Gottesdienst am 24.11.2019
in Brombach
Liebe Gemeinde,
eine Kollegin will verreisen.
Sie schaut im Internet nach interessanten Gegenden, fragt ihre Freunde,
geht ins Reisebüro und holt sich Prospekte. Sie findet ihr Traumziel,
sucht sich noch Mitreisende, spart, bis sie das Geld zusammen hat, und
fährt schließlich los. Wird sie es dort genauso antreffen, wie
sie es sich ausgemalt hat? Wahrscheinlich eher nicht, so ist meine Erfahrung.
Die Motive aus dem Reisekatalog und dem Internet erkennt sie zwar, aber
in echt sieht doch alles ganz anders aus, hoffentlich sogar besser. Die
Bilder waren wie eine Brücke, die sie aus dem Alltag zum Ziel gebracht
hatten. Sie lockten und entfachten die Sehnsucht. Ohne die Fotos wäre
sie vielleicht gar nicht losgereist.
Jesus hatte keine Reiseprospekte
bei sich und konnte auch nicht auf das Internet zurückgreifen, um
den Himmel zu erklären. Er beschrieb den Himmel mit Erfahrungen aus
der damaligen Lebenswelt und bezog diese auf Gott. Seine Anhänger
fragten ihn: „Wie wird das neue Leben bei Gott aussehen? Ist es ein Ziel,
für das sich die Reise lohnt? Und was brauchen wir für die Reise,
damit wir das Ziel erreichen?“
Jesus knüpft mit einer
Geschichte an diese Fragen an. Im Mittelpunkt steht eine orientalische
Hochzeit, ein absoluter gesellschaftlicher Höhepunkt der damaligen
Zeit. Das Fest erstreckte sich über mehrere Tage, es gab tolles Essen,
genug davon zum Sattwerden. Es war eine Ehre, zu einer Hochzeit eingeladen
zu werden, und kein lästiger verwandtschaftlicher Pflichttermin.
Jesus nimmt die Brautjungfern
in den Blick, eigentlich eher Nebenfiguren einer Hochzeit, aber ganz eng
mit dem Brautpaar verbunden. Sie sollten den Bräutigam mit Fackeln
in der Dämmerung zum Festsaal begleiten.
Jesus lädt beim Erzählen
dazu ein, sich mit ihnen zu identifizieren, in ihre Kleider und Schuhe
zu schlüpfen, sich mit ihnen an den Weg des Bräutigams zu setzen
und auf ihn zu warten. Mit ihnen – so überträgt Jesus das Bild
- werden die Anhängerinnen und Anhänger Jesu zum großen
Fest im Himmel gehen.
Matthäus 25,1-12
»Wenn das Himmelreich
kommt, wird es zehn Brautjungfern gleichen: Sie nahmen ihre Fackeln und
gingen hinaus zum Haus der Braut. Sie wollten den Bräutigam empfangen.
Fünf von ihnen waren dumm, die anderen fünf waren klug. Die dummen
Brautjungfern nahmen zwar ihre Fackeln mit, aber kein Öl. Die klugen
Brautjungfern dagegen nahmen zusammen mit ihren Fackeln auch Krüge
mit Öl mit. Doch der Bräutigam verspätete sich. Die Brautjungfern
wurden müde und schliefen ein. Mitten in der Nacht weckte sie der
Ruf: ›Seht doch! Der Bräutigam kommt! Geht hinaus, um ihn zu begrüßen!‹
Da standen alle Brautjungfern auf und machten ihre Fackeln bereit. Die
dummen Brautjungfern sagten zu den klugen: ›Gebt uns von eurem Öl,
sonst gehen unsere Fackeln sofort wieder aus!‹ Aber die klugen Brautjungfern
antworteten: ›Das geht nicht. Das Öl reicht nicht für uns und
euch! Geht doch zu den Händlern und kauft euch selbst welches.‹ Die
dummen Brautjungfern gingen los, um Öl zu kaufen. Inzwischen traf
der Bräutigam ein. Die klugen Brautjungfern, die vorgesorgt hatten,
gingen mit ihm zum Haus, wo die Hochzeit gefeiert wurde. Hinter ihnen wurde
die Tür geschlossen. Später kamen die anderen Brautjungfern nach.
Sie riefen: ›Herr, Herr, mach uns auf!‹ Aber der Bräutigam antwortete:
›Amen, das sage ich euch: Ich kenne euch nicht.‹
Im Himmel wird es ein Freudenfest
geben. Die Tafeln sind reich gedeckt, ausgelassen wird gefeiert, Musik
und Tanz werden nicht fehlen. Wer zu diesem Fest eingeladen ist, wird schon
im Vorfeld einiges vorbereiten, die Kleider wählen, die Geschenke
aussuchen, vielleicht Übernachtungsmöglichkeiten und Reisewege
erkunden. Auch die Brautjungfern bereiten sich vor. Sie ziehen sich hübsch
an und bringen ihre Öl-Fackeln in Stellung, um dem Bräutigam
den Weg zur Braut zu weisen.
