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Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
Von Jesus wird in den Evangelien erzählt (Johannes 6,1-15), wie er wieder einmal eine große Menschenmenge um sich scharte. Es war spät geworden und die Leute bekamen langsam Hunger. Allein 5000 Männer hatten sich auf die Wiesen niedergelassen, ebenso viele Frauen und Kinder waren wahrscheinlich dabei. Jesus sah diese Leute und er erkannte, dass sie etwas zu essen brauchten. Er fragte die Jünger nach Essen. Doch die waren skeptisch. Nein, für so viele hatten sie nichts. Und 5 Brote und 2 Fische, die ein Junge dabeihatte, würden wohl auch nicht reichen. Ihr Rat war, die Versammlung zu beenden und die Leute schnellstens nach Hause zu schicken. Doch Jesus ließ nicht locker, er nahm die 5 Brote und 2 Fische, er dankte und brach sie, verteilte sie - und sie reichten. Die Jünger konnten das Brot und den Fisch verteilen, alle wurden satt und 12 Körbe blieben sogar noch übrig. Diese Erzählung aus dem Leben Jesu scheint heute weit weg zu sein. Doch sie beschreibt genau das, was sich immer wieder ereignet, wenn Christen zusammenkommen. Jesus steht im Zentrum. Er verteilt das Brot. Die Jünger, also seine Gemeinde, stehen erst ungläubig, zumindest kleingläubig daneben. Sollte das Wunder wirklich geschehen? Doch dann helfen sie austeilen und müssen im Nachhinein staunend feststellen: Es hat wirklich gereicht! Die Mitte ist entscheidend. Jesus steht im Zentrum, viele Gemeinden scharen sich um ihn, aber er teilt aus. Es geht nicht um Addition: Wir werfen alle Kirchen und Gemeinden in einen Topf und die Einheitsgemeinde entsteht, die alle Unterschiede verwischt. Es geht aber auch nicht um Subtraktion: Alles Trennende wird verschwiegen und wir gehen mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner an die Öffentlichkeit. Bei Jesus geht es um seinen Auftrag, der uns eint. Sein Brot, das uns Leben gibt, sollen wir austeilen und dabei unsere Lehrunterschiede und unsere unterschiedlichen Traditionen ins zweite Glied rücken lassen. Wo wir zum Zeugnis herausgefordert sind, geht es allein darum, ob wir Jesu Gute Nachricht anderen weitergeben. In der Vorbereitungszeit auf unseren Stadtkirchentag sind wir oft in der Position der Jünger gewesen. Wir waren kleingläubig, auch ich gehörte zu den Kleingläubigen. Haben wir uns nicht zu viel vorgenommen? Werden wir paar Leute in der Vorbereitungsgruppe einem ganzen Ort Brot des Lebens weitergeben können? Reicht unsere Kraft dazu aus? Wir waren auch - wie schon die Jünger - uneins. Wir brauchten lange um zu verstehen, was Leute von heute brauchen. Wir rangen um Einfluss, hofften aber auch auf dem Beobachterposten zu bleiben und die anderen machen zu lassen. Wie die Jünger waren wir verschieden von unserer Herkunft, unserer Prägung und unseren Erwartungen. Und jetzt hörten wir die Herausforderung Jesu, sein Brot in Bad Soden auszuteilen und an ein Wunder aus seiner Hand zu glauben. Das war eine sehr persönliche Herausforderung, die nach dem Verhältnis zu Jesus Christus fragte. Unsere Mitte konnten wir nur finden im Vertrauen zu Jesus Christus. Daraus wuchs das Vertrauen zu den andern, die mit unterwegs sind. Es waren bewegende Momente, in denen wir spürten: die Liebe zu Jesus Christus erfüllte uns, gab uns Mut, aber auch Kraft zur Versöhnung. Was ist aus dem Wunder
der Brotvermehrung geworden? Man könnte sagen, es sind Gemeinden entstanden,
Gemeinden, die vom Brot Jesu lebten und im Vertrauen auf Gott ihre Mitte
erfuhren. Paulus schrieb Briefe an solche Gemeinden. Leider keine direkten
Kommentare zu Stadtkirchentagen, aber in ganz ähnliche Situationen
hinein. Er wollte mit seinen Briefen die Gemeinden ermutigen, Jesu Brot
zu verteilen. Wie schon im Jüngerkreis lebten in den Gemeinden ganz
unterschiedliche Gruppierungen, die sich auch in ihren Lehrmeinungen unterschieden.
