Gottesdienst am 06.07.2008
Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
wenn meine Mutter von
der Zeit nach dem 2. Weltkrieg erzählt, von Flucht, überfüllten
Bahnhöfen und Hunger, erzählt sie auch von den Lieblingsspielen
der Geschwister. Sie stellten sich vor, ein Geburtstagsfest mit köstlichen
Buttercremetorten zu feiern, an denen sie sich so satt essen konnten, dass
sie fast platzten. Meine Mutter erzählt, dass die Erinnerung an solche
Leckerbissen ihre Laune aufrecht erhalten hat und ihnen immer wieder Kraft
zum Durchhalten gab. Es scheint ein menschlicher Rettungsanker zu sein,
dass in Notzeiten die Vergangenheit verklärt wird, um für die
Zukunft zu motivieren.
Das Volk Israel war nach
dem Wunder am Schilfmeer in eine neue Richtung unterwegs. Sie sollten zum
Gelobten Land, in dem Milch und Honig fließt, aufbrechen und Zeuge
werden, dass die Verheißung an ihren Stammvater Abraham wahr wurde.
Zurück lagen harte Jahrzehnte der Sklaverei, die sie alle am eigenen
Leib erfahren hatten. Doch zwischen der Rettung am Schilfmeer und dem Gelobten
Land lag ein gutes Stück Wüste. Die Wüste war Todeszone,
nicht touristisches Highlight. Ohne Hilfe von außen war der Tod des
Volkes vorprogrammiert. So viele Menschen konnte die Wüste nicht ernähren.
So sind die ersten geschilderten Erlebnisse der Wüstenzeit auch verbunden
mit Durst, Hunger und bedrohlichen Feinden.
Die Wüste war auf
der anderen Seite auch ein Ort, um Gott kennen zu lernen. Die Auszugsgeneration
hatte bislang nur erlebt, dass Gott das Volk in die Freiheit führte.
Würde er beim Volk bleiben? Würde er das Begonnene weiterführen?
So war die Wüste auch Schule, um unbedingtes Vertrauen, vorbehaltlose
Hilfe und nötigen Gehorsam zu lernen.
Dem Volk Israel können
wir durch das Zeugnis der Bibel auf ihrem Lehrpfad durch die Wüste
zuschauen. Ihre Schwächen und Fehler bilden sich auch im ganz normalen
Leben ab. Ihr Lernen kann auch unser Lernen werden.
2.Mose 16,2-3+11-18
Hier in der Wüste rottete
sich die ganze Gemeinde Israel gegen Mose und Aaron zusammen. Sie murrten:
»Hätte der HERR uns doch getötet, als wir noch in Ägypten
waren! Dort saßen wir vor vollen Fleischtöpfen und konnten uns
an Brot satt essen. Aber ihr habt uns herausgeführt und in diese Wüste
gebracht, damit die ganze Gemeinde verhungert!« Der HERR sagte zu
Mose: »Ich habe das Murren der Israeliten gehört und lasse ihnen
sagen: 'Gegen Abend werdet ihr Fleisch zu essen bekommen und am Morgen
so viel Brot, dass ihr satt werdet. Daran sollt ihr erkennen, dass ich
der HERR, euer Gott, bin.'« Am Abend kamen Wachteln und ließen
sich überall im Lager nieder, und am Morgen lag rings um das Lager
Tau. Als der Tau verdunstet war, blieben auf dem Wüstenboden feine
Körner zurück, die aussahen wie Reif. Als die Leute von Israel
es sahen, sagten sie zueinander: »Was ist denn das?« Denn sie
wussten nichts damit anzufangen. Mose aber erklärte ihnen: »Dies
ist das Brot, mit dem der HERR euch am Leben erhalten wird. Und er befiehlt
euch: 'Sammelt davon, soviel ihr braucht, pro Person einen Krug voll. Jeder
soll soviel sammeln, dass es für seine Familie ausreicht.'«
Die Leute gingen und sammelten, die einen mehr, die andern weniger. Als
sie es aber abmaßen, hatten die, die viel gesammelt hatten, nicht
zuviel, und die, die wenig gesammelt hatten, nicht zuwenig. Jeder hatte
gerade so viel gesammelt, wie er brauchte.
