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Liebe Gemeinde, liebe Schwestern
und Brüder,
Doch was liegt evangelisch und katholisch zugrunde? Wie würden wir uns beschreiben? Macht unseren Glauben die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kirche oder Gemeinde aus, oder dass wir zu Jesus gehören? Die Gemeinde ist ja eigentlich so etwas wie die Familie, in der wir unseren Glauben leben. Es muss also mehr geben, als zu einer Kirche zu gehören. Der Kolosserbrief thematisiert Jesus als das Zentrum des Glaubens und wie wir in Beziehung zu ihm leben können. Kolosser 2,6-7 Christus als Herrn angenommen
Die Beziehung zu Jesus können wir dabei sehr unterschiedlich leben. Eine Möglichkeit wäre, mit Jesus in einer WG, einer Wohngemeinschaft zusammen zu wohnen: Wenn man sich in der Küche oder auf dem Flur trifft, sagt man Hallo. Das wäre vergleichbar mit einem Tisch- oder Abendgebet. Man hält sich an die Regeln der WG. Übertragen würden wir uns an Jesu Doppelgebot der Liebe halten, Gott und den Nächsten zu lieben wie uns selbst. In der WG bringen wir uns in gemeinsamen Putz- und Dienstplänen ein und teilen die Kosten. Für Jesus erledigen wir auch Dienste, haben vielleicht Aufgaben in der Gemeinde übernommen und uns in Listen eingetragen. Wir tragen zum Haushalt der Gemeinde durch unsere Spenden bei und spenden auch sonst. An sich hört sich dieses Zusammenleben sehr verbindlich und harmonisch an, doch jeder und jede hat sein Zimmer und dort seine absolute Privatsphäre. Man kramt nicht in den Schubladen der anderen und nimmt sich nicht einfach ein Hemd aus dem anderen Schrank. Jeder hat eigene Freunde und ist nicht Rechenschaft schuldig, wenn er mal länger unterwegs ist oder erst morgens früh nach Hause kommt. Eine WG kann eine wunderbare Lebensgemeinschaft auf Zeit sein, aber sie ist zuerst Zweckgemeinschaft, es ist billiger und man ist nicht ganz allein. Eine solche WG in Glaubensdingen würde bedeuten, wir freuen uns, dass Jesus bei uns ist, uns segnet und beschützt, aber wir haben dabei alle Freiheiten, unser eigenes unabhängiges Leben zu gestalten. Wir müssen uns nur an die verabredeten Pläne und Regeln halten. Das wirkt für eine tiefgreifende Lebensgemeinschaft etwas distanziert und äußerlich. Will er wirklich nur in der WG mit uns leben oder uns auf Schritt und Tritt nahe sein? Verwurzelt in Jesus und
auf ihn bauend
Ein Christ ist auch nicht lebensfähig ohne Erde, und diese Erde ist mehr als eine WG-Gemeinschaft. Jesus als Erde lässt uns wachsen und verändert uns.
Angst kann ich auch haben, wenn die Aufgaben mir über den Kopf wachsen. Wie in einem Alptraum renne ich einen langen Flur ohne Türen entlang, gehetzt und verfolgt von einer vermummten Person. Meine Angst lässt mich immer schneller bis zum Zusammenbruch laufen. Angst machen kann auch die Zukunft. Es könnten so viele schlimme Dinge passieren. Weil ich diese schlimmen Dinge schon jetzt ständig vor mir sehe, bin ich wie gelähmt und lebe, als wäre alles Schlimme schon jetzt eingetreten. In Jesus verwurzelt zu sein und auf ihn zu bauen, öffnet diese Türen, Jesus sieht sie sich an und teilt sie mit uns.
„HERR! Hast du mich für
immer vergessen?
Meine Ängste kann ich Jesus in die Hand legen. Er hört mich. Doch es ist ein Wagnis. Wird er mich nicht nur hören, sondern sich auch um mich kümmern? Unser Gemeinde-Overhead-Projektor war kaputt. Das Gerät ist hochwertig, einige Hundert Euro wert, so entschieden wir, es an die Herstellerfirma in Düsseldorf einzuschicken. Im Internet konnte ich einen Reparaturbogen ausfüllen und unsere Adresse vermerken. Ich hatte ein komisches Gefühl auf der Post. Ich hatte noch nie was von der Firma gehört. Gab es sie überhaupt? Würde man sich mit dem in die Jahre gekommenen Overhead-Projektor beschäftigen? Würden sie ein reeles Angebot machen? Ich konnte ja schlecht nach Düsseldorf fahren und den Projektor wieder zurückholen. Wochenlang warteten wir, keine Nachricht aus Düsseldorf. Doch dann kam die erlösende Email – das Gerät ist nicht verlorengegangen oder wurde verschrottet, sondern repariert. So geht es uns vielleicht auch mit den Lebensängsten. Wir haben ein komisches Gefühl, Jesus zu bitten, unsere Ängste in die Hand zu nehmen. Wird er sich um unsere im Weltmaßstab kleinen Sorgen kümmern? Wird er uns jemals eine Antwort geben? Gibt es ihn überhaupt? Ja, er kümmert sich noch viel lieber als die Firma in Düsseldorf, so steht es in der Bibel. Es ist seine tiefste Sehnsucht, uns zu helfen in dem Wirrwarr unseres Lebens. Er ist Tag und Nacht auf Empfang, um mit uns die Angsträume zu betreten und auszuräumen. Helfen kann uns in einer solchen Lage, die Worte des Psalmbeters nachzusprechen, unsere Gebete aufzuschreiben und auch im Gesangbuch oder in einem anderen Liederheft Lieder zu lesen, die zu unseren Erfahrungen werden können.
Im Glauben fest bleibend
und nicht abweichend
Wer ein Fahrrad mit E-Antrieb fährt und dabei immer auf ebenen Straßen unterwegs ist, wird diesen Antrieb nie wirklich nötig haben. Wer dagegen auf Bergen unterwegs ist, weiß bald, was er an einem E-Fahrrad hat. Wenn wir mit unseren Lebens-Aufgaben immer im Wohlfühlbereich bleiben, wo unsere eigene Kraft ausreicht, werden wir Jesus nicht brauchen. Dagegen, bei Herausforderungen, die Mut und Durchhaltevermögen brauchen, ist Jesu Hilfe spürbar und stärkt unser Vertrauen zu ihm. Für mein geistliches Leben muss ich selbst Verantwortung übernehmen und kann nicht davon ausgehen, dass Jesus mich ohne Zutun per Infusion füttert. Wie kann ich näher an Jesus herankommen? Vor welche Herausforderungen stellt mich Jesus? Die Antworten sind so verschieden, wie wir Menschen sind. Doch jeder Christ, jede Christin sollte seine Antwort kennen. Unser Leben ist wie ein Schlüssel, so las ich in einem Buch von Leo Bigger, den das Leben formt. Der Schlüsselbart hat Zacken und Täler. Jesus formt uns durch Erfahrungen, die mal in die Höhe und mal in die Tiefe führen. Er macht unseren Lebensschlüssel zu genau dem Schloss passend, für das er uns ins Leben rief. Was wir zum Gelingen unseres Schlüssels beitragen können, ist, Jesus zu vertrauen, dass er nicht nur auf dem Flur ein Hallo mit uns wechseln will, sondern auch dort mitgenommen werden will, wo wir uns selbst kaum hintrauen. Und sind wir mit Jesus unterwegs und haben erfahren, wie er eine Tür nach der anderen geöffnet hat, können wir uns mit dem Psalmbeter freuen: „Ich verlasse mich auf
deine Liebe,
Cornelia
Trick
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