Vorbeugen ist besser als Heilen
Gottesdienst am 02.04.2006

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
einige von uns befinden sich derzeit in sehr anstrengenden Situationen. Die Schulbenachrichtigungen zur weiterführenden Schule werden versandt. Für Eltern und Viertklässler Grund zur Freude, wenn die Schule der Wahl zugesagt hat, aber auch Grund zum Verzweifeln, wenn es keinen Platz bei der erhofften Schule gibt. Sie fühlen sich ausgemustert, abgestraft und vielleicht auch ungerecht behandelt. Abiturienten schreiben in diesen Tagen ihr schriftliches Examen. Der Moment, wenn die Themen bekannt gegeben werden, kann für einige lebenslang zum Trauma werden. Vielleicht sind gerade diese Themen nicht die starken und man hat wochenlang das Falsche gelernt. Gleichzeitig finden Bewerbungen und Vorstellungsgespräche statt. Man präsentiert sich und bekommt eine Absage. Es ist nie leicht zu verkraften. Vielfältig sind die Sackgassen-Schilder, die sich vor einem aufbauen können. Sie zeigen an, dass der Weg so nicht weitergeht. Die Realität greift nach einem wie giftige Schlangen. Statt den Weg fröhlich fortzusetzen, wird man hinterrücks gebissen und abgehalten weiterzugehen. Man kann kaputt gehen an diesem Zustand.

Die Schlangen begegneten auch dem Volk Israel unterwegs auf ihrem Weg von Ägypten zum verheißenen Land Kanaan. SchlangeHinter sich hatten die Leute Sklaverei, Unterdrückung und Ausbeutung auf den Baustellen der Pyramiden. Vor ihnen lag ein Land, das fruchtbar war, genug Platz für alle bot und das sie eigenverantwortlich gestalten konnten, statt Tempel für andere zu bauen. Dazwischen befanden sie sich in einer 40-jährigen Bewährungsprobe. Sie lebten von der Hand in den Mund, waren abhängig von der Versorgung Gottes, der ihnen Manna, Wachteln und Wasser für jeden Tag zukommen ließ, aber nicht im Voraus. Sie hatten keine Landkarte in der Hand, sondern konnten sich nur an der vor ihnen herziehenden Wolken- und Feuersäule orientieren. Der Gehorsam gegenüber Gott entschied über das Gelingen ihres Weges. In eigener Regie konnten sie das Ziel nicht erreichen. Doch die Leute scheiterten immer wieder in den Bewährungsproben. Sie murrten über ihre Abhängigkeit und sehnten sich nach der Sicherheit des Sklavenlebens, das sie im Rückblick völlig verklärt sahen. Sie misstrauten der Führung Gottes und gossen sich ein goldenes Kalb, das sichtbar vor ihnen her getragen werden konnte. Sie orientierten sich rückwärts, statt voraus zu schauen. Gott reagierte auf ihr Misstrauen zunehmend zorniger. Vergab er anfangs schnell und ließ das Volk seine erneute Zuwendung erfahren, so zog das Verhalten der Israeliten Konsequenzen nach sich, nachdem Gott ihnen seine Gebote am Sinai gegeben hatte. Denn nun war Gottes Wille und sein Anspruch bekannt, kein Herausreden war mehr möglich. Das Ereignis, auf das wir heute genauer eingehen, findet statt, nachdem das Volk Gottes Willen in Form der 10 Gebote erhalten hatte.

