Weihnachtsbotschaft Plus
Gottesdienst am 25.12.2003

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
in unserem neuen Gesangbuch ist ein sehr eindrücklicher Holzschnitt von Gerhard Marcks abgebildet mit dem Titel "Die Hirten". Entstanden ist er in der Weihnachtszeit 1954 und illustriert die Weihnachtsgeschichte nach Lukas 2. Zwei Hirten sind dargestellt, die auf dem Weg zu Jesus sind. Sie werden geleitet von einem hellen Stern, der ihnen die Richtung zeigt und es um sie hell werden lässt. Die beiden Hirten stellen zwei verschiedene Menschentypen dar. Der eine läuft auf das Ziel zu, den Blick nach vorne, in die Zukunft gerichtet. Alle Falten seines Gewandes und sein Spielbein weisen in Richtung Zukunft. Sein Stock scheint ihm entgegen Stehendes abzuwehren. Die Hindernisse auf dem Weg werden zur Seite geschoben. Dieser Hirte ist ein Weihnachtsmensch, der auf das Ziel seines Lebens hin unterwegs ist. Es sieht so aus, als ob das Ziel ihn geradezu zieht. 

Der zweite Hirte läuft auch auf das Ziel zu. Seine Füße, seine rechte Hand und sein Stock weisen nach vorne. Doch sein Blick geht zurück in die Vergangenheit, aus der er kommt. Zögert er? Hat er es sich doch anders überlegt? Hat er Angst vor dem Neuen? Ist er ein Hirte des Jahres 2003, der alles mitnehmen will, das Alte und das Neue?

Doch seine rechte Hand sagt etwas anderes aus. Sie lädt die Menschen, die hinter dem Hirten stehen, ein, mit ihm zu Jesus in der Krippe zu gehen. Es ist, als ob der Hirte sagen würde: "Kommt mit, da ist etwas für euch, lasst euch einladen und mitziehen!"

Welcher Hirte bin ich? Werde ich von Jesus angezogen und eile ich so schnell wie möglich zu ihm? Bin ich verhalten, weil ich meine Vergangenheit nicht einfach hinter mir lassen kann? Oder erkenne ich mich in dem einladenden Hirten wieder, der alle auf den Weg zu Jesus mitnehmen will?

Heute, am ersten Weihnachtsfeiertag, sind die Hirten am Ziel angekommen. Es ist nun an uns, das Bild zur rechten Seite hin weiterzuentwickeln, neue Szenen anzufügen.

Titus 3,4-7

Dann erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Retters. Wir selbst hatten keine guten Taten vorzuweisen, mit denen wir vor ihm hätten bestehen können. Nein, aus reinem Erbarmen hat er uns gerettet durch das Bad der Taufe - das Bad, in dem wir zu einem neuen Leben geboren wurden, erneuert durch den Heiligen Geist. Ihn hat er in reichem Maß über uns ausgegossen durch Jesus Christus, unseren Retter. Durch dessen Gnade können wir vor Gott als gerecht bestehen, und darum sind wir auch eingesetzt zu Erben des ewigen Lebens, auf das wir nun hoffen dürfen. 

Die Aussagen, die hier im Titusbrief über Jesus gemacht werden, lassen an Weihnachten denken. "Erschienen" ist das Jesuskind in der Krippe, als "Retter" ist es von den Engeln angekündigt worden. Weihnachten, so sagen uns diese beiden Worte, ist kein Fest, das wir erst machen müssen oder das von uns abhängt. Egal wie und wo wir es feiern - im Stall, auf dem Bahnhof, im Krankenhaus - Gott erscheint in Jesus Christus und lässt es in jeder Situation Weihnachten werden. Wir haben das leider fast vergessen. Großartige wochenlange Vorbereitungen für das Fest sind nötig, die zu besorgenden Geschenke nehmen unsere Gedanken gefangen und ohne das alles können wir uns kaum Weihnachten vorstellen.

