Mit Jesus in Kontakt (Kolosser 2,6-7)
Gottesdienst am 7.5.2017 in Brombach

Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder,
beim Café Willkommen, das vom örtlichen Freundeskreis Asyl vierzehntäglich organisiert wird, hatte ich ein interessantes Gespräch mit einer 12-jährigen Muslimin. Sie fragte mich nach meiner Religionszugehörigkeit. Als ich ihr antwortete, ich sei Christin, konnte sie damit gar nichts anfangen. Sie hatte bis dahin nur von Evangelischen und Katholischen gehört. Offenbar haben ihr andere auf die Frage mit ihrer Konfessionszugehörigkeit geantwortet. 

Doch was liegt evangelisch und katholisch zugrunde? Wie würden wir uns beschreiben? Macht unseren Glauben die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kirche oder Gemeinde aus, oder dass wir zu Jesus gehören? Die Gemeinde ist ja eigentlich so etwas wie die Familie, in der wir unseren Glauben leben. Es muss also mehr geben, als zu einer Kirche zu gehören.

Der Kolosserbrief thematisiert Jesus als das Zentrum des Glaubens und wie wir in Beziehung zu ihm leben können. 

Kolosser 2,6-7

Ihr habt Jesus Christus als den Herrn angenommen; darum lebt nun auch in der Gemeinschaft mit ihm und nach seiner Art! Seid in ihm verwurzelt und baut euer Leben ganz auf ihn. Bleibt im Glauben fest und lasst euch nicht von dem abbringen, was euch gelehrt worden ist. Hört nicht auf zu danken für das, was Gott euch geschenkt hat.

Christus als Herrn angenommen
In unserer Erfahrungswelt sind wir meistens durch unser Elternhaus mit Jesus Christus in Berührung gekommen. Viele von uns sind mit den Eltern mehr oder weniger regelmäßig zur Kirche gegangen und haben gelernt:

  • Gott liebt mich.
  • Gott beschützt mich.
  • Gottes Segen ist wie ein großer Regenschirm über meinem Leben.
  • Der Tod ist nicht endgültig, wir hoffen auf die Ewigkeit.
Geantwortet wird auf Gottes Liebe und Fürsorge mit einer dankbaren Lebenshaltung, einem integren Lebenswandel und der Zugehörigkeit zu einer Gemeinde.

Die Beziehung zu Jesus können wir dabei sehr unterschiedlich leben. 

Eine Möglichkeit wäre, mit Jesus in einer WG, einer Wohngemeinschaft zusammen zu wohnen: Wenn man sich in der Küche oder auf dem Flur trifft, sagt man Hallo. Das wäre vergleichbar mit einem Tisch- oder Abendgebet. Man hält sich an die Regeln der WG. Übertragen würden wir uns an Jesu Doppelgebot der Liebe halten, Gott und den Nächsten zu lieben wie uns selbst. In der WG bringen wir uns in gemeinsamen Putz- und Dienstplänen ein und teilen die Kosten. Für Jesus erledigen wir auch Dienste, haben vielleicht Aufgaben in der Gemeinde übernommen und uns in Listen eingetragen. Wir tragen zum Haushalt der Gemeinde durch unsere Spenden bei und spenden auch sonst.

An sich hört sich dieses Zusammenleben sehr verbindlich und harmonisch an, doch jeder und jede hat sein Zimmer und dort seine absolute Privatsphäre. Man kramt nicht in den Schubladen der anderen und nimmt sich nicht einfach ein Hemd aus dem anderen Schrank. Jeder hat eigene Freunde und ist nicht Rechenschaft schuldig, wenn er mal länger unterwegs ist oder erst morgens früh nach Hause kommt. Eine WG kann eine wunderbare Lebensgemeinschaft auf Zeit sein, aber sie ist zuerst Zweckgemeinschaft, es ist billiger und man ist nicht ganz allein.

Eine solche WG in Glaubensdingen würde bedeuten, wir freuen uns, dass Jesus bei uns ist, uns segnet und beschützt, aber wir haben dabei alle Freiheiten, unser eigenes unabhängiges Leben zu gestalten. Wir müssen uns nur an die verabredeten Pläne und Regeln halten. Das wirkt für eine tiefgreifende Lebensgemeinschaft etwas distanziert und äußerlich. Will er wirklich nur in der WG mit uns leben oder uns auf Schritt und Tritt nahe sein?

