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Liebe Gemeinde, liebe Schwestern
und Brüder,
Der Prophet Amos ![]() Wirtschaftlich geht es der Bevölkerung in Teilen gut. Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer, ja, man verkauft ein paar Arme als Sklaven, um sich davon ein paar Schuhe zu kaufen, so prangert es Amos an. Schon allein diese soziale Schieflage ist ein Grund für Gottes prophetisches Wort. Ein Merkmal der israelitischen Gesellschaft sollte von Gott her sein, dass in regelmäßigen Abständen ein wirtschaftlicher Ausgleich stattfinden sollte, wodurch der Teufelskreis der Armut durchbrochen werden konnte. Aber dieses Instrument wird zur Zeit des Amos offenbar nicht mehr angewandt. Die Reichen horten ihre Besitztümer und sehen es als ihr gutes Recht, wie fette Kühe die mageren von der Weide abzudrängen (Amos 4). Mit den sozialen Spannungen geht Gottvergessenheit umher. Man ist sich sicher, dass Gott schon alles Tun und Lassen segnen würde. Warum sollte er es nicht gut finden, wenn die Erfolgreichen noch mehr Erfolg haben? Die Achtung, Ehrfurcht, der Respekt vor Gott geht völlig verloren. Gott hatte man, um ihn wie einen Talisman umher zu tragen. Deshalb verwundert nicht, dass Amos das Verhalten der Frommen ganz besonders ankreidet. Er verurteilt ihr Schlemmen und Huren bei den Altären Gottes (Amos 2), er regt sich auf über Gottesdienste, bei denen sich die Menschen feiern, statt Gott im Mittelpunkt wahrzunehmen (Amos 5). Er thematisiert ihre Blindheit gegenüber Gottes Wegen und Warnsignalen. Gott schickte ein ums andere Unglück, doch keiner wurde bis jetzt aufmerksam, das Gott sie zur Umkehr bewegen will. Und nun, so gibt es der Prophet weiter, zieht Gott einen Schlussstrich. Das letzte Kapitel des Amosbuches ist wichtig, um Gottes Gerichtsworte zu verstehen. Es rückt unseren Blick zurecht und enthüllt das Evangelium in den fremden und abweisenden Reden des prophetischen Mannes von damals. Es ist es wert, ganz gelesen zu werden, vielleicht kann der eine oder die andere es für sich in ganzer Länge studieren, hier nur ein kleiner Ausschnitt: Amos 9,1.7-8.13-15 Seid ihr Israeliten mir nicht gleichwie die Mohren? spricht der HERR. Habe ich nicht Israel aus Ägyptenland geführt und die Philister aus Kaftor und die Aramäer aus Kir? Siehe, die Augen Gottes des HERRN sehen auf das sündige Königreich, dass ich's vom Erdboden vertilge, wiewohl ich das Haus Jakob nicht ganz vertilgen will, spricht der HERR. Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, dass man zugleich ackern und ernten, zugleich keltern und säen wird. Und die Berge werden von süßem Wein triefen, und alle Hügel werden fruchtbar sein. Denn ich will die Gefangenschaft meines Volks Israel wenden, dass sie die verwüsteten Städte wieder aufbauen und bewohnen sollen, dass sie Weinberge pflanzen und Wein davon trinken, Gärten anlegen und Früchte daraus essen. Denn ich will sie in ihr Land pflanzen, dass sie nicht mehr aus ihrem Land ausgerottet werden, das ich ihnen gegeben habe, spricht der HERR, dein Gott. Amos beschreibt den Menschen, wie er ist. Eigentlich ist er geschaffen, um über die Erde zu herrschen, sie zu bebauen und für sie zu sorgen, doch er ist zum Flüchtling geworden. Die Sünde hat ihn zum Sklaven gemacht und lässt ihn ruhelos vor Gott fliehen. Was er bei sich trägt, hat er geraubt, er lebt auf Kosten anderer. Der Flüchtling unterliegt einer großen Selbsttäuschung. Er meint, dass seine Flucht vor Gott gelingt, dass ein Leben ohne Gott möglich ist und dass er seinen Erfolg nur sich selbst zu verdanken hat. Amos enttarnt dieses Lügengebäude. Nein, sagt er, die Flucht wird nicht gelingen. Gott wird den Flüchtling immer finden. Die Themen sind trotz 2800 Jahren Zeitunterschied doch gar nicht so fremd. Sind wir nicht erschüttert, wie wir keine Mittel finden, um die Schere zwischen Arm und