So waren die Gemeinden damals schon ein ganz gutes Spiegelbild unserer
Kirchenvielfalt heute. Paulus legte in seinen Briefen durchweg die Betonung
auf die Einheit der Christen. Er setzte die Verkündigung Jesu fort.
Die Gemeinde Philippi war wohl Paulus´ Lieblingsgemeinde. Als er
ihr einen Brief schrieb, war er in Gefangenschaft in Ephesus. Von den Christen
da berichtete er Ernüchterndes: Die andern kümmern sich alle
nur um ihre eigenen Angelegenheiten und nicht um Jesus Christus und seine
Sache (Philipper 2,21); sie verbreiten die Botschaft von Christus in unehrlicher
und eigennütziger Absicht (Philipper 1,17). Und in seinem Brief an
die Philipper kommt deutlich zum Ausdruck, dass Paulus mit diesen Negativbeispielen
abschrecken möchte, nicht genau so zu werden. Deutlich wird das in
Philipper 2,1-4:
Das könnte wie eine schwere Last wirken, die wir da mit der Gemeinde in Philippi aufgebürdet bekommen. Dieselbe Gesinnung, Liebe, Eintracht, dasselbe Ziel... Gehört es nicht zu uns Menschen, dass wir uns von anderen unterscheiden? Dass wir den eigenen Standpunkt finden? Dass wir auch auf Distanz gehen, wenn Eintracht zerbrochen ist? Ist das beschriebene Verhalten nicht nur noch ein romantisches Ideal? Denn mal ehrlich, können wir das so in der Familie leben, auch mit Tante Hulda und Onkel Ottokar? Können wir das dauerhaft in der Freundschaft leben? Gar in unserer Kirchengemeinde? Wie soll das dann in der Ökumene noch funktionieren? Doch Paulus fügt sein eigentliches Vorwort zu den Verhaltensregeln erst am Schluss an. Er zitiert in den nächsten Sätzen ein altes Christuslied (Philipper 2,5-9). Das Lied besingt Jesus, wie er von Gott gekommen ist, unser menschliches Wesen auf sich genommen hat, es bis in den Tod mit allen Konsequenzen durchlitten hat, von Gott, dem himmlischen Vater auferweckt wurde und nun bei Gott ist, der Geringste hat alle Macht der Welt. Von diesem Christuslied her wird klar, es geht nicht um moralisches Wohlverhalten, sondern beim Miteinander im tiefsten Sinne um Glauben und Vertrauen. Mit Jesus im Bunde zu sein bedeutet, von ihm die Kraft zu bekommen, wie er zu leben. So sind die Stichworte des Paulus auch gar nichts Besonderes mehr. Ein ermutigendes Wort, ein tröstender Zuspruch, Gemeinschaft durch den Heiligen Geist, herzliches Erbarmen - das und noch viel mehr hat Jesus uns vorgelebt und legt es in unsere Hände - wie bei der Brotvermehrung. Und doch hören wir bei Paulus eine leichte Sorge heraus, ein unausgesprochenes Fragezeichen. Bei euch gibt es doch? Es gibt doch?... Selbstverständlich war es auch in der Lieblingsgemeinde nicht. Deshalb brauchen auch wir nicht rot zu werden, wenn wir uns mit den Verhaltensregeln ertappt fühlen. Natürlich, ein ermutigendes Wort im Auftrag von Christus, ein tröstender Zuspruch, der aus der Liebe kommt, Gemeinschaft im Geist und herzliches Erbarmen, das haben wir hoffentlich hier alle schon einmal erlebt. Das macht es aus, warum wir uns zur Gemeinde zählen und für diese Gemeinde auch etwas einsetzen. Aber es ist kein Dauerzustand und wir haben die Stichworte auch nicht griffbereit in Schubladen liegen. Als Jesus die Leute damals satt gemacht hatte, wollten sie ihn festhalten. Er schien ihnen ein Brotautomat, der ihre Existenz auf Dauer sichern konnte. Jesus entzog sich ihnen. Er wollte nicht ihr Brotkönig sein. Er wollte ihr Heiland sein, der sie an Leib und Seele heil machte und sie in Gottes Gegenwart brachte. Die ermutigenden Worte, die liebevollen Beziehungen, sie sind Gabe Gottes, aber nicht ohne ihn frei verfügbar. Jesus legt uns diese Gaben in die Hand und erst mit ihm werden sie zu Brot des Lebens. An dieser Stelle müssen wir innehalten und uns überprüfen, ob wir in dieser engen Lebensgemeinschaft mit Jesus Christus leben, ob