Verwurzelt in Jesus und auf ihn bauend
Paulus oder ein Schüler von ihm, der diesen Brief wahrscheinlich geschrieben hat, zeichnet ein Bild, mit dem er die Beziehung zu Jesus beschreibt. Ein Baum hat Wurzeln. Wenn er lebensfähig sein soll, müssen seine Wurzeln tief in die Erde reichen. Es sind die Lebensadern, die dem Baum Wasser und Nährstoffe zuführen. Fehlt dem Baum die Erde, in die er seine Wurzeln wachsen lassen kann, wird er sterben. Ein Weihnachtsbaum mit Wurzelballen wird genauso absterben wie normale, geschlagene Weihnachtsbäume, wenn er nicht in den Garten gepflanzt wird und die Wurzeln sich in der Erde ausbreiten können.

Ein Christ ist auch nicht lebensfähig ohne Erde, und diese Erde ist mehr als eine WG-Gemeinschaft. Jesus als Erde lässt uns wachsen und verändert uns.

  • Jesus öffnet meine verschlossenen Türen und Schubladen.
Die Türen zu den verschlossenen Orten meiner Seele haben oft die Aufschrift „Angst“. Ich habe Angst vor Anklagen, meinen eigenen, den von anderen: Du genügst nicht, du hast keinen Erfolg, du bist schuld, so wie du bist, kann dich keiner lieben. Weil diese Ängste verborgen werden müssen, tue ich so, als wäre ich ganz toll, oder ich verkrieche mich und mache mich unsichtbar. 

Angst kann ich auch haben, wenn die Aufgaben mir über den Kopf wachsen. Wie in einem Alptraum renne ich einen langen Flur ohne Türen entlang, gehetzt und verfolgt von einer vermummten Person. Meine Angst lässt mich immer schneller bis zum Zusammenbruch laufen.

Angst machen kann auch die Zukunft. Es könnten so viele schlimme Dinge passieren. Weil ich diese schlimmen Dinge schon jetzt ständig vor mir sehe, bin ich wie gelähmt und lebe, als wäre alles Schlimme schon jetzt eingetreten.

In Jesus verwurzelt zu sein und auf ihn zu bauen, öffnet diese Türen, Jesus sieht sie sich an und teilt sie mit uns. 

  • Ich breite meine Ängste vor Jesus aus.
Jesus selbst hat uns im Garten Getsemane vorgelebt, wie es an die Substanz gehen kann, den Lebensängsten ins Gesicht zu sehen. Er rang mit seinem Vater im Himmel, sogar sein Angstschweiß, der wie Blut wurde, ist erwähnt. Wie sollte es uns anders gehen. Psalm 13 ist für mich eine gute Hilfe,  in solchen Situationen überhaupt Worte zu finden. Da heißt es:

„HERR! Hast du mich für immer vergessen?
Wie lange willst du dich noch verbergen?
Wie lange sollen mich die Sorgen quälen, soll der Kummer Tag für Tag an meinem Herzen nagen?
Wie lange dürfen meine Feinde mich noch bedrängen?
Sieh mich doch wieder an, HERR!
Gib mir Antwort, du mein Gott!
Mach es wieder hell vor meinen Augen, damit ich nicht in Todesnacht versinke!
Sonst sagen meine Feinde: »Den haben wir erledigt!«, und jubeln über meinen Sturz.“

Meine Ängste kann ich Jesus in die Hand legen. Er hört mich. Doch es ist ein Wagnis. Wird er mich nicht nur hören, sondern sich auch um mich kümmern? 

Unser Gemeinde-Overhead-Projektor war kaputt. Das Gerät ist hochwertig, einige Hundert Euro wert, so entschieden wir, es an die Herstellerfirma in Düsseldorf einzuschicken. Im Internet konnte ich einen Reparaturbogen ausfüllen und unsere Adresse vermerken. Ich hatte ein komisches Gefühl auf der Post. Ich hatte noch nie was von der Firma gehört. Gab es sie überhaupt? Würde man sich mit dem in die Jahre gekommenen Overhead-Projektor beschäftigen? Würden sie ein reeles Angebot machen? Ich konnte ja schlecht nach Düsseldorf fahren und den Projektor wieder zurückholen. Wochenlang warteten wir, keine Nachricht aus Düsseldorf. Doch dann kam die erlösende Email – das Gerät ist nicht verlorengegangen oder wurde verschrottet, sondern repariert. 

