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Liebe Gemeinde,
Eine ganz ähnliche Situation gab es in Jerusalem. Doch zuerst die Vorgeschichte: Jesus war im Tempel, er erzählte den Menschen von Gottes Liebe und seiner Sehnsucht nach ihnen. Er zeigte auf sich und sagte: Ich bin der, der euch Gott zeigt, in der Verbindung zu mir seid ihr ganz nahe bei Gott. Die religiösen Verantwortlichen konnten das nicht akzeptieren. Für sie war Jesus ein ganz normaler Mensch. Was sollte er ihnen Neues von Gott sagen? Sie hoben Steine auf, um Jesus zu töten, so sehr waren sie davon überzeugt, in Jesus einen schlimmen Gotteslästerer vor sich zu haben. Jesus entzog sich ihnen und verließ den Tempel. Johannes 9,1-4 Der Mann vor dem Tempel Ist das nicht eine Hoffnungsgeschichte für die, die sich wie dieser Bettler ausgemustert, am Rande, wertlos und vor lauter Problemen und Sorgen blind fühlen? Jesus geht auch heute noch auf uns zu, die wir wie dieser Mann außen vor sind und berührt uns, damit an uns Gottes Größe und Herrlichkeit sichtbar wird. Merkwürdigerweise bezog Jesus die Jünger ein in dieses Heilungsgeschehen, er sagte: „wir müssen die Werke Gottes wirken“. So hat diese Hoffnungsgeschichte auch denen etwas zu sagen, die entweder Gottes Erbarmen in ihrem Leben schon erfahren haben und längst aufgestanden sind oder zu den Stabilen gehören, die nichts umwirft. Die Werke Gottes zu wirken, bedeutet, Liebe, Erbarmen und Licht ins Leben von Menschen zu bringen, die dieses Licht ganz nötig brauchen. Denn noch ist Entscheidungszeit. Es ist noch Tag, die Welt ist noch nicht ans Ende gekommen, Gott wirbt um jede und jeden, sich ihm anzuvertrauen. So kommen wir zurück zu den Tagesnachrichten: „Wir“ sind gefragt, wenn es um Spenden und Hilfe für Opfer der Katastrophen geht. Distanzierte Diskussionen führen zu nichts. Auch an den Menschen in Pakistan, die uns fremd sind, deren Land wir nicht bereisen und die mehrheitlich nicht Christen sind, will Gott seine Werke tun und warum nicht durch unsere Spenden. Der barmherzige Samariter ist das beste Beispiel dafür. Heilung mit Fortsetzung Hier könnte die Geschichte enden. Ein Blinder wird sehend, weil er Jesus begegnet ist. Doch das Wozu zieht Kreise. Die Werke Gottes werden auch im Folgenden sichtbar. Verschiedene Menschen reagieren nämlich sehr unterschiedlich auf diese Heilung. Sie laden uns ein, uns zu hinterfragen. Zu welchen würden wir denn gehören? Da sind zum einen die Nachbarn. Die glauben ihren Augen nicht zu trauen und halten den Geheilten für einen Doppelgänger. Doch der Geheilte sagt ihnen klipp und klar: „Ich bin´s. Der Mann, der Jesus heißt, machte mich sehend.“ Die Nachbarn fanden das wohl unheimlich. Sie kannten den Blinden und hatten so etwas noch nie erlebt. Was außerhalb ihrer Erfahrung lag, konnte eigentlich nicht stimmen. Also schleppten sie ihn zur zuständigen Autorität in Grenzfragen, den Pharisäern. Wer würde sich nicht auch wenigstens ein bisschen in den Nachbarn wieder erkennen. Man glaubt nur, was man versteht. Wenn allerdings eine Autorität es für wahr erklärt, nimmt man das hin. Wenn im Wissensteil der Zeitung steht, dass Brei Augenlicht schenkt, dann wird es wohl stimmen. Aber wenn jemand von sich sagt, Jesus hat mir geholfen, dann ist das eher auf Einbildung zurückzuführen, wie sollte denn der Glaube sonst helfen? Die Pharisäer scheinen allerdings an der Heilung gar nicht interessiert zu sein. Sie bewegt vielmehr der Tatbestand, dass die Heilung an einem Sabbat vollzogen wurde, Breianrühren vom Gesetz her an Sabbaten verboten ist. Sie stehen vor einem Problem. Dieser Mensch, der von sich behauptet, Gottes Sohn zu sein, heilt an einem Sabbat – das widerspricht Gottes Wort in der Bibel, also kann er nicht Gottes Sohn sein. Auf der anderen Seite ist diese Heilung ein klares göttliches Zeichen, dann wäre er ja doch Gottes Sohn. Also wie nun? Sie drängen den Geheilten immer mehr, gegen Jesus auszusagen, doch der bekennt sich immer deutlicher zu Jesus: „Er ist ein Prophet.