Gottesdienst am 28.4.2019
in Brombach
Liebe Gemeinde,
auf der Straße traf
ich letzte Woche einen Nachbarn, der mir mit vollem Einkaufskorb entgegenkam.
Normalerweise grüßen wir uns mit einem kurzen Hallo. Aber es
war Osterwoche, so rief ich ihm „Frohe Ostern“ zu. Er schaute mich irritiert
an, wahrscheinlich überlegte er blitzschnell, ob ich mich in der Woche
vertan hatte, oder ob wir Methodisten Ostern später feiern. Jedenfalls
wusste er offenbar nicht, was er nun zu mir sagen sollte. Ich half ihm
und erläuterte ihm, dass für mich die Osterfreude noch anhält,
und ich sah, wie sich seine Gesichtszüge entspannten, ja, damit konnte
er dann doch etwas anfangen.
Noch ein paar Mal habe
ich es mit „Frohe Ostern“ ausprobiert und jedes Mal die ähnliche Reaktion
geerntet. Ist Ostern wirklich schon vorbei? Auch für uns, die wir
Jesus vielleicht näher sind als manche Zeitgenossen auf der Straße?
Der Alltag meldet sich
mit Macht zurück. Nicht nur die Oster-Anschläge in Sri Lanka
erinnern uns daran, auch eigene Schwierigkeiten haben sich mit Ostern nicht
einfach in Wohlgefallen aufgelöst. Doch die Osterberichte enden nicht
an Ostersonntag, sie gehen weiter und nehmen uns mit, um unseren nach-österlichen
Alltag in ihrem Licht zu sehen.
Das Johannesevangelium
schließt mit einer sehr eindrücklichen Begegnung mit dem Auferstandenen
Jesus in Galiläa am See Genezareth, wo drei Jahre zuvor Jesu Wirken
begann:
Johannes 21,1-14
Später zeigte sich
Jesus seinen Jüngern noch einmal am See von Tiberias. Das geschah
so: Simon Petrus, Thomas, der Didymus genannt wird, Natanael aus Kana in
Galiläa,die Söhne des Zebedäus sowie zwei weitere Jünger
waren dort am See beieinander. Simon Petrus sagte zu den anderen: »Ich
gehe fischen!« Sie antworteten ihm: »Wir kommen mit.«
Sie gingen zum See und stiegen ins Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie
nichts. Als es schon Tag geworden war, stand Jesus am Ufer. Die Jünger
wussten aber nicht, dass es Jesus war. Jesus fragte sie: »Kinder,
habt ihr nicht etwas Fisch zu essen?« Sie antworteten ihm: »Nein!«
Da sagte er zu ihnen: »Werft das Netz an der rechten Bootsseite aus.
Dann werdet ihr etwas fangen!« Sie warfen das Netz aus. Aber dann
konnten sie es nicht wieder einholen, so voll war es mit Fischen. Der Jünger,
den Jesus besonders liebte, sagte zu Petrus: »Es ist der Herr!«
Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr war, warf er sich seinen
Mantel über und band ihn hoch. Er trug nämlich nur ein Hemd.
Dann sprang er ins Wasser. Die anderen Jünger folgten im Boot und
zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her. Sie waren nicht mehr weit
vom Ufer entfernt, nur etwa zweihundert Ellen. Als sie an Land kamen, sahen
sie dort ein Holzkohlenfeuer brennen. Darauf brieten Fische und Brot lag
dabei. Jesus sagte zu ihnen: »Bringt ein paar von den Fischen, die
ihr gerade gefangen habt.« Simon Petrus ging zum Ufer und zog das
Netz an Land. Es war voll mit großen Fischen – genau 153 Stück.
Und das Netz zerriss nicht, obwohl es so viele waren. Da sagte Jesus zu
ihnen: »Kommt! Es gibt Frühstück!« Keiner der Jünger
wagte es, ihn zu fragen:»Wer bist du?« Sie wussten doch, dass
er der Herr war. Jesus trat zu ihnen, nahm das Brot und gab ihnen davon.
Genauso machte er es mit dem Fisch. Das war nun schon das dritte Mal, dass
Jesus sich den Jüngern zeigte, nachdem er vom Tod auferstanden war.
Jesus steht am Ufer
Warum wohl die sieben
Jünger am See waren? Sind sie vielleicht auf des Wort der Frauen hin
nach Galiäa zurückgegangen, um dort Jesus zu begegnen? Oder sind
sie einfach in ihr altes Leben zurückgekehrt als Fischer oder Handwerker,
als hätte es die Zeit mit Jesus nicht gegeben?
Von ihnen wird berichtet,
dass sie ihrer Alltagsbeschäftigung nachgingen, so wie wir morgen
wieder zur Arbeit gehen oder unseren Garten beackern. Die Jünger hatten
offenbar keinen Gedanken daran, Jesus zu begegnen, denn obwohl Jesus am
Ufer stand, brauchte Petrus erst den Lieblingsjünger, der ihn auf
Jesus aufmerksam machte: „Es ist der Herr!“, und auch die anderen Jünger
fragten sich bis zum gemeinsamen Essen, ob es wirklich Jesus war.