Aber gerade da wird es Weihnachten, wo Gott sich in unsere Niederungen begibt und Jesus uns begegnet, denn da werden seine Freundlichkeit und Menschenliebe sichtbar. Was Jesus uns in seiner Freundlichkeit und Menschenliebe zu sagen hat, möchte ich in drei seiner Botschaften fassen:

  • Kehrt um und glaubt an das Evangelium. Dies ist die Botschaft, die die Hirten auf dem Feld gehört hatten.
  • Lasst euch versöhnen mit Gott. Diese Botschaft lässt uns schon weit voraus blicken, zum Kreuz, an dem Jesus hing und so mit seinem Leidensgenossen sprach, um ihn kurz vor seinem Tod zu retten.
  • Gehet hin und macht zu Jüngern alle Völker. Diesen Auftrag gab der auferstandene Jesus seinen Jüngern und bis heute allen seinen Nachfolgerinnen und Nachfolgern.
Kehrt um und glaubt an das Evangelium
Vielleicht ist das die Botschaft, die von Jesus her auf Ihr Leben zutrifft. Jemand mag sich genau von diesem Aufruf herausgefordert fühlen wie die Hirten damals. Der Alltag ist schon lange ohne Jesus gelebt worden. Die Verbindung zu ihm ist immer dünner geworden. Irgendwann ist sogar die Sehnsucht nach einem neuen Anfang und einem neuen Weihnachten erstorben. Es scheint so, als sei Jesus auf Geschäftsreise und habe sein Handy abgeschaltet.

Da erreicht diesen Menschen die Weihnachtsbotschaft: Kehre um und glaube an das Evangelium. Jesus ist nicht auf Geschäftsreise. Er ist da, er meldet sich, er will eine Reaktion. Und er war immer da, das wird jetzt im Nachhinein deutlich, doch seine Anrufe wurden nicht entgegen genommen, das eigene Handy war abgeschaltet, weil man ja nichts mehr von ihm erwartete.

Die Weihnachtsbotschaft verändert. Sie befreit zum Loben und Danken, sie gibt Perspektive und Ziel. Wie die Hirten auf dem Holzschnitt von Gerhard Marcks zieht Jesus in seine Richtung.

Lasst euch versöhnen mit Gott

Der Ausgangspunkt für ein neues Leben ist die Erfahrung, dass ich Jesus brauche, um Gott nahe zu sein. Nur mit ihm kann ich für mein eigenes Leben wissen, was gut und böse ist. Jesus ist am Kreuz gestorben, um uns zu versichern, dass Gott uns das Gute zeigen will. Das Böse, das uns von ihm wegzieht, ist besiegt. So wird Gehorsam möglich, Gehorsam gegenüber seinem Wort, seinen Geboten und seinen Vorgaben für mein Leben.

Natürlich ist das in der Praxis immer wieder schwierig. Wenn ich in schwierigen Situationen Entscheidungen zu treffen habe, gibt es immer Argumente dafür und dagegen und von außen kann man meistens nicht sagen, wo von Gott her jetzt das Gute und das Böse zu finden ist. EntscheidungWenn einem Mitarbeiter eine andere Stelle angeboten wird und er sich entscheiden muss, ob er lieber die neue Stelle fernab von zu Hause antritt oder kündigt, dann ist es nicht offensichtlich, was Gehorsam gegenüber Gott hier heißt. Aber gerade darin liegt die Herausforderung des Glaubens. Nicht die fertigen Antworten bekommen wir geliefert, die wir nur auf die Situation X oder Y anwenden müssen. Stattdessen wird uns eine Hand gereicht, die uns nicht los lässt. Und es kann sein, dass diese Hand uns dann zu einer weit entfernten Arbeitsstelle führt oder zu einem Firmenwechsel, auch in einer Zeit der Arbeitslosigkeit. Diese Hand wird uns aber auf jeden Fall niemals loslassen. Darin wird deutlich, was gut und böse für uns bedeutet. Jeder Weg an der Hand Jesu kann für uns gut werden, weil er unser Vertrauen zu ihm stärkt. Jeder Weg, den wir in eigener Regie bestimmen, kann uns von Gott wegbringen und böse enden.