“, und später: „Er ist von Gott.“ Die Pharisäer waren so nah dran. Sie standen an der Weggabelung. Sie hatten erkannt, dass solch ein Wunder nur von Gott initiiert sein konnte, aber sie entschieden sich doch gegen Jesus. Sie konnten nicht akzeptieren, dass Gott anders war, als sie ihn sich vorstellten. Dass er gegen sein eigenes Gesetz handeln konnte, um Menschen zu retten, und zwar noch solche, die offenbar so von Schuld gezeichnet waren wie dieser Blindgeborene. Die Pharisäer verschlossen sich. Sie warfen den Geheilten aus dem Tempel und der Gemeinde. Sie entschieden sich innerhalb weniger Minuten falsch und blieben blind für Gott. Erkennen wir uns in diesen Leuten wieder? Ich meine schon, dass ein Fitzelchen dieser Pharisäer auch in unseren Herzen zuhause sein könnte. Wie sind wir schnell dabei, Gott vorzuschreiben, wie er zu wirken habe und an wem. Wie sind wir fassungslos, wenn es anders weitergeht, wenn Gott sich über die anderen erbarmt, nicht über uns. Oder wie sind wir überfordert, wenn Gott uns auffordert, aus unseren Bahnen auszubrechen, Widerstand zu leisten, uns unter Druck zu ihm zu bekennen. Wie leicht ziehen wir uns aus der Affäre und sagen, „das kann Gott nicht von mir wollen.“ Auch die Eltern werden hinzugezogen, um das Rätsel der Heilung zu lösen. Doch sie ducken sich weg. Sie wollen nicht Stellung beziehen, sollen die Leute doch den Sohn fragen, sie haben keine Ahnung. Eigentlich tragisch, dass die Eltern, die den Sohn ein Leben lang begleitet haben, sicher durch große Schwierigkeiten hindurch, sich jetzt für ihn schämen. Statt ein Freudenfest der Heilung zu feiern, verstecken sie sich buchstäblich aus Angst, aus der Gemeinde rausgeschmissen zu werden. Was war ihnen am wichtigsten? Offenbar ihre eigene Haut, nicht ihr Sohn. Ich hoffe nicht, dass wir so sind wie diese Eltern, aber vielleicht waren sie auch einfach entscheidungsschwach. Sie wollten nichts falsch machen, rannten mit der Mehrheit. Und da sind wir dann doch vielleicht wieder näher dabei. Mit der Mehrheit rennen, ist viel einfacher, als einen eigenen Weg gehen. Jesus ruft heraus zum eigenen Weg. Der kann manchmal richtig einsam sein, aber die drei in unserer Jesusbegegnung wären ja nicht allein gewesen, sondern 3 + 1, zu dritt und Jesus noch dabei, eine kleine Gemeinde. So wird Jesus uns auch immer Menschen zur Seite stellen, die mit uns einsame Wege gehen, er weiß, dass wir Ermutigung und Unterstützung brauchen, um bei ihm zu bleiben. Vom Bettler zum Professor Wir können nur Räume schaffen, um zu ermöglichen, dass Jesus Menschen begegnet, das Eigentliche tut Jesus. Aber diese Räume sind wichtig, wo Zeit und Möglichkeit ist, etwas von Jesus zu erfahren. Heute Nachmittag feiern wir einen Waldgottesdienst auf dem Glaskopf. Sicher, es ist schön für uns, miteinander im Grünen zu singen und Gott zu loben. Aber es ist auch ein öffentliches Bekenntnis. Als Professoren und Professorinnen für Jesus kommen wir zusammen. Und es ist eine Einladung an die Vorbeiwandernden innezuhalten, sich in den Raum der Gegenwart Jesu zu stellen und ihm zu begegnen. Noch ist Entscheidungszeit. Die, die meinen zu sehen, sind vielleicht die wirklich Blinden. Nachbarn, Eltern, Pharisäer, sie alle konnten doch sehen. Und doch waren sie blind, blind für Jesus, blind für seine Liebe und seine Werke der Liebe, blind für ihre eigene Blindheit. Ihnen hilft, mit Jesus in Berührung zu kommen und von ihm Klarheit für ihr eigenes Leben geschenkt zu bekommen. Auch der Pharisäer Nikodemus wurde zum Sehenden in Jesu Gegenwart. In der Entscheidungszeit ist noch alles möglich. Johannes 8,12 Cornelia
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