An einigen Erzählstücken
bleibe ich hängen:
Petrus eilt zu Jesus
Petrus kann es nicht erwarten,
zu Jesus zu kommen. Trotz seines Verrates in der Nacht der Gefangennahme
stürzt er sich ins Wasser, um schnell zu ihm zu kommen. Meine erste
Reaktion wäre eher Flucht und Verstecken gewesen. Doch Petrus sucht
Jesu Nähe.
Für mich ist das eine
Hilfestellung. Ich muss mich mit Schuld nicht vor Jesus verstecken. Ich
kann zu ihm rennen. Er ist doch der Einzige, der aus solchen verfahrenen
Situationen heraushelfen kann. Er ist der, der Vergebung zusprechen kann,
die heilt.
Mein erster Gedanke war,
dass ich ja nicht Petrus bin. Bei mir ist doch alles in Ordnung. Ich habe
Jesus nicht verraten. Aber stimmt das denn? Auch in meinem Inneren gibt
es Schuldgefühlte, den Eindruck, ungerecht behandelt zu werden, Neid.
Es sind genug Themen, die es wert sind, dass ich mich in die Fluten stürze
und zu Jesus komme, damit er mich reinigt und entlastet.
Das Frühstück
Als die Jünger mit
ihren Fischen ans Ufer kamen, bruzzelte Jesus schon Fische und Brot. Jesus
brauchte die Fische der Jünger offensichtlich nicht für das gemeinsame
Frühstück. Er hatte schon längst für alles gesorgt,
um die Jünger zu sättigen. Doch er nahm ihre Fische dazu, gab
ihnen die Wertschätzung, dass auch ihr Beitrag wichtig war.
Das ist eine österliche
Botschaft für alle, die meinen, die Verantwortung für die Welt
auf ihren Schultern zu tragen. Jesus sorgt für uns, er hat genug,
um uns umfänglich satt zu machen. Auch in erfolglosen Arbeitsphasen
brauchen wir nicht den Mut zu verlieren, denn Jesus hat angerichtet.
Das bedeutet, die eigene
Arbeit nicht so wichtig zu nehmen, mit Misserfolgen gelassener umzugehen.
Unser Wert richtet sich nicht nach der Menge der gefangenen Fische, sondern
daran, dass Jesus mit uns Zeit verbringen will. Alles, was wir mit unserem
Mühen beitragen können, ist von Jesus ermöglicht und geschieht
auf sein Wort hin.
Das gemeinsame Frühstück
am Seestrand erinnerte die Jünger damals und uns ans Abendmahl. Wir
werden beim Mahl des Herrn ermutigt: „Du bist es Jesus wert. Du kannst
mit leeren Händen kommen und wirst trotzdem satt.“
Johannes 21,15-23
Nach dem Frühstück
sagte Jesus zu Simon Petrus: »Simon, Sohn des Johannes, liebst du
mich mehr als irgendein anderer hier?« Er antwortete ihm: »Ja,
Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe.« Da sagte Jesus zu
ihm: »Sorge für meine Lämmer!« Dann fragte er ihn
ein zweites Mal: »Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich?«
Petrus antwortete: »Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb
habe!« Da sagte Jesus zu ihm: »Führe meine Schafe zur
Weide!« Zum dritten Mal fragte er ihn: »Simon, Sohn des Johannes,
hast du mich lieb?« Da wurde Petrus traurig, weil er ihn zum dritten
Mal gefragt hatte: »Hast du mich lieb?« Er sagte zu Jesus:
»Herr, du weißt alles! Du weißt, dass ich dich lieb habe!«
Da sagte Jesus zu ihm: »Sorge für meine Schafe! Amen, amen,
das sage ich dir: Als du jung warst, hast du dir selbst den Gürtel
festgebunden. Du bist dahin gegangen, wohin du wolltest.Aber wenn du einmal
alt bist, wirst du deine Hände ausstrecken. Dann wird jemand anderes
dich festbinden. Er wird dich dahin führen, wohin du nicht willst.
Mit diesen Worten deutete Jesus an, wie Petrus einst sterben würde
und wie er dadurch die Herrlichkeit Gottes sichtbar machen sollte. Dann
sagte Jesus zu Petrus: »Folge mir!«
Petrus drehte sich um.