4.Mose 21,4-9

Als die Israeliten vom Berg Hor aus weiter zogen, wandten sie sich zunächst nach Süden in Richtung Schilfmeer, um das Gebiet der Edomiter zu umgehen. Aber unterwegs verlor das Volk die Geduld, und sie beklagten sich bei Gott und bei Mose: "Warum habt ihr uns aus Ägypten weggeführt, damit wir in der Wüste sterben? Hier gibt es weder Brot noch Wasser, und dieses elende Manna hängt uns zum Hals heraus!" Da schickte der HERR zur Strafe giftige Schlangen unter das Volk. Viele Israeliten wurden gebissen und starben. Die Leute kamen zu Mose und sagten: "Es war nicht recht, dass wir uns gegen den HERRN und gegen dich aufgelehnt haben. Leg doch beim HERRN ein Wort für uns ein, damit er uns von diesen Schlangen befreit!" Mose betete für das Volk, und der HERR sagte zu ihm: "Fertige eine Schlange an und befestige sie oben an einer Stange. Wer gebissen wird, soll dieses Bild ansehen, dann wird er nicht sterben!" Mose machte eine Schlange aus Bronze und befestigte sie an einer Stange. Wer gebissen wurde und auf diese Schlange sah, blieb am Leben. 

Der Aufbruch nach Süden um die Edomiter herum bedeutete einen großen Umweg. Es ist verständlich, dass sich der Missmut der Leute regte. So nahe waren sie ihrem Ziel, und nun sollten sie genau in die entgegen gesetzte Richtung weiterziehen. Ihre Vorwürfe richteten sich gegen Gott und seinen Vertrauensmann Mose. Die waren schuld, dass das Volk in diese Lage geraten war. 

Welches Verhalten der Israeliten hätte Gottes Willen entsprochen? Sie kannten das 1. Gebot: Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus Ägyptenland geführt hat. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Dieses 1. Gebot war Anleitung, denn Gott hatte aus der Sklaverei befreit, um sein Volk in eine lebenswerte Zukunft zu führen. Diesem Gott konnten sie vertrauen, der hatte das Beste für sie im Sinn. Wie in der Bedrängnis in Ägypten hätten sie Gott ihre Not vorlegen können. Er hätte ihnen geantwortet. Doch statt sich vertrauensvoll an ihren Herrn zu wenden, resignierten die Leute, weideten sich an rosaroten Bildern der Vergangenheit und ließen ihre Enttäuschung und Erschöpfung an Mose aus. 

So fern ist diese Wüstengeschichte nicht. Ich erkenne mich wieder. Mein Weg kommt ins Stocken. Vielleicht muss ich einen beschwerlichen und für mich kaum einsichtigen Umweg gehen. Statt mich im Gebet voller Vertrauen an Gott zu wenden, schimpfe ich auf ihn und die Gemeinde. Sie ist in meinen Augen auch schuld, dass ich nicht weiterkomme. Sie hätte mich ganz anders unterstützen müssen. Und wie die Israeliten damals verpasse ich die Chance, Gott zu Wort kommen und mir in meiner Not helfen zu lassen.

Gott ließ giftige Schlangen auf die murrenden Israeliten los. Sie vertrauten Gott nicht, der sie aus Ägypten bereit hatte, deshalb gab er sie schutzlos ihrer Umgebung preis. Ohne Gottes Schutz hatten sie keine Widerstandskraft gegen die Bedrohungen der Wüste, sondern fanden darin ihren Tod. 

Gott reagiert auch auf unser Murren, unseren Ekel gegenüber Gottes Geschenken, unserer Verdrossenheit. Er zieht sich von uns zurück, und wir spüren in ganzer Härte, wie uns die Schlangen unseres Lebens einholen. Längst überwunden geglaubter Hass meldet sich zurück, Sorgen lassen uns immer unruhiger werden, Stress legt sich auf unseren ganzen Körper, wir merken, wie wir wie getrieben funktionieren, kein Gedanke mehr an erfülltes Leben. Und irgendwann früher oder später gehen wir daran kaputt, wenn nicht Gott selbst uns einen Ausweg zeigt.

Das Stoßgebet der Israeliten kann auch unser Gebet werden: Befreie uns von den Schlangen, wir sind auf dem falschen Weg, zeige uns wieder den richtigen!

Gott antwortete auf das Stoßgebet, das Mose vorbrachte. Er ließ eine bronzene Schlange aufstellen. Die todbringende Schlange wurden zum Zeichen des Lebens. Ein Blick reichte, um von der tödlichen Wirkung des Schlangenbisses geheilt zu sein. Die hoch aufgerichtete Schlange lenkte den Blick vom Elend weg nach oben, in Richtung auf Gott, die Wolken- und Feuersäule, die in der Wüste voranging.