wir bereit sind, unsere Hände zu öffnen und seine Gaben in Empfang zu nehmen. Vielleicht liegt es uns näher, selbst mit unseren Händen das Brot des Lebens zu erschaffen. Wir werden scheitern und unseren Hunger nach Sinn im Leben nicht stillen können. Paulus gibt sich mit diesen Gaben Gottes noch nicht zufrieden. Er weist hin auf Einheit und Achtung voreinander. Erst in der Einheit wird sichtbar, dass Jesus Christus das Herz ist. Alles strebt zu ihm und kommt von ihm, unsere Pläne werden mit ihm besprochen und verwirklicht, unsere Aufgaben bekommen wir von ihm, unsere Kraftquelle ist er. Gemeinschaft entsteht, weil wir an den Blutkreislauf Gottes angeschlossen sind und Jesus Christus unser Herz ist. Aus dieser Einheit wächst die Achtung voreinander. Wir sind wirklich Gleiche unter Gleichen und sterben ab, wenn wir vom Herz getrennt sind. Das gilt es immer wieder durchzubuchstabieren, gerade da, wo wir nicht einer Meinung sind, nicht gleich begabt sind, nicht die gleichen Anschauungen vertreten. Das kann dann auch unser Gespräch zwischen unterschiedlichen Konfessionen bestimmen, dass keiner von uns die Wahrheit gepachtet hat, aber wir alle immer wieder auf die Wahrheit in Jesus Christus angewiesen sind. Unser "Kirchenvater" John Wesley (1703-1791) hatte das aus der Bibel erkannt. Er pflegte in großer Offenheit Gemeinschaft mit Christen aus allen Kirchen. Dazu schrieb er in seiner kleinen Schrift "Der Charkter eines Methodisten": "Ist dein Herz richtig wie mein Herz mit deinem Herzen? Ich stelle keine weitere Frage. Ist dem so, dann gib mir die Hand! Lasst uns nicht um bloßer Meinungen und Worte willen das Werk Gottes zerstören. Liebst du Gott und dienst du ihm? Das genügt; ich reiche dir die rechte Hand der Gemeinschaft. "Ist nun bei euch Ermahnung in Christo, ist Trost der Liebe, ist Gemeinschaft des Geistes, ist herzliche Liebe und Barmherzigkeit", so lasst uns einmütig kämpfen für den Glauben des Evangeliums. Unser Beitrag zum christlichen "Markt der Möglichkeiten": Wir haben Brot zu verteilen, dass unsere Mitmenschen brauchen. Wir sind angewiesen darauf, dass Jesus es uns gibt. Wir brauchen die anderen, die auch verteilen. Jesus beauftragt sie genauso wie uns. Wir können diese Aufgabe in Achtung voreinander erfüllen, weil Jesus zu uns Menschen gekommen ist und keiner und keine zu gering erachtet hat, ihm oder ihr das Leben zu schenken. Als Gemeinde können wir Jesus vertrauen, dass er uns in der Gemeinschaft der Christen Brot des Lebens in die Hand gibt und wir es unseren Nachbarn vor Ort weitergeben können - das Wunder der Brotvermehrung - warum nicht beim Stadtkirchentag in Bad Soden oder anderswo? Haben wir uns neu aus Gottes Wort ermutigen lassen, Jesus zu vertrauen, dass er uns als seine Nachfolgerinnen und Nachfolger Brot in die Hand gibt, möchte ich in der nächsten Predigt mit Ihnen dieses "Brot des Lebens" genauer betrachten. Was haben wir denn da von Jesus in die Hand gedrückt bekommen, was lohnt weitergegeben zu werden? Bibeltexte, auf die in der Predigt Bezug genommen wurde: Er war in allem Gott gleich, und doch hielt er nicht gierig daran fest, so wie Gott zu sein. Er gab alle seine Vorrechte auf und wurde einem Sklaven gleich. Er wurde ein Mensch in dieser Welt und teilte das Leben der Menschen. Im Gehorsam gegen Gott erniedrigte er sich so tief, dass er sogar den Tod auf sich nahm, ja, den Verbrechertod am Kreuz. Darum hat Gott ihn auch erhöht und ihm den Rang und Namen verliehen, der ihn hoch über alle stellt. Vor Jesus müssen alle auf die Knie fallen - alle, die im Himmel sind, auf der Erde und unter der Erde; alle müssen feierlich bekennen: "Jesus Christus ist der Herr!" Und so wird Gott, der Vater, geehrt. Cornelia
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