Vorfreude auf den Himmel (Matthäus 25,1-12)
Gottesdienst am 24.11.2019 in Brombach

Liebe Gemeinde,
eine Kollegin will verreisen. Sie schaut im Internet nach interessanten Gegenden, fragt ihre Freunde, geht ins Reisebüro und holt sich Prospekte. Sie findet ihr Traumziel, sucht sich noch Mitreisende, spart, bis sie das Geld zusammen hat, und fährt schließlich los. Wird sie es dort genauso antreffen, wie sie es sich ausgemalt hat? Wahrscheinlich eher nicht, so ist meine Erfahrung. Die Motive aus dem Reisekatalog und dem Internet erkennt sie zwar, aber in echt sieht doch alles ganz anders aus, hoffentlich sogar besser. Die Bilder waren wie eine Brücke, die sie aus dem Alltag zum Ziel gebracht hatten. Sie lockten und entfachten die Sehnsucht. Ohne die Fotos wäre sie vielleicht gar nicht losgereist.

Jesus hatte keine Reiseprospekte bei sich und konnte auch nicht auf das Internet zurückgreifen, um den Himmel zu erklären. Er beschrieb den Himmel mit Erfahrungen aus der damaligen Lebenswelt und bezog diese auf Gott. Seine Anhänger fragten ihn: „Wie wird das neue Leben bei Gott aussehen? Ist es ein Ziel, für das sich die Reise lohnt? Und was brauchen wir für die Reise, damit wir das Ziel erreichen?“

Jesus knüpft mit einer Geschichte an diese Fragen an. Im Mittelpunkt steht eine orientalische Hochzeit, ein absoluter gesellschaftlicher Höhepunkt der damaligen Zeit. Das Fest erstreckte sich über mehrere Tage, es gab tolles Essen, genug davon zum Sattwerden. Es war eine Ehre, zu einer Hochzeit eingeladen zu werden, und kein lästiger verwandtschaftlicher Pflichttermin. 

Jesus nimmt die Brautjungfern in den Blick, eigentlich eher Nebenfiguren einer Hochzeit, aber ganz eng mit dem Brautpaar verbunden. Sie sollten den Bräutigam mit Fackeln in der Dämmerung zum Festsaal begleiten. 

Jesus lädt beim Erzählen dazu ein, sich mit ihnen zu identifizieren, in ihre Kleider und Schuhe zu schlüpfen, sich mit ihnen an den Weg des Bräutigams zu setzen und auf ihn zu warten. Mit ihnen – so überträgt Jesus das Bild - werden die Anhängerinnen und Anhänger Jesu zum großen Fest im Himmel gehen.

Matthäus 25,1-12
»Wenn das Himmelreich kommt, wird es zehn Brautjungfern gleichen: Sie nahmen ihre Fackeln und gingen hinaus zum Haus der Braut. Sie wollten den Bräutigam empfangen. Fünf von ihnen waren dumm, die anderen fünf waren klug. Die dummen Brautjungfern nahmen zwar ihre Fackeln mit, aber kein Öl. Die klugen Brautjungfern dagegen nahmen zusammen mit ihren Fackeln auch Krüge mit Öl mit. Doch der Bräutigam verspätete sich. Die Brautjungfern wurden müde und schliefen ein. Mitten in der Nacht weckte sie der Ruf: ›Seht doch! Der Bräutigam kommt! Geht hinaus, um ihn zu begrüßen!‹ Da standen alle Brautjungfern auf und machten ihre Fackeln bereit. Die dummen Brautjungfern sagten zu den klugen: ›Gebt uns von eurem Öl, sonst gehen unsere Fackeln sofort wieder aus!‹ Aber die klugen Brautjungfern antworteten: ›Das geht nicht. Das Öl reicht nicht für uns und euch! Geht doch zu den Händlern und kauft euch selbst welches.‹ Die dummen Brautjungfern gingen los, um Öl zu kaufen. Inzwischen traf der Bräutigam ein. Die klugen Brautjungfern, die vorgesorgt hatten, gingen mit ihm zum Haus, wo die Hochzeit gefeiert wurde. Hinter ihnen wurde die Tür geschlossen. Später kamen die anderen Brautjungfern nach. Sie riefen: ›Herr, Herr, mach uns auf!‹ Aber der Bräutigam antwortete: ›Amen, das sage ich euch: Ich kenne euch nicht.‹

Im Himmel wird es ein Freudenfest geben. Die Tafeln sind reich gedeckt, ausgelassen wird gefeiert, Musik und Tanz werden nicht fehlen. Wer zu diesem Fest eingeladen ist, wird schon im Vorfeld einiges vorbereiten, die Kleider wählen, die Geschenke aussuchen, vielleicht Übernachtungsmöglichkeiten und Reisewege erkunden. Auch die Brautjungfern bereiten sich vor. Sie ziehen sich hübsch an und bringen ihre Öl-Fackeln in Stellung, um dem Bräutigam den Weg zur Braut zu weisen. 

