Mit Christus verbunden
Gottesdienst am 6.1.2008

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
die Allianzgebetswoche der evangelischen Allianz aller evangelischen Christen in Deutschland beginnt heute. Traditionell findet sie in den ersten Tagen eines neuen Jahres statt. Sie will Christen vorbereiten auf ein neues Jahr mit Christus, sie bestärken, dass auch im neuen Jahr Gottes Liebe sie beschenkt und zu Gemeinden zusammen ruft, und dass die Gemeinden gemeinsam beauftragt sind, diese Liebe Gottes in die Welt zu tragen.

Als Jahreslosung haben wir 2008 ein Wort aus dem Johannesevangelium auf den Weg bekommen: "Christus spricht: Ich lebe und ihr sollt auch leben!" (Johannes 14,19) Was dieser lebendige Christus mit uns vorhat, entfalten die verschiedenen Veranstaltungen der Allianzgebetswoche. Heute steigen wir ein mit der ersten Etappe. "Weil Jesus Christus lebt, sind wir mit ihm verbunden." Sein Leben hat Auswirkung auf unser Leben. Er bindet uns an sich mit Liebe, nicht mit Handschellen. Darüber, und was es konkret für unser Leben bedeutet, wollen wir heute zusammen mit vielen anderen Christen nachdenken.

Johannes 15,9-12+16-17

Wie mich mein Vater liebt, so liebe ich euch auch. Bleibt in meiner Liebe! Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibt ihr in meiner Liebe, wie ich meines Vaters Gebote halte und bleibe in seiner Liebe. Das sage ich euch, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde. Das ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch liebe. Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und bestimmt, dass ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibt, damit, wenn ihr den Vater bittet in meinem Namen, er's euch gebe. Das gebiete ich euch, dass ihr euch untereinander liebt.

In wenigen dicken Pinselstrichen beschreibt Jesus in seinen Abschiedsreden kurz vor seiner Kreuzigung sein Verhältnis zum himmlischen Vater und zu der nachösterlichen Gemeinde. Gott liebt seinen Sohn Jesus. Jesus antwortet auf diese Liebe mit Gehorsam gegenüber dem Vater. Inhalt dieses Gehorsams ist, dass er die mit der göttlichen Liebe liebt, die ihm anvertraut sind, seine Gemeinde. Jesus liebt die Gemeinde, die ihrerseits auf die Liebe Jesu mit Gehorsam antwortet. Inhalt ihres Gehorsams ist auch Liebe, die sich gegenüber den Geschwistern in der Gemeinde erweist und darin, dass sie miteinander als Gemeinde ihren Auftrag in der Welt erfüllen und Liebe hinaustragen, die Frucht für das Reich Gottes bringt.

Die Liebe, von der hier die Rede ist, lässt sich nicht mit einem liebevollen Gefühl gleichsetzen. Es geht nicht um die Liebe, die einen "erwischt" wie ein entgegenkommendes Fahrzeug, das mit einem zusammen prallt und dem man einfach nicht ausweichen kann. Die Liebe Gottes ist keine Schicksalsmacht, die die Geigen am Himmel erscheinen lässt und die rosarote Brille überstülpt. Die Liebe, mit der Gott uns Menschen durch Jesus beschenkt, ist seine bewusste Entscheidung für Menschen, die von Natur aus nichts von ihm wissen wollen und ihr Leben lieber ohne ihn gestalten. Er entscheidet sich für uns lange bevor wir uns ihm zuwenden und liebenswert sind. Er will uns in seine Gemeinschaft hineinholen und uns zu ihm heran lieben, nicht zwingen. Wenn wir uns auf diese Liebe einlassen, ist es ebenfalls kein Gefühl, sondern eine Willensentscheidung. Ihn wollen wir auf die erste Stelle im Leben setzen. Ihn wollen wir an uns heranlassen. Ihm wollen wir mehr vertrauen als allen Glücksbringern und Glücksverheißungen dieser Welt.

Diese Liebe zu Gott und seinem Sohn darf kein Lippenbekenntnis bleiben. So etwa wie der Ehemann, der zu seiner Frau morgens vor der Arbeit sagt: Ich tue alles für dich, weil ich dich so liebe. Und sie ihm antwortet: Dann frage mich doch heute Abend mal, ob du mir bei der Hausarbeit helfen kannst. Die Liebe zu Gott äußert sich konkret in der Geschwisterliebe, so thematisiert es Jesus.

