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Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
Markus 10,35-45 Entlarvend ist der erste Satz der Brüder Jakobus und Johannes, dreimal stellen sie die eigene Person in den Mittelpunkt: Wir wollen, dass du für uns tust, um was wir dich bitten werden. Damit verkehren sie die Verhältnisse. Es geht ihnen offensichtlich nicht darum, dass Gottes Wille geschieht und Jesus sie mitnimmt, sondern dass ihr Wille geschieht und Jesus ihnen dazu verhilft. Jesus stellt eine Rückfrage, die ihnen hilft, ihre wahren Beweggründe offen zu legen. Letztlich geht es ihnen darum, was sie von der
Nachfolge einmal haben werden. Sie wollen wissen, ob es sich lohnt, Jesus
zu folgen, und wie der Lohn aussehen wird. Jesus weist diese Beweggründe
schroff zurück. Zwar wissen die zwei, wie es in der Welt läuft,
aber sie haben keine Ahnung davon, wie es im Reich Gottes zugeht. In der
Welt stimmt ihre Berechnung. Wer Macht hat, ist Sieger und hat das Sagen.
Es ist ein Lebensziel, es möglichst weit zu bringen, möglichst
vorne zu sitzen. Und wer sich einsetzt, der sollte auch eine Erfolgsgarantie
bekommen. Herrschen und Dienen Jesus identifiziert Herrschen mit Macht haben. Macht hat allein Gott, der Schöpfer und Vollender dieser Welt. So ist alles menschliche Streben nach Macht Anmaßung. Wie Gott seine Macht ausübt, zeigt er uns in Jesus Christus, seinem Sohn. Er wird Mensch wie wir, doch er ist frei von Sünde. Das bedeutet, er ist frei von dem Drang, sich selbst ein Standbild zu setzen, Menschen zu unterdrücken, um selbst größer zu werden. Jesus geht den Weg des Machtverzichts bis in den Tod. Es ist Gottes Weg mit uns und für uns. Dieser Weg führt Ostern zur Auferstehung von den Toten. Aus Jesu Perspektive kann unsere Antwort auf sein Vorbild nur heißen, ihm zu folgen und nicht zu herrschen, sondern zu dienen. Und wir? Ich möchte drei verschiedene Formen des Herrschens nennen, die uns in unterschiedlicher Weise vertraut sind. Macht zu haben kann Ausdruck der Unabhängigkeit von Gott sein. Wer Einfluss und Geld hat, der möchte sich nicht mehr vom Willen Gottes beeinträchtigen und hinterfragen lassen. Für den kann es um die Existenz gehen, wenn er nach dem Willen Gottes fragt. Womöglich muss er ja seinen Ehrenplatz aufgeben, vom hohen Ross herunter steigen. In der christlichen Gemeinde findet sich diese Form von Machtausübung nicht oft. Hier versammeln wir uns doch, weil wir Gott diesen Einfluss auf unser Leben zutrauen und ihn erbitten. Aber da zeigt sich Macht als Zeichen tiefer Verunsicherung. Unter allem Herrschaftsgebaren schwelt die Ursprungsfrage: Liebt mich überhaupt jemand? Und wenn er mir das keiner freiwillig zuspricht, dann wenigstens unter Druck. Wer nach meiner Pfeife und meinen Vorgaben tanzt, wird mich schon irgendwann anerkennen. Eine dritte Form der Machtausübung kommt unter dem Deckmäntelchen des Dienens einher: "Ich will nur dein Bestes, aber du musst mir gehorchen". Dabei bin ich die, die bestimmt und Bestätigung sucht. Meint Jesus nicht genau das, wenn er mit den Brüdern Jakobus und Johannes redet? Die beiden kennen Gott, es ist keine Frage für sie, dass er der oberste Chef ist. Aber sie suchen Bestätigung, Ehrenplätze, um aus Jesu Mund zu hören, dass sie besser und wichtiger sind als andere. Wodurch qualifiziert sich bei uns ein Gemeindeglied? Dass es seinen Einfluss geltend machen kann? Dass es bestätigt wird, wichtig zu sein oder ganz außerordentlich begabt zu sein? Dass es sich etwas darauf einbilden kann, von der Mehrheit gewählt zu sein? Oder im Sinne Jesu, dass es ganz fest mit Jesus verbunden ist und deshalb ihm, seinem Vorbild folgt und dient? Praktische Schritte Ich möchte drei Schritte aufzeigen. Dienen heißt, mit Jesus zu leben und in dieser Beziehung zu wachsen Jesus gibt uns Hilfe zum Wachstum. Er lädt uns ein zum Trainingslager, der Gemeinde. Allein die Beziehung zu Jesus zu leben ist oftmals ermüdend, so leicht gerät er dabei neben allen Alltagsgeschäften aus dem Blick. In der Gemeinde gibt es verbindliche Gruppen, in denen wir uns gegenseitig helfen können dranzubleiben, Jesus nicht aus den Augen zu verlieren, auch wenn der Alltag uns völlig in Beschlag nimmt. Aber wir haben auch zu Hause die Möglichkeit, in der Beziehung zu Jesus zu