Fest, Öl-Fackeln und die Tür zum Festsaal sagen Entscheidendes zu der Frage: „Wie ist das mit dem Himmel?“

1 Das Fest
Jesus vergleicht den Himmel mit dem „schönsten Tag im Leben“. Wir können die orientalische Festfreude nur annährend nachvollziehen. Wir sind nicht mehr so hungrig, dass ein Festessen etwas ganz Besonderes für uns ist. Und doch können wir erahnen, dass jeder und jede, die von einer Hochzeit hörte, ein Kribbeln im Bauch verspürte. Da wollte man unbedingt dabei sein und nichts verpassen.

So soll es mit dem Himmel sein, wir können uns darauf freuen. Es wird umfassend für uns gesorgt sein, wir gehören zur Festgesellschaft und als Brautjungfern (inklusiv formuliert wären hier vielleicht die männlichen Trauzeugen zu erwähnen) sogar zum engsten Kreis dazu. 

Der Himmel ist keine Fortsetzung des Alltags, der Himmel macht den „schönsten Tag des Lebens“ zur Ewigkeit.

2 Öl-Fackeln 
Die Frauen sind Licht-Trägerinnen. Das erinnert an Worte Jesu aus der Bergpredigt, die ebenfalls im Matthäus-Evangelium überliefert sind: „Ihr seid das Licht der Welt!“ (Matthäus 5,14). Offenbar sind sie mit ihren Öl-Fackeln die, von denen Jesus sagt, dass sie ihr Licht in die Welt tragen und es nicht unter einen Eimer stellen sollen, damit alle Welt ihre guten Taten sehen kann. 

Wir hören hier das Herz des Gleichnisses schlagen. Brennen die Fackeln, bis ich sterbe, oder bis Jesus am Ende der Zeiten wiederkommt? 

Und was bedeutet das Öl? Womit lasse ich mein Licht in dieser Welt leuchten? Es geht um Brennstoff für ein Leben als Christ, um Heiligen Geist, der mich erfüllt, motiviert und zu einem Leben ermächtigt, dass Licht in diese Welt und ihre die Dunkelheiten bringt – durch Gespräche, Taten, Fürbitte und eine Jesus-ähnliche Haltung.

Öl zum Nachfüllen kann man in Kanistern horten und ständig mit sich tragen. Manche fahren mit gefülltem Benzinkanister im Kofferraum durch die Gegend aus Angst, ihnen könnte mal der Sprit ausgehen. Doch können wir Heiligen Geist in Kanistern abfüllen? Wenn es möglich wäre, hätten wir wohl alle unseren Kanister dabei, Reserve-Kraft für schwere Tage, Kraftstoff, wenn das Leben mal wieder weite Umwege erfordert. Doch so funktioniert das nicht. Deshalb glaube ich, dass Jesus heute ein anderes Bild verwenden würde. Er würde sagen, dass die Frauen Solar-Fackeln dabeihatten, aufgeladen durch das Licht der Sonne und ohne Power-Bank zum Nachladen. Die einen hatten ihre Fackeln lange genug im Licht aufgeladen, sodass es für die ganze Nacht reichte, die anderen hielten ihre Fackeln nur kurz ins Licht, ihre Ladung war vielleicht nur bei 50%. 

Gott ist die Sonne, in seiner Gegenwart werden wir erfüllt mit dem Heiligen Geist, er lädt uns auf und schenkt uns Licht, Lebensfreude, die ansteckt und zu guten Taten befähigt. Mich ihm hinhalten, lädt meine Fackel auf und macht mich fähig, auch in Durststrecken und langen Nächten durchzuhalten. Ich habe an mir und anderen beobachtet, was hilft, sich Gott hinzuhalten:

  • Manche erfahren in der Musik, wie Gott sich ihnen ganz besonders zuwendet. Sie singen im Chor, singen im Auto, verinnerlichen Liedtexte, die von Gottes Güte und Liebe erzählen.
  • Andere saugen Glaubenserfahrungen anderer auf, sie lesen Lebensgeschichten, hören Christen zu, die von ihren Lebenswegen erzählen, tauschen sich in vertrauten Gruppen über ihre Alltags-Erlebnisse aus.
  • Eine Bekannte berichtet oft von ihren Gottesbegegnungen in der Natur, sie hat spezielle Orte bei ihren täglichen Spaziergängen, wo sie Gott dankt, ihn lobt, ihre Sorgen ablädt.
  • Ich liebe es, mich in Bibelworte zu versenken, sie zu erkunden wie ein Haus, in dem ich herumgehe, Türen öffne, Vertrautes wiedererkenne und Neues entdecke.
  • Ein Bekannter tut anderen sehr gerne Gutes, ihm ist nichts zu viel, um jemand in einer konkreten Not zu helfen. Er fährt Hunderte Kilometer, um Hilfsgüter zu verteilen oder um Leute von A nach B zu bringen, die nicht selbst fahren können. Er erfährt Gottes Gegenwart im Lächeln der anderen, in der Kraft, die der Herr ihm zu seinem Engagement schenkt. Und statt erschöpft zu sein, kommt er beflügelt von seinen Einsätzen wieder.
Es gibt viele unterschiedliche Arten, auf die uns Gottes Liebe erreicht und uns auflädt. Was diese Liebe stört, sind Wolken und Schatten. Wolken und Schatten können sein:
  • Das Klein-Klein des Alltags. Immer ist etwas Anderes wichtiger als die paar Minuten Musik oder einfach Sich-Gott-Hinhalten.
  • Das Smartphone. Untersuchungen haben gezeigt, dass das Lesen von Nachrichten auf dem Smartphone in der Pause den gleichen Erholungswert hat, wie wenn der Arbeitnehmer durcharbeiten würde – also gar keinen. Und doch zücke auch ich gerne das Smartphone und schaue nach, was es Neues in der Welt gibt – dabei hätte das Gerät doch ganz andere Möglichkeiten: Musik abspielen, Mutmach-Worte der Bibel anzeigen, Hörbücher abspielen.
  • Meine Bequemlichkeit. Es gibt zwei Stunden Sport in der Woche bei mir. Und fast jedes Mal kommt mir der Gedanke, dass zwei Stunden Sofa doch auch schön wären, denn gerade heute bin ich so total erschöpft. Meistens siegt mein Pflichtgefühl. Bin ich meine Kilometer gelaufen, fühle ich mich frisch, erholt, sodass ich heilfroh bin, nicht das Sofa gewählt zu haben. Ich wollte, das Sofa wäre stumm und würde nicht auch in geistlicher Hinsicht laut rufen. Sich aufzumachen, sich aktiv in einer Gemeinde einzubringen, mit anderen in Gottes Auftrag etwas zu bewegen, lädt den Akku auf, das ist Erfahrung.
  • Meine Pläne und Listen. Es ist schwer für Gott, zwischen meine Pläne zu kommen. Und doch sind es immer die Momente, die besonders wertvoll sind, wenn Gott dazwischen funkt, Termine platzen oder etwas anders läuft. Vielleicht brauche ich die Planänderungen, um überhaupt zu merken, dass jetzt Gott spricht und nicht ich.
Versuchen wir, die Sonne in unser Leben zu lassen und die Wolken möglichst fernzuhalten, ist unsere Fackel bereit für die Ewigkeit. Egal wie lange die Wartezeit wird, wir werden ja dieser Sonne Gottes jeden Tag wieder neu ausgesetzt bleiben, Nachschub ist garantiert.

3 Die Tür zum Festsaal
Jesus erzählt dieses Gleichnis nicht auf dem Marktplatz vor Menschen, die Gott nicht kennen. Er erzählt es seinen Jüngern. Er will sie anspornen, eine solche Situation, wie sie die dummen Frauen heraufbeschworen haben, zu verhindern. Er will die Jünger ermutigen, an ihm festzuhalten, auch wenn sie durch die Tiefen der Passion Jesu verwirrt werden und sich Nacht auf ihre Seele legt. 

Jesus will uns zurückrufen, wenn wir in den Schatten geraten sind, er will unsere Vorfreude anstacheln. Denn da wartet der „schönste Tag des Lebens“ auf uns, und wir dürfen dabei sein.

Wird es einmal so eine hart geschlossene Tür geben? Jesus weist immer wieder darauf hin. Er warnt davor, das Ziel aus den Augen zu verlieren, im Schatten zurückzubleiben, die Liebe Gottes auszuschlagen. Aber er sagte auch, dass unsere Namen im Himmel geschrieben sind (Lukas 10,20) und wir gewiss sein dürfen, dass Gott, der in uns angefangen hat zu wirken, es auch vollenden wird. 

Diese Spannung bleibt bestehen. Zu unterschiedlichen Zeiten hat man mehr das eine oder andere betont, Angst vor dem Zurückgewiesen-Werden geschürt oder Gott einen alten Mann sein lassen, der nicht hört und nicht sieht und alle annehmen wird. Wir müssen wohl auf einem schmalen Grat laufen. Im Herzen können wir festhalten, dass Jesus uns liebt und kennt mit all unseren Schatten und Wolken. Mit dem Verstand wissen wir, dass Liebe immer Taten nach sich zieht, und eine aufgeladene Fackel nicht für den Schrank da ist, sondern auf der Straße leuchten soll.

Das Gleichnis ist ein Reiseprospekt für den Himmel. Frühbucher sind erwünscht, und heute schon beginnt die Reisevorbereitung. Bezahlt hat Jesus für uns, da ist keine Rechnung offen.

Cornelia Trick


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