Fest, Öl-Fackeln und
die Tür zum Festsaal sagen Entscheidendes zu der Frage: „Wie ist das
mit dem Himmel?“
1 Das Fest
Jesus vergleicht den Himmel
mit dem „schönsten Tag im Leben“. Wir können die orientalische
Festfreude nur annährend nachvollziehen. Wir sind nicht mehr so hungrig,
dass ein Festessen etwas ganz Besonderes für uns ist. Und doch können
wir erahnen, dass jeder und jede, die von einer Hochzeit hörte, ein
Kribbeln im Bauch verspürte. Da wollte man unbedingt dabei sein und
nichts verpassen.
So soll es mit dem Himmel
sein, wir können uns darauf freuen. Es wird umfassend für uns
gesorgt sein, wir gehören zur Festgesellschaft und als Brautjungfern
(inklusiv formuliert wären hier vielleicht die männlichen Trauzeugen
zu erwähnen) sogar zum engsten Kreis dazu.
Der Himmel ist keine Fortsetzung
des Alltags, der Himmel macht den „schönsten Tag des Lebens“ zur Ewigkeit.
2 Öl-Fackeln
Die Frauen sind Licht-Trägerinnen.
Das erinnert an Worte Jesu aus der Bergpredigt, die ebenfalls im Matthäus-Evangelium
überliefert sind: „Ihr seid das Licht der Welt!“ (Matthäus
5,14). Offenbar sind sie mit ihren Öl-Fackeln die, von denen Jesus
sagt, dass sie ihr Licht in die Welt tragen und es nicht unter einen Eimer
stellen sollen, damit alle Welt ihre guten Taten sehen kann.
Wir hören hier das
Herz des Gleichnisses schlagen. Brennen die Fackeln, bis ich sterbe, oder
bis Jesus am Ende der Zeiten wiederkommt?
Und was bedeutet das Öl?
Womit lasse ich mein Licht in dieser Welt leuchten? Es geht um Brennstoff
für ein Leben als Christ, um Heiligen Geist, der mich erfüllt,
motiviert und zu einem Leben ermächtigt, dass Licht in diese Welt
und ihre die Dunkelheiten bringt – durch Gespräche, Taten, Fürbitte
und eine Jesus-ähnliche Haltung.
Öl zum Nachfüllen
kann man in Kanistern horten und ständig mit sich tragen. Manche fahren
mit gefülltem Benzinkanister im Kofferraum durch die Gegend aus Angst,
ihnen könnte mal der Sprit ausgehen. Doch können wir Heiligen
Geist in Kanistern abfüllen? Wenn es möglich wäre, hätten
wir wohl alle unseren Kanister dabei, Reserve-Kraft für schwere Tage,
Kraftstoff, wenn das Leben mal wieder weite Umwege erfordert. Doch so funktioniert
das nicht. Deshalb glaube ich, dass Jesus heute ein anderes Bild verwenden
würde. Er würde sagen, dass die Frauen Solar-Fackeln dabeihatten,
aufgeladen durch das Licht der Sonne und ohne Power-Bank zum Nachladen.
Die einen hatten ihre Fackeln lange genug im Licht aufgeladen, sodass es
für die ganze Nacht reichte, die anderen hielten ihre Fackeln nur
kurz ins Licht, ihre Ladung war vielleicht nur bei 50%.
Gott ist die Sonne, in
seiner Gegenwart werden wir erfüllt mit dem Heiligen Geist, er lädt
uns auf und schenkt uns Licht, Lebensfreude, die ansteckt und zu guten
Taten befähigt. Mich ihm hinhalten, lädt meine Fackel auf und
macht mich fähig, auch in Durststrecken und langen Nächten durchzuhalten.
Ich habe an mir und anderen beobachtet, was hilft, sich Gott hinzuhalten:
-
Manche erfahren in der Musik,
wie Gott sich ihnen ganz besonders zuwendet. Sie singen im Chor, singen
im Auto, verinnerlichen Liedtexte, die von Gottes Güte und Liebe erzählen.
-
Andere saugen Glaubenserfahrungen
anderer auf, sie lesen Lebensgeschichten, hören Christen zu, die von
ihren Lebenswegen erzählen, tauschen sich in vertrauten Gruppen über
ihre Alltags-Erlebnisse aus.
-
Eine Bekannte berichtet oft
von ihren Gottesbegegnungen in der Natur, sie hat spezielle Orte bei ihren
täglichen Spaziergängen, wo sie Gott dankt, ihn lobt, ihre Sorgen
ablädt.
-
Ich liebe es, mich in Bibelworte
zu versenken, sie zu erkunden wie ein Haus, in dem ich herumgehe, Türen
öffne, Vertrautes wiedererkenne und Neues entdecke.