Gott antwortet auch auf unseren Hilfeschrei. Er ließ seinen Sohn Jesus Christus am Kreuz sterben. Das todbringende Misstrauen Gott gegenüber, das im Tod Jesu seine letzte Steigerung erfährt - der Unschuldige trägt die Schuld der Menschheit - wird zum Lebenszeichen. Ein Blick auf Jesus, ein Einverständnis, dass er an meiner Stelle dort hing, genügt, um geheilt zu werden und leben zu dürfen. Das Kreuz lenkt den Blick weg von meiner Not hin zu Jesus, der längst nicht mehr am Kreuz hängt, sondern auferstanden ist zum ewigen Leben. Die bedrohenden Schlangen bleiben, die Welt wird nicht plötzlich eine andere. Auch in der Wüste blieben die Schlangen weiterhin bedrohlich. Aber das Heilmittel ist da, das vom ewigen Tod rettet.

Muss es soweit kommen, dass wir wie die Israeliten immer wieder unser Vertrauen zu Jesus verlieren, von "unseren Schlangen" gefressen werden und dann erst merken, dass wir Jesus brauchen? Was hilft zum Vorbeugen? Denn das Kreuz bleibt vor uns stehen, es ermöglicht dauernden Blickkontakt. Jesus möchte, dass uns Schlangen nie wieder beißen und wir nicht an ihnen zu Grunde gehen.

Mich beschäftigt deshalb, was hilft, unseren Blick auf Jesus auszurichten und den Kontakt nicht abreißen zu lassen. Dazu möchte ich drei Stationen mit Ihnen besuchen.

Station 1: Spiegel

Nehmen Sie sich doch einmal zwei Handspiegel und spielen Sie mit ihnen herum. Bei mir mündet dieses Spiel regelmäßig in einer ausführlichen Selbstbespiegelung. Ich schaue mir durch die Spiegel ganz genau zu, beurteile mein Aussehen, schneide Grimassen und bringe mich über meine Falten auf den neusten Stand.

Wie mit unserem Aussehen geht es uns oft auch mit dem Leben. Wir bespiegeln es von allen Seiten. Sollten wir ein Motto finden, würden wir vielleicht sagen: Wippe - mal hoch mal runter, Dauerlauf - rastlos immer unterwegs, große Party - alles ganz rauschend. So ist unser Urteil über unser Leben. Wie sieht Gottes Urteil aus? Er schaut auf unser Leben sozusagen von oben. Er sieht unser Woher und Wohin. Er kann die Querverbindungen erkennen, die uns mit anderen Menschen verbinden und ihm ist es ganz egal, ob eine Falte mehr oder weniger in unserem Gesicht ist. Die Bibel sagt uns, dass unser Leben viel gemeinsam hat mit dem Märchen "Frau Holle". Wir sind hineingeworfen in unsere Welt und der Weg ist eine Bewährungsprobe. Zwar sind es nicht reife Äpfel, gebackenes Brot und Hausarbeit, die unsere Bewährungsproben darstellen, aber wie bei Goldmarie und Pechmarie wird es bei uns darauf ankommen, dass wir erkennen, was Gott in den Herausforderungen unseres Lebens von uns will. Jesus schenkt uns alle Kraft, die wir dafür brauchen, aber wir sollten ihn dabei nicht aus den Augen verlieren. Pechmarie hatte ihren eigenen Plan im Kopf, sie wollte am Ende das Gold haben. Sie begriff nicht, dass die Herausforderungen wichtig waren, um sie daran wachsen zu lassen. Wir müssen das auch erst mühsam lernen. Erfahrungen der Wüste, wie sie die Israeliten damals machten und wie wir sie heute im übertragenen Sinne machen, dienen dazu, uns fester an Jesus zu binden und mit ihm die Situationen zu bestehen. So bleiben wir auch mitten in giftigen Schlangen verschont von ihrem Biss.