Reich wieder zu schließen? Im Gegenteil, mit jeder Gesetzesänderung scheint sie weiter auseinander zu klaffen? Und geben wir nicht nur den Politikern die Schuld, denn erstens haben wir sie gewählt, zweitens gelingt es uns doch im engsten Umfeld nicht, ausgleichende Gerechtigkeit zu leben. Wie bei Amos scheinen die Menschen blind von einer Katastrophe in die nächste zu stolpern, ohne zu merken, dass in jeder Katastrophe Gottes Umkehrruf zu hören ist. Ob es das Öl im Golf von Mexiko und seit letzter Woche im Roten Meer ist, ob es Bürgerkriege, Anschläge, ohnmächtige Politik sind, diese Geschehnisse passieren wohl auch bei uns nicht einfach so als Schicksalsschläge, sondern enthalten eine Botschaft Gottes: „Suchet mich, so werdet ihr leben!“ (Amos 5,4) Wie damals kommen Christen derzeit hauptsächlich durch Amos-ähnliche Schlagzeilen in die Presse. Man weiß offenbar kaum anderes von ihnen zu berichten, als dass sie ihre Macht missbrauchen, anderen schaden oder Gebote übertreten. Was soll auch schon berichtenswert sein von Menschen, die ihr persönliches Hobby „Glaube an Jesus Christus“ pflegen. Sie werden so lange toleriert, solange sie niemand stören. Auch manche Gottesdienste würde Amos vermutlich kritisch kommentieren. Er würde merken, wenn es mehr um uns Menschen, als um Gottes Gegenwart geht. Er würde aufhorchen, wenn wir uns selbst beweihräuchern, statt Gottes Geist zu empfangen. Amos spricht mitten hinein in unsere Zeit. Auch wir sind offenbar Erdbebenmenschen, vielleicht zwei Jahre vor der Katastrophe, wie das der Kinofilm vom letzten Jahr „2012“ zum Thema hat. Und nun wird es für uns spannend, wie Amos uns in unserer Erdbebennot helfen kann. Der Blickwinkel des Neuen Testaments Jesus steht für eine Zwischenzeit. Die Heilszeit hat mit ihm begonnen, doch das große letzte Erdbeben steht noch aus. In dieser Zwischenzeit wissen wir, dass uns das letzte Erdbeben nicht mehr treffen wird, weil wir zu Jesus gehören, der es für uns durchstanden hat. Aber wir werden geschüttelt wie durch ein Sieb, ein Bild, das Amos gebraucht. Jesus siebt uns, ob wir auch wirklich an ihm festhalten. Wir müssten Angst haben, durch das Sieb zu fallen, weil unsere Kraft zum Festhalten nur sehr begrenzt ist. Aber Jesus selbst hält das Sieb in seiner Hand. Und er sieht uns, wie wir uns mühen, bei ihm zu bleiben. Er wird, und das ist meine feste Zuversicht, nach uns fassen, wenn wir nicht mehr halten können, wenn uns das Leben so durchschüttelt, dass wir nicht mehr wissen, wo unten und oben ist. Er wird wissen, dass wir es ernst mit ihm meinen und nichts lieber wollen, als bei ihm zu sein für Zeit und Ewigkeit. In dieser Zwischenzeit liegt unsere Chance. Dass wir Gottes Rufen in den kleinen und großen Katastrophen hören, dass wir uns Gottes Liebe zu unseren Nächsten schenken lassen, um sie zu erreichen, dass wir ein Leben führen, das Gottes Willen entspricht in Freiheit und Verbindlichkeit und dass wir betend füreinander einstehen. Jesus will uns in dieser Zwischenzeit bewahren, aber wir sind ihm nicht gleichgültig. Er wartet darauf, dass wir uns beim Schütteln von ihm halten lassen. Ausblick auf die Heilszeit Wir brauchen wohl dieses Himmelsfenster in die Zukunft, um Zuversicht und Kraft für unseren Alltag zu haben. Wir brauchen das herrliche Bild vom fließenden Wein, von Fülle, von Frieden, von Heimat, um das Ziel im Auge zu behalten. Denn in der Zwischenzeit ist Jesus für uns da, aber oft verborgen und versteckt hinter den Schrecken der Nachrichten und der Gleichgültigkeit von uns Menschen. Die letzten Worte des Amos sind: „Es spricht der Herr, dein Gott.“ Gott bleibt Gott, er bleibt dein Gott, er will Leben, nicht Tod, er sucht und findet seine Erdbebenmenschen. Mögen sie bereit sein, ihrem Herrn zu begegnen an der Hand seines Sohnes Jesus Christus. Cornelia
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