wachsen. So ähnlich wie ein Home-Trainer im Keller kann die Studienbibel auf dem Schreibtisch sein, die uns die Zusammenhänge in der Bibel erklärt und Lust macht, weiter zu lesen. Vielleicht geraten wir beim Studieren auch ins Schwitzen, denn Jesus will uns ja weiter bringen, die Grenzen unseres Vertrauens hinaus schieben. Da ist es nötig, mehr als einen Vers zum Frühstück zu lesen. Sonst lässt die Kondition des Vertrauens bald nach. Und wie steht es mit der gesunden Kost? Was verleiben wir uns ein, das uns gut tut? Hier muss jede und jeder sicher seinen eigenen Weg finden, doch sollten wir uns die Sensibilität erhalten für das, was uns in Gottes Nähe bringt und das, was uns von ihm wegführt, weil es uns zumüllt oder unser Vertrauen schwächt. Die ausgeglichene Seelenlage ist auch in geistlicher Hinsicht nicht zu verachten. Es gut sein zu lassen, die Liebe Gottes anzunehmen, das Leben als ein Fest zu begreifen, weil Gott mich liebt, Ruhezeiten einzuhalten, weil die Welt nicht von mir abhängt und Jesus mir in der Ruhe begegnen will. Merkwürdig, das Dienen beginnt nicht in der Aktivität für andere, sondern in der Begegnung mit dem, der mir dient und mich mit allem ausrüsten will, was ich im Dienst für andere brauche. Dienen heißt, das eigene Leben einzusetzen Herrschen und Dienen entscheidet sich aber genau an dieser Frage. Will ich mich selbst in Sicherheit bringen, mehr haben, immer größer werden? Oder will ich verschenken, was ich selbst geschenkt bekommen habe bis in die letzte Konsequenz hinein? Will ich dienen, um gut angesehen zu sein oder dienen, weil Jesus mich von der Spirale der Schuld losgekauft hat? Das haben die beiden Jünger damals nicht verstanden und es fällt auch mir schwer. Viel lieber würde ich jetzt von den Ehrenplätzen im Himmel erzählen als von dem Weg in den Tod. Und doch sagt Jesus, dass wir diese Station nicht überspringen können. Doch er ist bei uns, er gibt uns in diesem Dienen seinen vollen Rückhalt. Er gibt uns die Kraft dazu und den Ausblick, dass er uns hält bis in Ewigkeit. Vorher ausmalen können wir uns das wohl nicht. Auch hier gilt es zu vertrauen, dass Jesus genau dann hilft, wenn wir aus eigener Kraft lieber wegrennen würden als zu dienen. Dienen heißt, im Frieden zu leben Diese Handlungsanweisung möchte ich auf unser Thema heute übertragen. Gott eine Gabe zu bringen, ihm einen Dienst zu erweisen, ist dem Frieden mit unseren Mitmenschen nachgeordnet. Und geht es uns nicht manchmal so, dass wir viel lieber 10€ in die Kollekte werfen würden, als einen Hausbesuch bei jemand zu machen, mit dem wir eine Meinungsverschiedenheit haben? Jesus nimmt uns in die Pflicht. Wer dienen will, der sorge sich um Frieden in seinen persönlichen Beziehungen. Der warte nicht, bis die anderen kommen und um Entschuldigung bitten, der bereinige das. Sicher, so weltfern bin ich nicht, um nicht zu wissen, dass das oft Zeit braucht und die Gegenseite ja auch manchmal gar keinen Frieden will. Aber versuchen wir es doch ruhig von uns aus, da wäre schon viel gewonnen. Nicht herrschen, sondern dienen zeigt sich daran, ob wir bereit sind zur Versöhnung, auch wenn das einseitig geschieht und der Streit nicht von uns vom Zaun gebrochen wurde. Dienen ist Kennzeichen der Gemeinde Sie stehen hier auf dem Prüfstand: Leite ich, weil ich gerne das Sagen habe, weil die Macht mich kitzelt und ich andere auf meine Linie einschwören will? Leite ich, weil ich damit meine Komplexe, mein Gefühl, immer die Letzte zu sein, überspielen kann? Leite ich, weil ich mir davon Vorteile verspreche? Oder: Lasse ich mich ein auf Jesus, mein Vorbild? Dann bin ich bereit, mit Jesus immer intensiver zu leben. Dann werde ich die Kraft haben, in der Herausforderung mein Leben zu verschenken. Dann wird Jesus mir aufs Herz legen, Frieden in meinem Umfeld zu gestalten. Wir alle stehen auf dem Prüfstand. Jesus gibt uns eine neue Chance, uns ihm hinzugeben, Ja zu sagen und seine Kraft dann auch wirklich zu erleben. Nicht: Unser Wille geschehe wie bei Jakobus und Johannes, sondern Sein Wille geschehe. PS: Wie sehen wir Christen dann in der Welt aus? Sicher verändert unser Lebensstil diese Welt und durchdringt sie wie Sauerteig. Auf den Versuch kommt es immer wieder an. Cornelia
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