Taufe ist ein Anfang (Kolosser 3,1-14)
Gottesdienst am 14.5.2017 in Brombach

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
in einem Gespräch in einer Gemeindegruppe letzte Woche stellte jemand die Frage: „Brauchen wir als Christen überhaupt die Taufe? Liebt Gott nicht jeden Menschen, egal, ob er getauft ist oder nicht?“ Ja, so war unsere Antwort, Gott liebt jeden Menschen und sagt ihm zu, bei ihm zu sein, komme, was wolle. 

Die Taufe ist aber die sichtbare und fühlbare Zusage Gottes und verbindet uns mit Jesu Sterben für uns. Wie er in den Tod gegangen ist, so werden wir in seinen Tod symbolisch hineingenommen – das Untertauchen bei der Erwachsenentaufe lässt dies sinnbildlich werden. An diesem Schnittpunkt der Begegnung Jesu mit uns geschieht der Wechsel. Jesus nimmt uns ab, was uns von Gott trennt, wir dürfen frei sein, um Gott ohne Altlasten zu begegnen.

Die ersten Gemeinden nach Jesu Auferstehung feierten die Taufe deshalb auch mit Erwachsenen. Sie kamen aus einem anderen Glauben neu zu Jesus Christus, sie begannen nach der Taufe ein neues Leben.

In Kolossä, einer Stadt in der heutigen Westtürkei, wurden viele verschiedene Kulte gepflegt, griechisch-römische Göttertempel, Magie und Engelverehrung konnte man finden. Menschen, die diese Kulte praktizierten, wurden von Christen in die Gemeinde eingeladen. Sie erfuhren dort radikale Gastfreundschaft, waren willkommen an einer gedeckten Tafel, an der das Brot geteilt wurde, bis alle satt waren. Sie hörten von Jesus, der sich denen zuwandte, die auf der Schattenseite des Lebens standen. Sie erlebten Befreiung von Mächten, die sie im Griff hatten und fanden beim Abendmahl Vergebung ihrer Schuld. Sie bekamen eine neue Würde, sie waren nun Kinder Gottes, geliebt und gewollt von Gott, egal, wie Menschen sie behandelten.

Wer zu dieser attraktiven neuen Gemeinschaft gehören wollte, ließ sich taufen. Doch schon die junge Gemeinde merkte, dass es allein mit einem schönen Taufgottesdienst nicht getan war. Da stiegen keine völlig neuen Menschen aus dem Wasser. Es war ein Anfang gemacht, dem jetzt ein verändertes Leben folgen sollte. Die Taufe begründete einen lebenslangen Prozess der Veränderung in das Vorbild Jesu.

In unserer Kirche taufen wir auch Kinder, die in einer christlichen Familie und Gemeinde aufwachsen und diese Zusage Gottes nicht erst als Erwachsene wie eine Kehrtwende erleben, sondern sie von klein auf hören und erfahren. Wir taufen auf Hoffnung, dass diese Kinder eines Tages, wenn ihr Glaube gereift ist, zu ihrer Taufe Ja sagen können. Auch dann ist noch ein lebenslanger Weg vor ihnen, auf dem sie mit Jesu Hilfe ihm ähnlicher werden können.

Kolosser 3,1-14

Wenn ihr nun mit Christus auferweckt seid, dann orientiert euch nach oben, wo Christus ist! Gott hat ihm den Ehrenplatz an seiner rechten Seite gegeben. Richtet also eure Gedanken nach oben und nicht auf die irdischen Dinge! Ihr seid doch gestorben, und euer Leben ist mit Christus bei Gott verborgen. Wenn einmal Christus, euer Leben, allen sichtbar wird, dann werdet auch ihr mit ihm zusammen in der ganzen Herrlichkeit sichtbar werden, die euch jetzt schon geschenkt ist. Darum tötet alles, was an euch noch irdisch ist: Unzucht, Ausschweifung, Leidenschaft, böse Lust und die Habsucht. Habsucht ist so viel wie Götzendienst. Wegen dieser Dinge kommt das Gericht Gottes. Auch ihr habt früher entsprechend gelebt, als ihr noch ganz dem Irdischen verhaftet wart. Aber jetzt müsst ihr das alles ablegen, auch Zorn und Aufbrausen, Boshaftigkeit, Beleidigung und Verleumdung. Belügt einander nicht mehr! Ihr habt doch den alten Menschen mit seinen Gewohnheiten ausgezogen und habt den neuen Menschen angezogen: den Menschen, der in der Weise erneuert ist, dass er nun Gott erkennt und weiß, was Gott will – der erneuert ist nach dem Bild dessen, der ihn am Anfang nach seinem Bild geschaffen hat! Wo diese Erneuerung geschehen ist, da zählt es nicht mehr, ob jemand zu den Griechen gehört oder zu den Juden, ob jemand beschnitten ist oder unbeschnitten, ob jemand zu einem unzivilisierten Volk gehört oder gar zu einem Stamm von Wilden, ob jemand im Sklavenstand ist oder frei. Was einzig noch zählt, ist Christus, der in allen lebt und der alles wirkt. Ihr seid von Gott erwählt, der euch liebt und zu seinem heiligen Volk gemacht hat. Darum zieht nun wie eine neue Bekleidung alles an, was den neuen Menschen ausmacht: herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Bescheidenheit, Milde, Geduld. Ertragt einander! Seid nicht nachtragend, wenn euch jemand Unrecht getan hat, sondern vergebt einander, so wie der Herr euch vergeben hat. Und über das alles zieht die Liebe an, die alles andere in sich umfasst. Sie ist das Band, das euch zu vollkommener Einheit zusammenschließt.