Er sah, dass der Jünger, den Jesus besonders liebte, ihm ebenfalls
folgte. Es war derselbe Jünger, der beim Festmahl an der rechten Seite
von Jesus gelegen hatte. Er hatte Jesus damals gefragt: »Herr, wer
ist es, der dich den jüdischen Behörden ausliefern wird?«
Als Petrus ihn sah, fragte er Jesus: »Herr, was wird aus ihm?«
Jesus erwiderte:
»Wenn ich will,
dass er bleibt, bis ich wiederkomme – was geht das dich an? Du jedenfalls
sollst mir folgen!« Deswegen kam in der Gemeinde das Gerücht
auf, dass dieser Jünger nicht sterben muss. Aber Jesus hatte nicht
gesagt, dass er nicht sterben muss. Sondern er hat gesagt: »Wenn
ich will, dass er bleibt, bis ich wiederkomme – was geht das dich an?«
Das Zwiegespräch
Dreimal fragt Jesus Petrus,
ob er ihn lieber hat als die anderen ihn liebhaben. Die Fragen entsprechen
dem dreifachen Verrat des Petrus im Hof des Hohen Rates. Wir werden hier
Zeugen einer therapeutischen Trauerarbeit. Jesus wischt das Scheitern von
Petrus nicht einfach weg, er kehrt es nicht unter den Teppich oder entschuldigt
es mit Petrus Charakter, der nun mal so ist. Jesus geht mit Petrus die
Schritte des Verrats sozusagen rückwärts. Seine Fragen variieren
die entscheidende Frage an Petrus, ob er immer noch eine Beziehung zu Jesus
hat und sie will. Wenn er an dieser Beziehung festhalten will, so ist ihm
seine Schuld vergeben. Das führt bei Petrus zu noch größerer
Liebe als zuvor. Er hat nun eine stärkere Bindung, denn er weiß,
wie es sich anfühlt, aus der Beziehung weggelaufen zu sein. Er empfindet
eine überwältigende Dankbarkeit. Er fühlt sich aufgehoben
aus dem Staub und mit einer neuen Chance beschenkt. Er hat in diesem Prozess
Jesus intensiv kennengelernt als den, der auch Versagern die Hand reicht.
Jesus will auch mit uns
solche Zwiegespräche führen. Er begegnet uns gerade dort, wo
wir am Ende sind und uns aus eigener Kraft nicht retten können. Er
kommt uns in der Tiefe unserer Seele nahe. Da sind Haltungen verborgen,
die Jesus genauso verraten, wie Petrus es öffentlich tat.
-
Hochmut: Ich schaffe mein
Leben aus eigener Kraft, mir wird schon nichts passieren.
-
Angst: Als ob es Jesus und
seine Zusage der Nähe nicht gäbe, sorge ich mich um alles und
jedes.
-
Verzweiflung: Obwohl ich glaube,
dass Jesus Netze füllen kann, gebe ich auf, weil meines wieder leer
ist.
-
Dickköpfigkeit: Ich halte
an meinen Plänen und Einstellungen fest, als ob mich Jesus nicht auf
eine Glaubensreise schicken würde, die mich verändert.
-
Verweigerung: Ich will meinen
und nicht Jesu Weg gehen – mit allen Mitteln.
Jesus fragt: „Hast du mich
lieb?“ Weißt du, dass ich dir das Leben gerettet habe und immer wieder
rette? Und wenn ich darauf mit Ja antworte, dann heißt es, ich lasse
es zu, mich von Jesus retten und verändern zu lassen.
Petrus und sein Mega-Auftrag
Gerade ist er aus dem
Beichtstuhl entlassen, da bekommt Petrus gleich eine Job-Zusage. Er soll
in Jesu Betrieb einsteigen und Schafe hüten, das heißt, Gemeinden
bauen. Die Erfahrung der Vergebung macht ihn fähig dazu und auch zu
seinem Martyrium, das ihn am Ende seines irdischen Weges erwarten wird.
Welchen Auftrag gibt Jesus
mir? Wie kann ich dazu beitragen, dass seine Liebe zu meinen Mitmenschen
kommt? Darüber will ich diese Woche verstärkt nachdenken.
Wir sind nicht Petrus und
leben – Gott sei Dank – in einem friedlichen Teil dieser Erde. Doch eine
Wahrheit für alle steckt in Jesu Worten an Petrus. Je älter wir
werden, je mehr müssen wir lernen, dass nicht unser Wille geschehe,
sondern sein Wille. Wir müssen loslassen und uns voller Vertrauen
der Führung Jesu anvertrauen. Der Weg wird nicht unbedingt einfacher
dadurch, die letzte Wegstrecke auf Erden ist oft durch Leiden geprägt.
Aber wir gehen an Jesu Hand, und er geht voraus, das ist die Zusage, die
uns tragen soll.
Als wenn der alte Petrus
noch einmal durchblitzt, dreht er sich um, sieht den Lieblingsjünger
und fragt Jesus nach ihm. In dieser kleinen Frage steckt so viel mehr,
Vergleichen, Neid, Missgunst, die Frage, wen Jesus mehr liebt. Jesus geht
darauf nicht ein. Er verweist Petrus streng auf sich selbst.
Jesus verweist auch uns
mit unseren ganz individuellen Lebensführungen auf uns selbst. Egal,
wie es den Leuten um uns geht, wichtig ist, dass jeder und jede Einzelne
ihren Weg mit Jesus geht und ihm vertraut.
Mit diesen kurzen Sätzen
gibt uns Jesus einen Hinweis auf unser Zusammenleben als Gemeinde. Er warnt
uns vor Vergleichen, er fordert uns heraus, ihm zu vertrauen und aus der
Erfahrung von Vergebung und Neuanfang zu leben. Er lädt uns alle an
seinen gedeckten Tisch, den nur er bestückt. Von ihm können wir
alles erwarten, von ihm hängt alles ab.
Cornelia
Trick
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