zu zeigen, das mache ich am liebsten mit den Gaben, die er mir geschenkt hat. Und ich wäre ganz bestimmt mit Marta im Küchenteam, weil das auch eine Gabe von mir ist. In der unscheinbaren Notiz über die dienende Marta kommt Wichtiges zum Ausdruck. Wer dankbar ist, will Jesus dienen, und er tut es so, wie es seinen Gaben entspricht. Welche Rolle würden Sie beim Gastmahl im Haus des Simon übernehmen? Vielleicht mit dem Catering-Service verhandeln, seelsorgerische Gespräche mit den Gästen führen, die Blumendeko übernehmen?

Lazarus

Fast noch kürzer wird Lazarus erwähnt. Wir hören kein Wort aus seinem Mund, keinen Dank, kein Lob, Er ist stiller Zeuge des Wunders Jesu. Ich stellte mir das Wunder immer so vor, dass Lazarus völlig wiederhergestellt, jung und dynamisch aus dem Grab kam. Aber wer sagt denn, dass er so jung und dynamisch, dass er völlig gesund und tatkräftig den Alltag wieder aufnahm? Ist es nicht viel wahrscheinlicher, dass Krankheit und Tod Spuren hinterlassen haben und er nun der stumme Zeuge war, der bedürftig blieb und Hilfe nötig hatte? Was wir über Lazarus wissen, sagte Marta: „Jesus, du hast Lazarus lieb.“ (Johannes 11,3) Jesus hatte Lazarus lieb. Lazarus brachte seine Dankbarkeit zum Ausdruck, indem er sich von Jesus lieben ließ. Nichts anderes war sein Beitrag. Er nahm am Gastmahl teil als Zeichen des Wunders Jesu, als Zeichen, dass Jesus liebt ohne Gegenleistung und ohne auf große Dankestaten zu spekulieren. Lazarus steht für die, die von Gott beiseite genommen sind und sich in einer passiven Lebensphase befinden. Es sind die, die krank und gebrechlich sind, keine Kraft für große Taten haben und keinen Beitrag zum Bruttosozialprodukt leisten können. Die hat Jesus wie Lazarus lieb. Indem sie sich lieben lassen, dienen sie Jesus und stellen sich ihm zur Verfügung. Als ich mit einer betagten Nachbarin über den Tod ins Gespräch kam, sagte sie, nein, ich bin noch nicht reif für die Ewigkeit. Ich muss noch was tun für den Herrgott. Es reicht noch nicht für den Himmel. Sie wäre gerne wie Marta mit dem Tablett zwischen den Gästen hin und hergerannt, um sichtbar etwas für Jesus zu tun. Aber der Zug war abgefahren. Sie war aufs Haus angewiesen, die aktiven Zeiten waren längst vorbei. Was für eine Befreiung wäre es für sie gewesen, anzunehmen, dass Jesus sie einfach lieb hat. Dass er nichts anders möchte, als dass sie bei ihm ist, wie Lazarus bei Jesus zu Tisch lag. Und welche neue Blickrichtung für uns, die Lazarusse unter uns wahrzunehmen, die Jesus lieb hat. Sollten wir sie nicht auch lieb haben und uns daran freuen, dass Jesu Liebe sie am Leben erhält als Zeichen, dass bei ihm andere Maßstäbe gelten als in der Welt?