-
Ein Bekannter tut anderen
sehr gerne Gutes, ihm ist nichts zu viel, um jemand in einer konkreten
Not zu helfen. Er fährt Hunderte Kilometer, um Hilfsgüter zu
verteilen oder um Leute von A nach B zu bringen, die nicht selbst fahren
können. Er erfährt Gottes Gegenwart im Lächeln der anderen,
in der Kraft, die der Herr ihm zu seinem Engagement schenkt. Und statt
erschöpft zu sein, kommt er beflügelt von seinen Einsätzen
wieder.
Es gibt viele unterschiedliche
Arten, auf die uns Gottes Liebe erreicht und uns auflädt. Was diese
Liebe stört, sind Wolken und Schatten. Wolken und Schatten können
sein:
-
Das Klein-Klein des Alltags.
Immer ist etwas Anderes wichtiger als die paar Minuten Musik oder einfach
Sich-Gott-Hinhalten.
-
Das Smartphone. Untersuchungen
haben gezeigt, dass das Lesen von Nachrichten auf dem Smartphone in der
Pause den gleichen Erholungswert hat, wie wenn der Arbeitnehmer durcharbeiten
würde – also gar keinen. Und doch zücke auch ich gerne das Smartphone
und schaue nach, was es Neues in der Welt gibt – dabei hätte das Gerät
doch ganz andere Möglichkeiten: Musik abspielen, Mutmach-Worte der
Bibel anzeigen, Hörbücher abspielen.
-
Meine Bequemlichkeit. Es gibt
zwei Stunden Sport in der Woche bei mir. Und fast jedes Mal kommt mir der
Gedanke, dass zwei Stunden Sofa doch auch schön wären, denn gerade
heute bin ich so total erschöpft. Meistens siegt mein Pflichtgefühl.
Bin ich meine Kilometer gelaufen, fühle ich mich frisch, erholt, sodass
ich heilfroh bin, nicht das Sofa gewählt zu haben. Ich wollte, das
Sofa wäre stumm und würde nicht auch in geistlicher Hinsicht
laut rufen. Sich aufzumachen, sich aktiv in einer Gemeinde einzubringen,
mit anderen in Gottes Auftrag etwas zu bewegen, lädt den Akku auf,
das ist Erfahrung.
-
Meine Pläne und Listen.
Es ist schwer für Gott, zwischen meine Pläne zu kommen. Und doch
sind es immer die Momente, die besonders wertvoll sind, wenn Gott dazwischen
funkt, Termine platzen oder etwas anders läuft. Vielleicht brauche
ich die Planänderungen, um überhaupt zu merken, dass jetzt Gott
spricht und nicht ich.
Versuchen wir, die Sonne in
unser Leben zu lassen und die Wolken möglichst fernzuhalten, ist unsere
Fackel bereit für die Ewigkeit. Egal wie lange die Wartezeit wird,
wir werden ja dieser Sonne Gottes jeden Tag wieder neu ausgesetzt bleiben,
Nachschub ist garantiert.
3 Die Tür zum Festsaal
Jesus erzählt dieses
Gleichnis nicht auf dem Marktplatz vor Menschen, die Gott nicht kennen.
Er erzählt es seinen Jüngern. Er will sie anspornen, eine solche
Situation, wie sie die dummen Frauen heraufbeschworen haben, zu verhindern.
Er will die Jünger ermutigen, an ihm festzuhalten, auch wenn sie durch
die Tiefen der Passion Jesu verwirrt werden und sich Nacht auf ihre Seele
legt.
Jesus will uns zurückrufen,
wenn wir in den Schatten geraten sind, er will unsere Vorfreude anstacheln.
Denn da wartet der „schönste Tag des Lebens“ auf uns, und wir dürfen
dabei sein.
Wird es einmal so eine
hart geschlossene Tür geben? Jesus weist immer wieder darauf hin.
Er warnt davor, das Ziel aus den Augen zu verlieren, im Schatten zurückzubleiben,
die Liebe Gottes auszuschlagen. Aber er sagte auch, dass unsere Namen im
Himmel geschrieben sind (Lukas 10,20) und wir gewiss sein dürfen,
dass Gott, der in uns angefangen hat zu wirken, es auch vollenden wird.
Diese Spannung bleibt bestehen.
Zu unterschiedlichen Zeiten hat man mehr das eine oder andere betont, Angst
vor dem Zurückgewiesen-Werden geschürt oder Gott einen alten
Mann sein lassen, der nicht hört und nicht sieht und alle annehmen
wird. Wir müssen wohl auf einem schmalen Grat laufen. Im Herzen können
wir festhalten, dass Jesus uns liebt und kennt mit all unseren Schatten
und Wolken. Mit dem Verstand wissen wir, dass Liebe immer Taten nach sich
zieht, und eine aufgeladene Fackel nicht für den Schrank da ist, sondern
auf der Straße leuchten soll.
Das Gleichnis ist ein Reiseprospekt
für den Himmel. Frühbucher sind erwünscht, und heute schon
beginnt die Reisevorbereitung. Bezahlt hat Jesus für uns, da ist keine
Rechnung offen.
Cornelia
Trick
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