1 Vorgeschichte
Nach dem Schilfmeerwunder
gingen die Israeliten drei Tage durch die Wüste. Da stellte sich lebensbedrohlicher
Durst ein. „Was sollen wir trinken?“
(2.Mose 15,24), schrieen sie. Gott tat ein Wunder und ließ Mose bitteres
Wasser in süßes Wasser wandeln. Mit diesem Wunder erteilte Gott
die erste Unterrichtsstunde: „Haltet meine
Gebote!“ Wer sich an das hielt, was Gott wollte,
sollte Gott wie einen Arzt erleben, der sich seiner annahm. Kurz darauf
erreichten sie wohl die Oase Elim mit 12 Wasserquellen und 70 Palmen. Pro
Stamm Israels gab es eine Wasserquelle, jeder der 70 Ältesten konnte
unter einer Palme sitzen. Fast paradiesische Zustände, wenn es nicht
nur eine Oase auf dem Weg gewesen wäre. Sie mussten wieder aufbrechen,
um ihrem Ziel näher zu kommen. 45 Tage nach dem Schilfmeerwunder war
offensichtlich alles mitgenommene Brot aufgegessen. Die nächste Herausforderung
stellte sich, der kollektive Hungertod drohte. Die Hilferufe steigerten
sich. Das Volk rief nicht einfach nach Brot, sondern fing an zu murren
und die Vergangenheit zu zitieren. Die frühere Sklavenspeise, vermutlich
eine Gemüsesuppe, wurde in der Erinnerung zu Fleischtöpfen, die
das Wasser im Mund zusammen laufen ließen. Die Verzweiflung bündelte
sich in der Anklage gegen Mose und Aaron, die zum Sündenbock für
die Notlage wurden.
Die Israeliten hatten die
erste Unterrichtsstunde vergessen. Sie hatten vergessen, dass Gott sich
um sie kümmerte, er ihr Arzt sein wollte und sie sich immer an ihn
wenden konnten – aber auch sollten. Stattdessen schauten sie zurück
und sehnten sich nach der Sklaverei. Die gute Erfahrung mit Gott am Schilfmeer
und am Bitterwasser wurde nicht fruchtbar für die Gegenwart.
2 Mose
Mose, auf dessen Buckel sich
der ganze Unmut des Volkes sammelte, wurde von Gott direkt angesprochen.
Mose erhielt eine Sonderlektion: Gott sieht die Not des Volkes und die
Not des Mose. Gott kümmert sich und sorgt für seine Leute. Mose
kann die Verantwortung für diese Situation Gott abgeben. Er ist nur
die scheinbare Zielscheibe der Klage, eigentlich ist Gott selbst gemeint.
Moses Aufgabe dagegen ist es, den Blick des Volkes wieder nach vorn zu
richten, in die Zukunft. Das Heil liegt nicht in Ägypten und nicht
in der Oase Elim, sondern im Gelobten Land. Von dort her kommen die Wachteln.
Von dort her kommt das Manna als Gruß aus dem Land, in dem Milch
und Honig wächst. Wachteln und
Manna waren natürliche Erscheinungen in der Wüste. Die Zugvögel
machten Station, die Schildlaus sonderte den verdauten Saft einer Tamariske
aus, der zu Kügelchen wurde. Gott zeigte Mose, dass er hörte,
aber nicht genau das schenkte, was gewünscht war – Fleischtöpfe.
Seine Hilfe war kreativ, indem er die Gegebenheiten zu seinen Gaben werden
ließ.
3 Gottes Unterricht
Verschiedene Lektionen sind
auf dieser Station der Wüstenwanderung abzulesen. Gott sorgt für
sein Volk. Die Erhörung der Klage ist eine vertrauensbildende Maßnahme,
die sich ins Gedächtnis der Israeliten einprägen soll. Gott lässt
das Volk den Sabbat lernen. Am sechsten Tag sollte doppelt soviel Manna
gesammelt werden, um genug für den siebten Tag zu haben. Das Volk
lernte die Bedeutung des Ruhehaltens kennen, indem es ganz praktisch am
siebten Tag nichts zu sammeln gab. Das war sicher lehrreicher, als das
Sabbatgebot auswendig zu lernen ohne konkrete Anwendung.
Gott gibt jedem, soviel
er braucht. Am Ende des Sammelns hatte jeder die gleiche Menge zusammen,
egal ob er lange oder kurz gesammelt hatte. Er schenkt sein Brot nicht
zum Reichwerden, sondern zum Leben Tag für Tag. Alles Mehr wird stinkend
und verdirbt. Jeder Tag muss neu in Angriff genommen werden und bindet
an Gott. Nichts im Voraus sammeln zu können wird zur Gehorsamsschule.
Das Brot macht nicht unabhängig von Gott, sondern bindet immer stärker
an ihn.Was Gott gibt, ist Himmelsbrot und bringt den Himmel nahe. Es ist
Brot das sättigt und auf ihn hinweist.
4 Das Volk lernte
Das Volk lernte Gehorsam.
Es nahm Gottes Ziel in den Blick, schaute voraus und nicht zurück.
Das Volk lernte Gottes
Wesen kennen. Er sorgt täglich für seine Menschen. Er begleitet
den Weg durch Wüstenzeiten. Er ermöglicht Ruhepausen und lädt
ein, an seinem Sabbatfrieden teilzuhaben.
Gottes Wachteln und Manna
sind keine gebratenen Tauben vom Schlaraffenland, die in den Mund fliegen.
Seine Gaben müssen aufgesammelt und verarbeitet werden im Schweiße
des Angesichts. Gott würdigt seine Menschen, indem er sie zur Mitarbeit
ruft und sie brauchen kann.