Wer getauft ist, ist praktisch aus dem Wasser gerettet worden. In der Zeitung las ich von einem Surfer, der vor der schottischen Küste 30 Stunden im Wasser getrieben war, bevor er gerettet wurde. Kaum ermessen kann ich, wie froh er über diese Rettung gewesen sein wird. Ihm ist das Leben noch einmal geschenkt worden. So ist die Erfahrung des Täuflings. Er will nun dem Retter nahe bleiben und von ihm die Kraft für ein neues Leben bekommen, um nie mehr in eine solche Seenot zu geraten.

Doch ein Problem taucht auf. Hat der oder die Getaufte mit der Taufe ein neues Kleid für ihr Leben bekommen, ist es nicht selbstverständlich, dass sie die alten Kleider ablegt. Alte Kleider, so nennt sie der Kolosserbrief, sind Egoismus und Verhaltensweisen, die die Gemeinschaft zerstören. Wie Keime, die gesamte Trinkwasservorkommen verseuchen können, zerstören diese alten Kleider die neuen. Die Taufe zieht keine Veränderung nach sich.

So wurden die Christen in Kolossä aufgefordert, sich bewusst von den alten Kleidern zu trennen. Kennen wir das nicht von unseren Kleiderschränken? Wir haben etwas Neues gekauft, aber können uns trotzdem nicht von den alten Klamotten trennen. Statt auszumisten, stopfen wir das Neue noch dazu. 

Hier werden wir aufgefordert, die neuen Kleider, die Jesus uns anbietet, anzuprobieren: Die Liebe zu anderen, die wir schon einmal in der Gemeinde einüben können, um sie dann im größeren Stil zu leben. Erbarmen, Güte, Demut, Sanftmut, Langmut, einander Ertragen und Vergeben gehören nun zu unserer Grundgarderobe. Da macht es doch Sinn, dass wir uns von allem trennen, das diesen alten Verhaltensweisen im Wege steht.

Konkret werden wir aufgefordert, diese Haltung der Annahme gegenüber denen zu leben, mit denen wir in der Gemeinde zusammengestellt sind.
Wie kann das im Einzelnen aussehen?

  • Ich nehme den anderen, die andere wahr. Ich höre ihm zu, ich interessiere mich für sie, ich versuche, ihn durch Jesu Brille zu betrachten. Ich frage mich, was ich für ihn oder sie tun kann. Was er für mich tun könnte, für welche Aufgaben ich die andere einspannen könnte, kommt erst an zweiter Stelle.
  • Ich achte auf den anderen, die andere. Ich helfe ihm, an Jesus dranzubleiben, ermutige in Krisenzeiten, frage nach und bete für ihn oder sie. Die Kinder und Jugendlichen, die im Glauben heranwachsen, begleite ich, frage nach ihrem Ergehen, freue mich über Begegnungen und bin da, wenn sie Hilfe brauchen.
  • Ich lasse auf mich achten. Auch ich brauche jemand, der nach mir schaut, denn auch ich bin ja noch nicht perfekt, kämpfe mit den alten Kleidern in meinem Herzen. Wie gut, wenn jemand mir zur Seite steht, wenn ich von Zweifeln gepackt werde. Wie befreiend, wenn da jemand ist, mit dem ich offen reden kann und weiß, dass er mir zuhört, für mich betet und an meiner Seite bleibt, auch in unruhiger See.
  • Ich nehme dich an, wie du mich annimmst. Sind wir in Christus geeint, gibt es keine sozialen Grenzen mehr. Die Ähnlichkeit mit Jesus überstrahlt alle Unterschiede.
Manche Chöre legen Wert auf Einheitlichkeit, sie tragen die gleichen Chor-Roben oder zumindest gleiche Farben. Ein solcher Chor vermittelt Einheit. Nun bin ich gar kein Fan von Chor-Roben und schwarzen Chor-Hemden, aber dieses Bild passt zu uns Christen. Die neuen Kleider, die Jesus uns anbietet, lassen die Unterschiede, auch die Vermögens-Unterschiede verschwinden. Wir sind eins in ihm und mit ihm.

Doch es kommt ja nicht auf Äußerlichkeiten an. Auch wenn wir nun ab der Taufe alle in weißen Klamotten herumlaufen würden, noch mit Jesus-Smiley auf der Brust, könnten wir doch unsere Unterschiede anderweitig kultivieren. Kinder, die in der Schule eine Uniform tragen, zeigen ihre Individualität durch Haarspangen, Frisuren und Uhren. Es gibt immer Wege zu zeigen, dass man was Besseres als der Rest ist. Entscheidend ist deshalb der innere Prozess, die Vorbehalte gegeneinander nicht zu kultivieren, sondern sie bewusst auszuräumen.

Weil du und ich einen gemeinsamen Vater haben, haben wir beide Lebensrecht, sind wir beide geliebt und müssen wir beide versuchen, die Gemeinsamkeiten zu stärken und die Unterschiede zu ertragen. Es führt kein Weg daran vorbei, wenn wir das neue Leben nach der Taufe ernstnehmen.

Wir werden heute ein Kind in unserer Gemeinde taufen. Jesus überreicht dem Kind ein neues Kleid. Das Kind wird in dieses Kleid der Liebe Gottes erst hineinwachsen. Wir als Gemeinde, die Eltern und Familie wollen alles dafür tun, dass das Kind möglichst wenige Klamotten ansammelt, die es von Jesus und einem Leben mit ihm abhalten. Wir wollen mithelfen, dass es das neue Kleid gerne trägt, das es mit Jesus verbindet. Eine der besten Voraussetzungen dafür ist, wenn wir selbst Jesu neues Kleid gerne tragen und der Liebe Gottes in unserem Leben vielfältig Raum geben.

Cornelia Trick


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