Maria

Maria goss Jesus Nardenöl für 300 Siberstücke über den Körper, das Markusevangelium berichtet von der Salbung des Kopfes, hier werden die Füße gesalbt. Das kostbare Öl Parfümwird für Jesus ausgegossen, darauf kommt es an, nicht auf exakte Körperteile Jesu. Von einem Gleichnis Jesu (Matthäus 20,2) wissen wir, dass ein Silberstück der Tageslohn eines Arbeiters war. 300 Silberstücke waren also der Jahresverdienst eines Arbeiters, die arbeitsfreien Sabbate wurden nicht bezahlt. Stellen wir uns vor, 20.000 € Jesus über die Füße zu kippen! Eher könnten wir vielleicht damit leben, eine Spende von 20.000 € für Haiti zu geben, aber diesen Betrag für den Bau z.B. eines Glockenturms unserer Kirche zu investieren, wäre doch schon reichlich übertrieben. Wofür braucht Jesus denn einen Glockenturm? Genau diesen Einwurf machte auch Judas. Das Öl einfach auszugießen, was hatte Jesus davon? Und war seine Predigt nicht landauf landab, den Armen Gutes zu tun, sich über die Mittellosen zu erbarmen, das Geld denen zu geben, die nichts hatten? Judas spielt Marias Liebe zu Jesus gegen scheinbare Nächstenliebe aus. Es stand ja in Wirklichkeit nie zur Debatte, 20.000 € oder 300 Silberstücke den Armen zu geben. Aber Jesus weist ihn ab. „Lass sie in Frieden!“ Er wendet den Blick weg von der Dankbarkeit für das Kleinere hin zur Dankbarkeit für das ganz Große. War bis hierhin noch Lazarus im Zentrum der Aufmerksamkeit, zeigt Jesus in die Zukunft. Jesus wird sterben – sehr bald. Da werden sich die Rollen umkehren. Nicht Maria wird ihm dienen, sondern er wird Maria und Marta, Lazarus und den anderen Anwesenden dienen. Sein Tod wird geschehen, um ihnen den Weg zu Gott freizumachen, ihre Tode zu durchbrechen und sie in die Wohnungen im Himmel einzuladen, die er ihnen bereiten wird. Jesus zerbricht am Karfreitag nicht nur eine Flasche mit Nardenöl, sein Körper wird zerbrochen. Es geht nicht nur um den Wert eines Jahresgehalts, sondern um den Wert eines Menschenlebens, das Gott gehört. Er wird mit seinem Blut nicht nur Füße waschen, sondern ganz rein machen. Und er wird nicht nur wie Marta die Tabletts bei Tisch hin- und hertragen, sondern selbst zu Tisch einladen – zum Abendmahl und zum Mahl in seinem Reich.

Maria, so lässt es uns Jesus wissen, diente ihm, indem sie ihn zum König salbte und sich  ihm zur Verfügung stellte mit den Mitteln, die sie hatte. Judas lehnte dieses Geschenk ab. Er war in seine eigenen Vorstellungen verstrickt, es ging ihm hier nur um sich selbst. Dass das Johannesevangelium von ihm als Dieb spricht, weist hin auf Jesu eigene Ausführungen zum guten Hirten (Johannes 10,10). Der Dieb sorgt sich nicht um die Schafe. Er kommt nur zum Schlachten, will Profit aus ihnen ziehen. Judas, so legt es diese Szene nahe, begriff nicht, dass Jesus eine Beziehung zu den Menschen will. Jesus ist nicht Mittel zum Zweck, um die eigenen Interessen durchzusetzen, selbst reich zu werden. Jesus ist König und hat das Sagen. Deshalb geht es darum, ihn anzunehmen, ihn als Mittelpunkt des Lebens aufzunehmen, ihm alles zu geben, weil er alles für uns getan hat.

Wir

Wir wissen mehr als die Gäste damals. Karfreitag, Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten liegen längst hinter uns. Jesus hat nicht nur in das eine Grab des Lazarus gegriffen, sondern greift in alle Gräber und stößt die Tür zum ewigen Leben auf. Dafür dürfen wir dankbar sein, so dankbar, dass ein Jahresgehalt nicht zuviel sein sollte, es Jesus zur Verfügung zu stellen, absichtsfrei ohne Blick auf Effektivität und Nutzen für uns. In unserer Arbeitsgruppe bei der Kirchlichen Unterricht-Freizeit wurde uns wichtig, dass es bedeutet, im hektischen Teenie-Alltag Zeit für Jesus zu haben, auf Jesus-Musik (Worship-Music) zu hören, den Jugendkreis zu besuchen, regelmäßig zu beten. Dabei kommen alle Aspekte dieses Geschwistertrios zum Ausdruck. Sich lieben zu lassen und dankbar Jesu Gegenwart zu spüren ohne Hektik und Aktivität, aktiv die Tabletts zu schwingen oder etwas für Jesus zu geben, ohne gleich danach zu fragen, was es mir bringt. Es wurde uns auch etwas daran sehr deutlich. Jesus ist keine Tankstelle, bei der man kurz hält, auftankt, zahlt und wieder weiterfährt bis der Tank leer ist. Denn wer würde schon eine Tankstelle mit Nardenöl übergießen!!! Jesus will eine Beziehung zu uns, er möchte Mitte in unserem Alltag sein. Er will uns nicht nur betanken, sondern mitfahren, am besten auf der Fahrerseite. Er ist etwas ganz Kostbares, das wir nie verlieren möchten.

Matthäus 13,45-46

Wiederum gleicht das Himmelreich einem Kaufmann, der gute Perlen suchte, und als er eine kostbare Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.
Cornelia Trick


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