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Liebe Gemeinde,
Durch die Bibellese, Bibelgespräch und Hauskreis bin ich in den letzten Tagen inspiriert worden, den Weisheitslehrer Prediger zu interviewen, was er zu Erntedank zu sagen hat. Dabei bin ich auf das Thema Lebensfreude gestoßen, das eng mit Erntedank verknüpft ist. Den Menschen, die Gott gefallen, gibt er Freude, und Inhalt des Erntedankfestes ist die Freude über Gott und seine Geschenke. Vielleicht ist in der öffentlichen Wahrnehmung Gott gar nicht für Freude zuständig. Man erwartet eher Buße, Strafe, mühseliges Leben und traurige Gottesdienste. Aber Erntedank spricht eine andere Sprache. Es ist ein Fest, das Gott uns schenkt, um uns zur Freude über seine Schöpfung und seine Fürsorge herauszulocken. Prediger 2,24-26 Der Prediger gehörte zum Volk Israel, das sich durch besonders viele Feste auszeichnete. Acht Tage dauerten die Festlichkeiten des Erntefestes an, Jubel um Jubel, Freude um Freude, acht Tage lang. In den schweren Zeiten erinnerte man sich an diese Höhepunkte des Lebens. Der Beter von Psalm 42 rief das Bild der jubelnden Schar auf dem Weg zum Heiligtum in sich wach und fand Trost darin, dass diese Feste in Zukunft wieder sein würden. Die Propheten kritisierten die Festpraxis des Volkes zwar hart, aber nicht ihren Sinn, den Ursprung, an den die Feste erinnern sollten – Gottes Zuwendung und seine Treue dem Volk gegenüber. Sie deckten den Missbrauch auf, äußerliche Rituale und innerlicher Egoismus straften den Anlass Lügen. Seit Jesus ist die Rede von der vollkommenen Freude. Die Evangelien sind nicht nur Gute Nachrichten, sondern Freudenbotschaften. Der Prediger kannte den Grund zur vollkommenen Freude noch nicht. Für ihn war klar, dass dem Sünder das genommen wurde, was er sich erarbeitet hatte. Gott würde es dem geben, der ihm gefiel. Vollkommen ist die Freude durch Jesus. Sogar der Sünder, die Sünderin darf sich freuen, Jesus vergibt, schenkt Neuanfang, der verlorene Sohn wird wieder ins Haus aufgenommen. Gott gab seinen Sohn dahin, dass Sünder sich freuen dürfen – ja, gerade die! Auf Gottes Angebot zur Freude reagieren Menschen jedoch sonderbar. Sie schätzen die Freude des Paradieses nicht, die sie geschenkt bekamen, sondern suchen die verbotene Frucht, um sich die vollkommene Freude zu nehmen. Ist denn gestohlene Freude doppelte Freude? Das 2. Kapitel der Predigerschrift, wovon unsere Sätze den Schluss bilden, ist ein sehr persönliches Bekenntnis, vielleicht kann es auch unseres werden. Der Prediger beichtet Gott, dass er die Freude sich selbst viel lieber nimmt, als sie sich von Gott schenken zu lassen. Die Überschrift über
sein Bekenntnis lautet:
1. Versuch: Vergnügungsindustrie Bei aller Mühe ist doch nichts herausgekommen. Der Aufwand war keine Garantie für die Freude. Auch volle Scheunen voller Getreide und Obst sind keine Garantie für Lebensfreude. Der eine Apfel, der einem auf einer beschwerlichen Wanderung geschenkt wird, kann wesentlich mehr Freude hervorrufen als Zentner davon im Keller, die nur ächzen und stöhnen lassen. Der Prediger wusste, wovon der sprach. Er hatte es am eigenen Leib erfahren, Lebensfreude ist nicht gleich Ansammlung von Gütern dieser Welt. 2. Versuch: Intellektueller Höhenflug Pierre Curie, der mit seiner Frau Nobelpreisträger war und Bahnbrechendes in der Physik erforschte, wurde im Alter von 47 Jahren von einer Droschke angefahren und erlitt einen Schädelbruch. Er wurde noch zu einem Hauseingang geschleift, wo er 1906 seinen Verletzungen erlag. Das Genie Curie starb, die Welt drehte sich weiter, auch ohne ihn. Sein Wissen, das in seinem Kopf gespeichert war, ist für immer verloren. Der Prediger zog sein Resümee: Er hasst das Leben, alles ist umsonst, sogar die verfeinerte Suche nach Lebensfreude. 3. Versuch: Schätze Sammeln Sein Fazit am Ende des 3. Versuchs: Was hat der Mensch am Ende von aller Anstrengung? Sorgen und schlaflose Nächte. Deshalb ist alles sinnlos. Es soll Leute gegeben haben, die sich mit diesem Lebensfazit entweder die Pistole an die Stirn gesetzt haben oder der Welt den Rücken gekehrt haben und ins Kloster eintraten. So ging der Kirchenvater Hieronymus nach der Lektüre des Predigers ins Kloster und wandte der Welt endgültig den Rücken zu. Der Prediger geht einen anderen Weg. Er ermutigt zur schlichten Hinwendung zum gewöhnlichen Leben. Er klingt am Ende seiner Lebensbeichte lange nicht mehr so vollmundig wie am Anfang. Nicht mehr „Wohlan, wir schaffen´s schon!“, sondern tastend ermutigt er, Lebensfreude im Alltag, mitten in der Arbeit zu finden und sie als Gottes Geschenk auszupacken. Man kann nicht essen, nicht trinken, nichts erarbeiten ohne Gott, so seine Einsicht. Gott ist die Nummer 1 im Leben. Der vorfindliche Alltag ist Geschenk, darin innezuhalten bewirkt Lebensfreude. Am Erntedanktag halten wir inne, falten die Hände dankbar für alles, was wir bekommen haben. An diesem 3. Oktober schauen wir besonders dankbar auf 20 Jahre geeintes Deutschland zurück, das wir uns genauso wenig erarbeitet haben wie unsere Äpfel auf dem Abendmahlstisch. Wir können in diesen Geschenken Gottes Handschrift erkennen: „Ich habe dich lieb, ich bin mit dir, ich sorge für dich“. Er zeigt uns, dass seine Liebe auch den Sündern gilt, ja, gerade ihnen. Wir dürfen empfangen, obwohl wir nicht jeden Apfelbaum gesetzt haben, das Getreide nicht selbst ausgesät haben und in vielerlei Hinsicht auf Gottes Güte angewiesen waren. Lebensfreude erwächst aus Dankbarkeit und Vertrauen, dass Gott weiter für uns sorgen wird. Und unser Glaube an Jesus Christus führt uns noch einen Schritt weiter. Wir leben in dem Bewusstsein, dass uns auch der Tod nicht von Gottes Liebe trennen kann, Gottes Zusage bestehen bleibt. Das Vertrauen zu Jesus ist Grundlage einer Lebensfreude, die empfängt und nicht nehmen oder stehlen muss. Was habe ich geschenkt bekommen in diesem Jahr, wofür ich von Herzen dankbar sein kann? Die Antwort auf diese Frage öffnet den Blick zur Freude hier und heute, an dem was ist, nicht an dem, was ich noch schaffen muss oder andere noch tun müssen. Geschenkt ist das Leben, das ist Grund zur Freude. Psalm 1,1-3 Cornelia
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