Station 2: Liste

An der zweiten Station sind Sie eingeladen, ein Blatt zur Hand zu nehmen und in Schlagworten zu notieren, was für Sie das Wichtigste im Leben ist. Da stehen dann eventuell Begriffe wie "Familie, Beruf, Sport, Harmonie, Gemeinde, Jesus" drauf. Diese Liste gilt es jetzt zu sortieren. Was kommt an erster Stelle, was an letzter Stelle? Und nun sind Sie aufgefordert, das, was an erster Stelle steht, in einen Bilderrahmen zu stecken und auf Ihren Schreibtisch, Ihr Bügelbrett oder Ihren Nachtschrank zu stellen.

Je nach dem, wo man diese Liste ausfüllt, kann es leicht passieren, dass Jesus an oberster Stelle steht. Wenn ich diese Frage im Konfirmandenunterricht stelle, wird die Antwort so ausfallen, die jungen Leute rechnen mit meinem Erwartungshorizont und wollen ihn erfüllen. Aber kann es sein, dass wir dieses Bild mit Jesus im Alltag genauso behandeln wie so mancher Berufstätige, der ein Bild seiner Kinder auf dem Schreibtisch stehen hat oder als Hintergrundbild auf dem Laptop mit sich trägt? Sie schauen zwar dauernd das Bild an, sie geben vor anderen mit ihrer tollen Familie an, aber das motiviert sie nicht, noch vor der Schlafenszeit nach Hause zu gehen, Zeit mit den Kindern zu verbringen, vielleicht sogar ein Elternjahr zu nehmen. Die Priorität für die Familie ist zwar im Kopf vorhanden, ich will sie niemand absprechen, aber sie setzt sich nicht fort in die Füße, die zu den Kindern gehen. Es ist eine abstrakte Priorität, die die Kinder nicht spüren. So ist es oft mit Jesus in unseren Bilderrahmen. Ja, Jesus ist der Herr, 1. Priorität, klar, aber in unserem Alltag schlägt sich das null nieder.

Wollen wir Jesus wirklich den Ersten in unserem Leben sein lassen, und nur so beugen wir dem Schlangenbiss vor, heißt es, dass wir ihm gehorchen und da sind, wo er uns haben will. Ganz konkret fordert er unsere Verbindlichkeit für seine Sache, für die Gemeinde vor Ort, in der wir leben, für die Aufgaben, die auf unserem Weg liegen, für Menschen, die wir zu ihm führen sollen. Jesus ist erst wirklich dann der erste auf unserer Liste, wenn unsere Füße und Hände tun, was er von uns erwartet.

Station 3: Apfel

An der dritten Station liegt ein saftiger Apfel für uns bereit. Wir sind eingeladen, ihn zu genießen als die Energie, die uns Jesus für unseren Weg schenken will. Er gibt uns diesen Apfel, damit wir seiner gewiss sein können. Im übertragenen Sinn schenkt uns Jesus sein Wort der Verheißung und Ermutigung. Wir können es uns in der Gemeinde gegenseitig zusprechen. Denn darin haben wir Gold- und Pechmarie bei Frau Holle eindeutig etwas voraus. Wir sind nicht allein auf dem Weg. Wir haben Schwestern und Brüder, die uns helfen, Jesus im Blick zu behalten, die Bewährungsproben zu erkennen und zu meistern, und die für uns beten, dass nichts uns aus Jesu Einfluss reißen kann. 

Vorbeugen ist besser als heilen, deshalb ist das Kreuz aufgerichtet. Der ständige Blickkontakt zu Jesus Christus ist möglich, die Schlangen unseres Alltags haben keine tödliche Macht mehr über uns.

Johannes 3,14-15

Mose richtete in der Wüste den Pfahl mit der bronzenen Schlange auf. Genauso muss auch der Menschensohn erhöht werden, damit alle, die sich im Glauben ihm zuwenden, durch ihn ewiges Leben bekommen.
Cornelia Trick


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