Doch warum spricht er ausgesprochen und wiederholt von der Liebe zu den Gemeindeleuten? Warum befiehlt er diese Liebe sogar? Wäre es nicht einleuchtender, er würde Feindesliebe zuerst befehlen? Drei mögliche Begründungen werden sichtbar.

  • Zurzeit der ersten Gemeinden waren die Anfeindungen von außen sehr stark. Die jungen oft kleinen Hausgemeinden standen unter enormem Druck. Es war wichtig, dass sie sich einig waren und gemeinsam ihren Alltag meisterten. Nur mit gegenseitiger Unterstützung konnten sie ihren Glauben durchhalten.
  • Liebe zu Geschwistern scheint oft einfacher zu sein als zu völlig Fremden. Ein tiefes Zugehörigkeitsgefühl zeichnet sie aus. Sie haben ihre Wurzeln gemeinsam, den gleichen "Stallgeruch", sie kennen sich gut mit ihren Stärken und Schwächen und haben es geübt, miteinander auszukommen. Sie wissen um den gemeinsamen Vater, der sie immer wieder zusammen holt und eint.
  • Liebe zu Geschwistern ist aber auch eine Herausforderung. Denn man kann sie sich nicht aussuchen. Sie stehen in einem einzigartigen Konkurrenzverhältnis um die Liebe der Eltern, sie können nie dauerhaft voreinander weglaufen, sie kennen sich so gut, dass sie auch die Schwächen des anderen voll nutzen können, um im Streit zu verletzen.
Jesus befiehlt Geschwisterliebe, weil sie elementar ist, um weitere Menschen mit Gottes Liebe in Verbindung bringen zu können. Wir üben auf diesem Territorium der Geschwister, wie Liebe funktioniert und das gerade auch in den Beziehungen, die uns schwer fallen.

Drei Aspekte dieser Liebe möchte ich beleuchten, die uns einen Zugang geben können, wie wir Jesu Liebe zu uns beantworten können.

Jesu Liebe aufnehmen

Bevor wir überhaupt daran denken sollten, Jesu Liebe weiterzugeben, brauchen wir sie selbst in uns. Eine Taschenlampe kann eine richtig starke Birne haben, mit der sie hundert Meter weit leuchten kann. TaschenlampeSolange aber keine Batterie drin steckt, bleibt sie dunkel. Diese Batterie ist Jesu Liebe in unserem Leben. Die brauchen wir als allererstes um selbst zu lieben. Leider müssen wir sie immer wieder neu nachladen, von selbst geschieht es nicht.

Deutlich gemerkt habe ich es in der Weihnachtszeit. Mehrere Gottesdienste, Einzelschicksale von Menschen, die Festvorbereitungen selbst und viele liebevolle Gedanken, die ich mir um andere gemacht hatte, haben meine Batterie ziemlich leer laufen lassen. Ich hoffte nur auf die Tage nach Silvester, in denen es ruhiger werden sollte. Aber bis dahin waren noch ein paar Tage, die zu überstehen waren. Da drückte mir jemand nach dem Gottesdienst zwei kopierte Seiten in die Hand mit dem Kommentar: „"Das sind Andachten aus meinem Andachtsbuch, ich glaube, du brauchst sie gerade." Immer wieder geschieht es, dass mir jemand einen Text oder ein Buch gibt mit Anregungen, die ich gerne aufnehme. Aber diese Andachten waren besonders. Sie stammten nämlich aus dem Andachtsbuch, das auch auf meinem Nachtschrank lag, nur dass ich mit dem Lesen ins Stocken geraten war und noch längst nicht diese Andachten, die für die Weihnachtstage vorgesehen waren, erreicht hatte. So waren mir wertvolle Impulse zum Thema "Leerer Tank/ Gott füllt den Tank auf/ Aus der Tretmühle aussteigen/ Gefühle wieder auftanken" vorenthalten geblieben. Und nun ist mir Jesus buchstäblich hinterher gelaufen und hat mir seine Worte in kopierter Form hinterher getragen. Ist das nicht genial, wie Jesus selbst die Batterie liefert, die ich vergesse einzusetzen? Und warum sollte er das nur bei mir tun und nicht auch bei Ihnen?

