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Liebe Gemeinde, liebe Schwestern
und Brüder,
Wir sind wohl Meister darin, das offene Grab Jesu wieder zuzuschütten. Eigene Themen werfen wir da rein, die uns umtreiben und jede Osterhoffnung vertreiben. Die Routine frisst die Osterfreude. Wir laufen weiter auf eingefahrenen Wegen. Was soll sich daran durch den Ostermorgen ändern? Beten wir seitdem mehr, lesen wir öfter in der Bibel, haben wir mehr Gottvertrauen? Und auch der Schrecken dieser Welt, Nachrichten über Unglücke und Terror lassen uns hilflos zurück, als hätte es Ostern nie gegeben. Müssen wir uns damit abfinden? Das Johannesevangelium deutet mit seinem letzten Kapitel an, wie sich die Osterfreude durchsetzen kann. Johannes 21,1-13 Die Jünger hatten am Abend des Ostertages ihre Ostererfahrung (Johannes 20,19-23). Jesus kam zu ihnen und sprach ihnen zu „Fürchtet euch nicht!“ Er sandte sie aus, um das Evangelium anderen Menschen weiterzusagen. Eigentlich müsste nun die Apostelgeschichte folgen, Berichte, wie die Jünger Gemeinden gründeten und Menschen mit Jesus in Kontakt brachten. Stattdessen lesen wir von Fischergeschichten. Die Jünger sind nicht in alle Welt aufgebrochen, sondern zurück in ihre Heimat gegangen, nach Galiläa. Vielleicht trieb sie auch die Hoffnung zurück, dort wo ihnen Jesus das erste Mal begegnet ist, wieder an die erste Liebe zu ihm anzuknüpfen. Ein kleiner Kreis der Jünger hatte sich an dem See zusammengefunden, wo sie so viel mit Jesus erlebt hatten. Petrus, der Jesus begeistert gefolgt war und hart scheiterte, Thomas, dem Jesus persönlich begegnet ist, um ihn von seiner Auferstehung zu überzeugen, Nathanael, dem Jesus vorhergesagt hatte, dass er den Himmel offen sehen würde, Jakobus und Johannes, die immer schon zum engsten Kreis Jesu gehörten, der Lieblingsjünger, der ganz nah an Jesu Herz war und Jünger ohne Namen. Ist er es, mit dem wir uns heute identifizieren können, als wären wir damals auch am See dabei gewesen? Die Stimmung dort am See war nicht überschäumend, sondern wohl eher verhalten. Das Grüppchen wirkt alleingelassen wie eine kleine Gemeinde, die in der Vergangenheit viel mit Jesus erlebt hat, aber irgendwann den Schwung verlor und sich nun fragt: „Wohin sollen wir aufbrechen? Wie sollen wir weitermachen?“ Ratlosigkeit und Resignation nehmen überhand, Jesus ist irgendwie verschwunden. Petrus hält die Spannung nicht mehr aus. Er geht fischen. Das hatte er gelernt und kann es. Die anderen kommen mit. Hoffen sie insgeheim, dass Jesus ihnen noch einmal begegnet wie am Anfang, als er Petrus von den Fischen wegholte? Die Fischer gehen ihrem Beruf nach, man könnte meinen, sie sind am Tiefpunkt ihrer Berufung angelangt, nichts mehr von Jesus oder Weltmission. Aber es kommt noch schlimmer, denn die Netze bleiben leer. Selbst das gelingt ihnen nicht mehr. Auch hier findet sich manche Gemeinde wieder. Nachdem der Schwung verloren gegangen ist, fährt man das Programm herunter, macht das Kernprogramm jeder Gemeinde, Gottesdienst und Bibelstunde. Aber auch das fruchtet nicht, die Plätze bleiben leer, kein Bedarf mehr? In diese Nacht bricht plötzlich Licht ein: „Es wurde schon Morgen, da stand Jesus am Ufer“. Jesus hat Nacht und Tag ein Auge auf seine Leute. Er deckt Ohnmacht und Unvermögen auf: „Habt ihr nichts zu essen? Seid ihr orientierungslos auf eurem Boot?“ Er fordert eine Antwort heraus, das Eingeständnis, mit leeren Händen vor ihm zu stehen. Das fiel den Jüngern damals sicher nicht leichter als uns heute. Wir haben es nicht in der Hand, dass unsere Netze gefüllt werden, weder in unserem persönlichen Leben, noch im Leben unserer Gemeinde. Jesus ermutigt zu einem zweiten Versuch, doch jetzt sind die Augen der Jünger auf Jesus gerichtet. Er sorgt für volle Netze, nicht die Jünger. Sie erkennen, es ist der Herr, nur er kann leere Netze und Hände füllen. Drei Versuchungen können davon abhalten, auf Jesus zu schauen:
Am Ufer werden die leeren Hände und Mägen der Jünger von Jesus gefüllt. Am Kohlefeuer können sie sich wärmen, mit Brot und Fisch werden sie gesättigt. Vielleicht erinnern sie sich an Jesu Brotvermehrung, von der wir im 6. Kapitel des Johannesevangeliums lesen. Da schon erklärte Jesus ihnen, dass er Brot des Lebens ist. Wenn sie mit ihm in Verbindung sind, wird ihr Hunger nach Leben, Liebe, Wärme und Geborgenheit gestillt. Die 153 Fische, die die Jünger an Land gezogen haben, sind nicht mehr nötig. Jesus hat das Essen längst vorbereitet. Dass die Jünger mitfischen durften, ist Seelsorge an ihnen. Wie sie dürfen auch wir an Jesu Mission mitwirken, Menschen zu Jesus einladen, Gemeinde gestalten, als Gemeinde in dieser Welt wirken. Jesus könnte das auch ohne uns, dass wir mitmachen dürfen, ist sein Geschenk an uns und gibt unserem Leben Sinn. Man hat viel über die Zahl 153 gerätselt. Wahrscheinlich sind damit die Nationen der Welt gemeint, damals zählte man 153 Nationen. So wird mit diesen Fischen die Weltmission angedeutet, die Jünger werden nach der Fischergeschichte doch noch in die Welt gehen und dort wirken. Die Apostelgeschichte folgt der Fischergeschichte. Jesus steht am Ufer, er begleitet uns auch in der Zeit nach Ostern. Er ist der Herr, wir können das Grab nicht zuschütten, er hält es offen. Er will uns stärken für unsere Aufgabe, seine Liebe weiterzugeben. Er weckt uns in Zeiten der Nacht und Resignation. Er bleibt am Ufer stehen, auch wenn wir unsere letzte Reise auf dieser Erde antreten. So ist es auf einem Grabstein auf dem Friedhof als Überschrift über den Verstorbenen zu lesen: „Jesus steht am Ufer“, er erwartet uns. Cornelia
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