Das wirkliche Wunder waren
nicht Manna und Wachteln, sondern war, dass jeder soviel sammelte, wie
er brauchte. Was mehr gesammelt wurde, stank und war Ausdruck des Ungehorsams
gegen Gott.
5 Was wir lernen können
von der Wüste
Gott hat eine Zielvorgabe
für unser Leben. Das gelobte Land ist Gottes Reich, zu dem wir unterwegs
sind. Unterwegs kommen wir in Wüstenregionen, in denen wir Durst und
Hunger haben, auch von Feinden bedroht werden. Doch auf dem Weg geht es
darum, Gott gehorsam zu bleiben, bei ihm zu sein und auf ihn zu setzen.
Wir können seine Gegenwart durch unser Verhalten, durch unser Vertrauen
und durch gelassenes Sabbat-Feiern bezeugen. Die Fleischtöpfe Ägyptens
in der Vergangenheit mögen verlockend aussehen, doch sie bringen zurück
in Unfreiheit und Abhängigkeit. Angelockt von den wunderbaren Düften
landet man in Lebenssituationen, die kaputt machen und langes Leid hervorrufen
können.
In Wüstenzeiten lernen
wir Gottes Wesen erst richtig kennen. Das ist die positive Seite dieser
Notzeiten, die sich niemand wünscht. Das Gottvertrauen ist auf die
Probe gestellt, und es wird sich erweisen, ob Gott hilft. Wie wir hier
sehen, schenkt er mitten in der Wüste den Sabbat. Er lädt ein,
sich mit leeren Händen seinen Händen anzuvertrauen und sich von
ihm beschenken zu lassen, wo menschlich hektische Betriebsamkeit am Platz
wäre.
Gottes Gaben müssen
„gelesen“ werden. Er schenkt nicht gebratene Tauben, sondern Wachteln,
die zubereitet werden müssen, und Manna, das verarbeitet werden muss.
Wenn wir als Gemeinde neue Menschen geschenkt bekommen, wird das Aktivitäten
frei setzen. Wir bauen das Gebäude aus, wir verstärken den Mitarbeiterstab,
wir nehmen uns der Nöte an, die diese Menschen vielleicht mitbringen.
Wir werden uns ganz gewiss nicht gemütlich zurück lehnen und
darauf rechnen können, dass die Neuen schon von selbst in unsere Gemeinde
geräuschlos hineinwachsen werden.
Das Himmelsbrot reicht
für jeden in genau dem richtigen Maß. Nicht jeder arbeitet gleich
viel, um das Notwendige zu haben, aber zu arbeiten um zu horten, bringt
nichts. Gottes Prinzip ist es, den Überfluss zu verteilen. Wer mehr
gesammelt hat, gibt dem, der weniger hat, so werden alle satt. Dieses einfache
Prinzip steht seit dem Sündenfall auf dem Kopf. Wir können es
wieder neu einüben. Vielleicht beginnen wir in den kleinsten Einheiten,
in der Familie, der Partnerschaft, in der Freundschaft und in der Gemeinde.
Was wir von Gott bekommen, um leben zu dürfen, ist nicht „unser“ Manna,
sondern sein Manna. Und es soll auch sein Manna bleiben, wenn wir es austeilen
und miteinander teilen.
Jesus vergleicht sich mit
dem Manna der Wüste. Er ist mehr als das, er ist Brot des Lebens,
das ewig sättigt. Jesus hilft uns, unser Lebensziel zu erreichen.
Er hört und sieht unsere Not in den Wüstenzeiten. Jesus lädt
ein, den Sonntag mit ihm zu verbringen und die Sorge um unser Leben ihm
wenigstens an einem Tag der Woche abzugeben. Jesus will uns durch seine
Gegenwart in Bewegung setzen. Wir können etwas aus unserem Glauben
wachsen lassen, ihn einsetzen und für unsere Mitmenschen wichtig werden
lassen. Das Himmelsbrot Jesu ist nicht nur für uns allein da, sondern
will seine Menschen befähigen, das Gelobte Land zu erreichen.
Wir können Jesus vertrauen,
dass er für uns sorgt, denn wir sind durch ihn Hausgenossen Gottes
und haben jederzeit Zugang zu seiner Speisekammer.
Johannes 6,30-32+35
»Gib uns einen Beweis
für deine Bevollmächtigung! Lass uns ein eindeutiges Wunderzeichen
sehen, damit wir dir glauben. Unsere Vorfahren aßen das Manna in
der Wüste. In den Heiligen Schriften heißt es von Mose: 'Er
gab ihnen Brot vom Himmel zu essen.'« Jesus entgegnete: »Amen,
ich versichere euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern
mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. »Ich bin das Brot,
das Leben schenkt. Wer zu mir kommt, wird nie mehr hungrig sein. Wer sich
an mich hält, wird keinen Durst mehr haben.«
Cornelia
Trick
|