Feinden vergeben

Wir können uns in der Geschwisterschaft der Gemeinde und Christenheit noch so bemühen, einander zu lieben. Wenn wir gleichzeitig Kriege führen, wird unsere Kraft zur Liebe geschwächt und untergraben. Natürlich, Sie haben keine Feinde. Aber gibt es nicht Menschen, die Sie verletzt haben und bei denen Ihnen buchstäblich das Messer in der Tasche aufgeht, wenn Sie ihnen begegnen? Gibt es nicht Leute, die Ihnen böse wollen und bei denen Sie denken: Geschieht dir Recht, wenn dir was zustößt?

Darum geht es bei der Vergebung. Solange ich an dem Menschen festhalte, der mir oder einem anderen, mit dem ich mitleide, wehgetan hat, wird er mich beherrschen. Solange ich ihm nicht von Herzen vergeben kann und ihn Gott zurückgebe, wird er meine Gedanken fesseln und Unfrieden in meinem Leben wachsen lassen. Vielleicht wird der andere weiter mit mir Krieg führen, wie ja auch die Christenverfolger nicht Ruhe gaben, nur weil die Christen ihnen durch Gottes Kraft vergaben. Aber die Einstellung hatte sich geändert. Die Christen konnten ihre Feinde loslassen, sie konnten Gott ihre Feinde überlassen, es war nicht mehr ihre Aufgabe, ihnen Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Sie schlossen die Türen zur Vergangenheit, um frei zu werden für die Zukunft. Darum geht es, dass wir unsere Kriegsherde nicht mit uns herumschleppen, sondern sie loslassen, die Menschen, die uns verletzen, Gott bringen, uns darauf konzentrieren, dass es eine Menge Leute gibt, die Liebe brauchen durch uns.

Das gilt auch gerade für die Geschwisterschaft in der Gemeinde. Dass wir uns ständig vergeben müssen, ist Tagesgeschäft. Sonst werden wir nicht fähig, hinzugehen und Frucht zu bringen, sondern sitzen an unseren Kriegsfronten fest. Dass aus einem Streit und einer Versöhnung Neues werden kann, lehrt uns die Bibel und die Geschichte der ersten Christen. Manchmal trennen sich danach die Wege, aber sie werden zu Segenswegen, die noch mehr Frucht bringen an unterschiedlichen Stellen wie bei Petrus und Paulus nach ihrem Streit in Antiochien.

Die Auferstehung Jesu in der Liebe erfahren

Gott hat Jesus von den Toten auferweckt. Diese Kraft dürfen wir für jedes Liebesprojekt erwarten. Selbst die schon tote Liebe bekommt die Zusage, dass sie mit Gottes Hilfe eine neue Chance erhält. Gerade die Menschen, die uns am meisten zu schaffen machen, können für uns zur Gotteserfahrung werden, wenn wir erleben, wie wir sie lieben können, sie annehmen können und alles Feindliche aus unserer Beziehung verschwindet. Jesus sagt seinen Jüngern, sie sollen hingehen und Frucht bringen, bleibende Frucht. Um dieses Hingehen und Frucht Bringen geht es bei der Auferstehungskraft Gottes. Sie drängt nach vorn. 

So steht dieses Wort auch bewusst am Anfang der Allianzgebetswoche. Die Liebe Gottes in seinem Sohn, die sich in Tod und Auferstehung für uns gezeigt hat, motiviert uns, untereinander Liebe einzuüben, in unseren Gemeinden, aber auch in der übergemeindlichen Verbundenheit der Christen. Nur wenn wir in dieser Liebe miteinander leben, uns von Jesus auftanken lassen und Feindschaften loslassen, werden wir hingehen können zu Nichtchristen, um sie zu dieser Liebe einzuladen. Nur gemeinsam als Liebende werden wir Zeugnis für Jesus sein können und Frucht bringen, indem andere zum Glauben kommen. Jesus spricht uns zu, dass unser himmlischer Vater das Gebet darum erhören wird. Mit dieser Gewissheit beginnen wir die Allianzgebetswoche und können uns darauf freuen, mit Geschwistern aus anderen Gemeinden unseres Kreises diese Woche die Verbundenheit mit Jesus zu leben, indem wir uns für die Liebe zueinander entscheiden und sie praktizieren.

Cornelia Trick


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