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Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
Zu einer Kirche zu gehören, könnten wir ganz ähnlich beschreiben. In gewissen Lebensphasen ist es von Vorteil. Die Kinder bekommen christliche Grundwerte vermittelt, wenn sie auf eine christliche Privatschule gehen, hat man damit die Eintrittskarte, Stationstage des Lebens werden festlich gestaltet, im Alter wird man von Seelsorgern betreut. So zu einer Kirchengemeinde zu gehören, sie auch wohlwollend finanziell zu unterstützen, bringt Vorteile, prägt aber nicht. Was würde Jesus zu Menschen sagen, die ihr Verhältnis zu seiner Gemeinde so beschreiben, wie meine Mitgliedschaft im Alpenverein? Ich versuche mal eine vorsichtige Antwort, abgeleitet von dem, was Jesus in den Evangelien sagt.
Johannes 7,37-39 Heute feiern wir den Sonntag zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten. Seit Himmelfahrt ist Jesus beim Vater, er lässt die Jünger mit dem Auftrag zurück, ihre Mitmenschen zu hingegebenen Nachfolgern Jesu zu machen. Wie soll das gehen? Reicht die eigene Kraft dazu aus? Pfingsten wird noch kommen. Die Kraft des Heiligen Geistes wird ausgegossen. Erst da wird klar: wenn wir anderen Wasser gegen den Durst weitergeben, dann schöpfen wir nicht aus unseren Reserven, sondern geben weiter, was wir von Jesus bekommen. Sind wir selbst überhaupt durstig, brauchen wir Jesu Wasser?
An Hunger leiden wir nicht, ein Dach über dem Kopf hat fast jeder, relativ sicher leben wir in Deutschland, und für fast alles gibt es Versicherungen. Soziale Beziehungen sind nicht überall einfach, in Städten leben viele Menschen vereinzelt, gerade auch im Alter, doch bei uns gibt es noch große Familien, intakte Nachbarschaft, und viele wohnen seit der Kindheit hier und treffen sich regelmäßig mit Freunden, die sie seit Urzeiten kennen. Wie steht es um die Entfaltungsmöglichkeiten des Ich? Sicher, nicht jeder konnte das lernen und studieren, was er wollte, manche Biografien sind nicht ideal und selbstbestimmt verlaufen. Aber in unserer Zeit ist eher das Thema, sich aus zu vielen Wahlmöglichkeiten für einen Weg zu entscheiden, als fremdbestimmt in eine Laufbahn hineingezwängt zu werden. Sind wir äußerlich satt und zufrieden, haben alles und dürfen uns unseren Lebensentwurf selbst wählen, so sind doch unter der Oberfläche manche Unsicherheiten und Durst. Besonders an den Weggabelungen tauchen Probleme auf, wird klar, dass wir eben doch nicht für alles Lösungen haben und wissen, wie es weitergeht. Schauen wir uns das ganz normale Leben an, haben wir Durst-Erfahrungen beim Ausbildungsweg, bei der Partnerwahl, bei der Familiengründung, bei der Zeit nach der Berufstätigkeit, in Brüchen von Beziehungen, in Krankheitszeiten, beim Älterwerden. Da tauchen die Fragen auf: Wie soll es weitergehen? Was ist das Beste für mich? Gibt es Gott und was will er von mir? Vielleicht haben wir im Moment gar keine Fragen zu unserem eigenen Leben, sondern für das Leben anderer, die mit uns unterwegs sind. Ihre Sorgen lassen uns genauso durstig werden, genauso nach Antworten suchen, die wir selbst nicht geben können. Es ist wichtig, dass wir diese Durst-Fragen offenlegen, sie nicht verdrängen, sondern sie Jesus bringen. Er steht mit der Wasserflasche vor uns, wenn wir erschöpft am Wegrand liegen, die Sonne vom Himmel brennt und wir aus dem letzten Loch pfeifen. Jesus hilft uns, unseren Durst zu löschen Brauchen wir Nahrung, eine Wohnung? Brauchen wir mehr Sicherheit? Brauchen wir jemand, mit dem wir uns austauschen können? Brauchen wir Klarheit für Lebensentscheidungen? Oder brauchen wir einen Rat für jemand, mit dem wir unterwegs sind, der unsere Hilfe in Anspruch nimmt? Durstig kommen wir in den Gottesdienst und erwarten, dass Jesus uns zu trinken gibt. In der Urgemeinde aß und trank man zusammen, teilte das Geld und sorgte umfassend füreinander. Klar war, im Gottesdienst wurde nicht nur geistlicher Durst gestillt, sondern Lebensdurst. Jesus reicht uns die Flasche Wasser. Er spricht uns zu, dass er sich um uns und unsere Nöte kümmert. Er wird helfen und versichert uns, dass wir ihm vertrauen können. Er lässt Menschen neben uns sitzen, auf uns zukommen, die uns bestärken oder uns Hinweise geben. Er lässt uns Situationen erleben, die uns wie ein volles Glas Wasser beschenken. Unser Durst ist nicht immer weg. Wer krank hier hergekommen ist, wird nicht automatisch sofort gesund. Aber er darf sich in Jesu Hand fallen lassen, der ihm die Liebe Gottes nahe bringt. Er oder sie darf hören, Jesus ist immer da und wird nicht fallen lassen, wie groß auch die Not ist. Ist Durst von Jesus gestillt, geht es erst richtig los. Ströme lebendigen Wassers werden die weitergeben, die damit beschenkt worden sind. Stellen Sie sich vor, am Ausgang bekommen alle Gottesdienstteilnehmenden Sprudelkisten mit, die sie während der Woche verteilen können. Wer von ihnen eine solche Flasche geschenkt bekommt, wird mit der Liebe Gottes berührt, darf seinen Durst mit Jesu Hilfe stillen. Jesus verheißt Wasser für Durstige. Unser Problem ist, dass wir scheinbar alles haben und nichts mehr brauchen, auch kein Jesus-Wasser. Da macht es Sinn, tiefer zu graben, bis wir an den Stellen sind, wo auch wir uns mit offenen Fragen quälen. Unsere Chance ist, dass wir hier im Gottesdienst und natürlich an jedem Tag innehalten können, um Jesu Zusage zu hören, dass er uns Wasser geben will, das uns seiner Liebe versichert. Sind wir satt, können wir weitergeben und anderen helfen, ihre Bedürfnisse nach Leben mit Gottes Hilfe zu stillen. Cornelia
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