So geht es uns vielleicht auch mit den Lebensängsten. Wir haben ein komisches Gefühl, Jesus zu bitten, unsere Ängste in die Hand zu nehmen. Wird er sich um unsere im Weltmaßstab kleinen Sorgen kümmern? Wird er uns jemals eine Antwort geben? Gibt es ihn überhaupt?

Ja, er kümmert sich noch viel lieber als die Firma in Düsseldorf, so steht es in der Bibel. Es ist seine tiefste Sehnsucht, uns zu helfen in dem Wirrwarr unseres Lebens. Er ist Tag und Nacht auf Empfang, um mit uns die Angsträume zu betreten und auszuräumen. 

Helfen kann uns in einer solchen Lage, die Worte des Psalmbeters nachzusprechen, unsere Gebete aufzuschreiben und auch im Gesangbuch oder in einem anderen Liederheft Lieder zu lesen, die zu unseren Erfahrungen werden können.

  • Mein verwurzelter Baum steht in einem Wald.
Ich lebe als Christ nicht allein in meinem Universum, sondern bin ein Baum neben vielen in einem ganzen Wald. In Zeiten von Sturm und Gefahr schützen mich die anderen Bäume, wie ich für andere Schutz sein kann. Ich erfahre diese Unterstützung durch Gebet und Fürbitte, durch ihr Zuhören, durch praktische Hilfe, auch durch gemeinsames Aushalten, wenn keine schnelle Lösung in Sicht ist. Als Jesus sich in Getsemane seinen Todesängsten stellte, bat er die Jünger, mit ihm zu wachen. Das können wir auch füreinander tun, uns beistehen, wach bleiben, bereit sein, wenn Hilfe nötig ist.

Im Glauben fest bleibend und nicht abweichend
Um diese Lebensgemeinschaft dauerhaft zu gestalten, hilft es, Aufgaben anzupacken, bei denen wir Jesus erleben können. 

Wer ein Fahrrad mit E-Antrieb fährt und dabei immer auf ebenen Straßen unterwegs ist, wird diesen Antrieb nie wirklich nötig haben. Wer dagegen auf Bergen unterwegs ist, weiß bald, was er an einem E-Fahrrad hat. Wenn wir mit unseren Lebens-Aufgaben immer im Wohlfühlbereich bleiben, wo unsere eigene Kraft ausreicht, werden wir Jesus nicht brauchen. Dagegen, bei Herausforderungen, die Mut und Durchhaltevermögen brauchen, ist Jesu Hilfe spürbar und stärkt unser Vertrauen zu ihm.

Für mein geistliches Leben muss ich selbst Verantwortung übernehmen und kann nicht davon ausgehen, dass Jesus mich ohne Zutun per Infusion füttert. Wie kann ich näher an Jesus herankommen? Vor welche Herausforderungen stellt mich Jesus? Die Antworten sind so verschieden, wie wir Menschen sind. Doch jeder Christ, jede Christin sollte seine Antwort kennen.

Unser Leben ist wie ein Schlüssel, so las ich in einem Buch von Leo Bigger, den das Leben formt. Der Schlüsselbart hat Zacken und Täler. Jesus formt uns durch Erfahrungen, die mal in die Höhe und mal in die Tiefe führen. Er macht unseren Lebensschlüssel zu genau dem Schloss passend, für das er uns ins Leben rief. Was wir zum Gelingen unseres Schlüssels beitragen können, ist, Jesus zu vertrauen, dass er nicht nur auf dem Flur ein Hallo mit uns wechseln will, sondern auch dort mitgenommen werden will, wo wir uns selbst kaum hintrauen.

Und sind wir mit Jesus unterwegs und haben erfahren, wie er eine Tür nach der anderen geöffnet hat, können wir uns mit dem Psalmbeter freuen:

„Ich verlasse mich auf deine Liebe,
ich juble über deine Hilfe.
Mit meinem Lied will ich dir danken, HERR,
weil du so gut zu mir gewesen bist.“ (Psalm 13,6)

Cornelia Trick


Home


Verantwortlich Dr. Ulrich Trick, Email: ulrich@trick-online.de
Internet-Adresse: http://www.predigt-online.de/prewo/prewo_mit_jesus_in_kontakt.htm