Hedwig von Redern dichtete 1901 ein Lied, das diesen Gedanken ausführt:
Weiß ich den Weg auch nicht, du weißt ihn wohl, das macht die Seele still und friedevoll. Ist´s doch umsonst, dass ich mich sorgend müh, dass ängstlich schlägt das Herz, sei´s spät sei´s früh.
Du weißt den Weg ja doch, du weißt die Zeit. Für deinen Plan mit mir bin ich bereit. Ich preise dich für deiner Liebe Macht. Ich rühm die Gnade, die mir Heil gebracht.
Du weißt, woher der Wind so stürmisch weht, und du gebietest ihm, kommst nie zu spät; drum wart ich still, dein Wort ist ohne Trug. Du weißt den Weg für mich, das ist genug.

Gehet ihn und macht zu Jüngern alle Völker

Sind wir umgekehrt, um mit den Hirten zum Stall zu eilen, sind wir an der Krippe stehen geblieben und haben das Angebot der Versöhnung angenommen, dann können wir noch ein weiteres Bild hinzufügen, wie wir wieder den Stall verlassen und uns auf den Weg in den Alltag machen.

Was verändert der Glaube an Jesus in unserem Leben? John Wesley, unser Kirchenvater, der vor 300 Jahren in England geboren ist, stellte den Bewerbern für den Predigtdienst sehr persönliche Fragen. Es sind Fragen, die sich nicht nur Predigende bis heute stellen können, sie betreffen jeden Christen. Eine davon heißt: Hast du Frucht? Gemeint ist, dass jeder Christ bestimmte Gaben bekommen hat, die er für Jesus einsetzen soll. Weil Jesus mit seinem Geist dabei ist, kann daraus Großes werden, die Bibel spricht von "Frucht". Wie steht es also mit unserer Frucht, die wir Jesus begegnet sind?

Sind wir versöhnter geworden, haben wir Gottes Friedensangebot in unserer Umgebung gelebt? Oder wird von uns gesagt, dass wir stur sind und immer Recht haben wollen, das letzte Wort haben? Ist jemand mit unserer Hilfe zum Glauben gekommen, ist jemand von unseren Freunden aufgebrochen, um sein persönliches Weihnachten zu erleben? Ist das Reich Gottes an irgendeiner Stelle durch uns sichtbar geworden, vielleicht weil wir die Gabe der Musik einsetzten, die den Himmel öffnete. Vielleicht weil wir geholfen haben, wie Jesus es am Beispiel des barmherzigen Samariters lehrte. Vielleicht weil wir einen unscheinbaren Dienst in der Gemeinde taten und anderen die Möglichkeit gaben, ihre Gaben an anderen Stellen umso besser auszuüben.

Eine Frau kam beim letzten Weihnachtsmarkt an unseren Stand. Sie erzählte den Helfern am Stand, dass sie jedes Jahr extra wegen des Posaunenchores auf den Weihnachtsmarkt käme und dieses Jahr hätte sie ihn verpasst. Sie sagte, dass sie an diesem Chor so beeindrucke, dass er die Musik zur Ehre Gottes auch außerhalb der Kirche erklingen ließe. Das war für sie eine Gelegenheit, bei der sie Gottes Nähe ganz besonders spürte.

Weihnachtsbotschaft Plus, so habe ich die Überschrift für diesen ersten Weihnachtsfeiertag gewählt. Wir sind eingeladen, uns mit den Hirten auf den Weg zum Stall zu machen. Oft heißt das, umzukehren von unseren Wegen, die wir selbst gewählt haben und uns von Jesus in seine Richtung ziehen zu lassen.

Wir haben an der Krippe verweilt und das Geschenk entgegen genommen, mit Gott versöhnt zu sein. Nun heißt es aufzubrechen in den Alltag, wo es darum geht, nach dem Weihnachtsfest Frucht zu bringen.

Jesus geht mit uns und er schenkt uns seinen Heiligen Geist, der uns Freundlichkeit und Menschenliebe schenkt, wie Gott sie an uns erwiesen hat.

Cornelia Trick


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