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Liebe Gemeinde,
Sind die Methodisten genauso erkennbar wie ihre Gebäude in Irland? Sind wir erkennbar? Von den ersten Christen wissen wir, dass man sie sehr gut identifizieren konnte. Petrus und Johannes waren nach einer spektakulären Heilung gefangengenommen worden. Man befragte sie vor dem Hohen Rat, woher sie ihre Kraft zum Heilen genommen hatten, in wessen Namen sie unterwegs waren. Mit der Kraft des Heiligen Geistes antwortete Petrus und gab Zeugnis von seinem Glauben an Jesus Christus. Die Reaktion darauf ist uns überliefert: Apostelgeschichte 4,13
Die Abgeordneten des Hohen Rates erkannten, dass die beiden zu Jesus gehörten. Die Zeichen und Wunder, die sie taten, die überzeugende, mitreißende Rede und die, die durch ihre Predigt zum Glauben kamen, waren Beweis genug. Woran erkennt man uns heute? Wohl eher nicht an Zeichen und Wundern, aber an unserem Reden? Wie andere durch unsere Wegbegleitung zum Glauben gekommen sind? John Wesley veröffentlichte 1742 eine kleine Schrift: „Kennzeichen eines Methodisten“. Er wurde immer wieder gefragt: „Was ist ein Methodist? Was unterscheidet ihn von anderen?“ John Wesley entfaltete in dieser kleinen Schrift 18 Punkte, die einen Methodisten ausmachen und wie er seinen Glauben lebt. Dabei wird deutlich, dass die Kennzeichen nicht exklusiv auf Methodisten zutreffen, sondern allen Christen gemein sind. Kennzeichen eines Methodisten sind, dass er wie ein Christ lebt. Woran erkennt man Christen?
Es muss also andere Kriterien
geben, an denen wir erkennbar sind. Mir fallen dazu Stichworte ein:
John Wesley spürt
dem in seiner Schrift nach, er entfaltet, wie Gott sich unser Leben vorstellt.
Meistens ist eine der ersten Fragen, die uns Methodisten gestellt wird: „Worin unterscheidet ihr euch von den anderen Kirchen und Christen?“ „In nichts“ würde John Wesley antworten und nimmt darauf in den Punkten 1-4 Bezug. 1 Gott spricht durch die Bibel zu uns. Die Bibel ist die einzige Grundlage unseres Glaubens. Darin ist beschrieben, dass Jesus Gottes Sohn ist und uns in eine neue Beziehung zu Gott bringt. Das, so sagt Wesley, ist die Kernaussage der Bibel, in allem anderen können wir denken und denken lassen. Auch damals wie heute gab es Streitpunkte, wie die Bibel zu verstehen ist. Wesleys Ansatz ist auch heute beherzigenswert. Was unseren Glauben fördert, wo wir Gott entdecken als den, der liebt, uns vergibt, neu anfängt mit uns, das gehört zur Mitte der Schrift. Er empfiehlt, anderen Meinungen ein großes Herz entgegenzubringen, einander stehen zu lassen, statt Streitgespräche zu führen. Ich habe schon Themen, die mir richtig am Herzen liegen, auch wenn sie nicht unbedingt zum Zentrum des Evangeliums gehören. Da merke ich, wie schwer es mir fällt, den anderen mit seiner anderen Sichtweise z.B. zum Thema Homosexualität, Ökologie, Flüchtlinge zu akzeptieren, ihn anzuschauen und ihn denken zu lassen. Und genauso wird es anderen mit mir gehen. Wesley stoppt mich und lässt mich zuerst hören und zuhören, bevor ich auf den anderen eindresche. Manchmal finden wir einfach nicht zusammen, dann darf ich Abstand gewinnen und meinen Gesprächspartner Gott anbefehlen. Denn der redet ja auch mit ihm. 2 Methodisten haben keine spezielle Kirchensprache. Sie reden einfach und klar von Gott. Das hört sich selbstverständlich an, ist aber doch ganz schön schwierig. Im Kirchlichen Unterricht hatten wir vor den Ferien das Thema: „Das einfache Evangelium“. Aufgabe war, das Evangelium kurz und verständlich zu erklären. Es wurde ein großes Plakat mit vielen Punkten daraus, und immer wieder war die Nachfrage nötig: „Was meinst du denn damit genau, z.B. mit "Jesus hat mich aus den Sünden gerettet"?“. Jesus hatte Fischern von Jesus erzählt. Die hatten nicht Theologie studiert, waren vielleicht kaum selbst auf der Schule. Und trotzdem verstanden sie Jesus. Das muss unser Maßstab sein. Versteht mein Nachbar, wenn ich ihm erkläre, was Glauben für mich bedeutet? 3 Methodisten pflegen keine besonderen Traditionen, sondern leben in dankbarer Freiheit. Wie andere auch, so formulierte Wesley, heiraten, essen und trinken sie. Traditionen sind ein Geländer im Alltag. Wenn wir die Zähne nicht putzen, dann fehlt uns was. Und so gilt es auch für die geistlichen Traditionen. Wer Sonntag jede Woche zur Kirche geht, dem fehlt etwas, wenn das nicht möglich ist. Er muss auch nicht jeden Sonntag neu entscheiden, gehe ich oder nicht, er tut es einfach und lebt darin. Nicht alle Traditionen sind schlecht, und Neues muss nicht besser sein, nur weil es neu ist. Aber wir werden hier aufgerufen, uns zu prüfen. Führen uns Traditionen zu Jesus oder von ihm und seinem Auftrag weg? Sind Traditionen noch lebendig oder erstarrte Riten ohne Inhalt? Ein gutes Beispiel ist da die Musik. Eine große Neuheit der methodistischen Bewegung war das Liedgut. Man sang populäre Lieder und gab ihnen einen geistlichen Text. Die Lieder hatten Schwung, waren vielfach Tanzlieder und besetzten bei den Leuten ganz positive Assoziationen. Sie lernten die geistlichen Lieder mit diesen bekannten Melodien viel leichter und sangen sie viel lieber als die schwerfälligen Choräle, die es damals in der Kirche gab. Doch diese Innovationsfreude hielt nicht an. Bald waren die ehemals modernen Lieder Traditionsgut geworden. Man meinte, dass man sie singen müsse, um ein guter Methodist zu sein. So hatte sich das John Wesley offenbar nicht vorgestellt, er hätte wohl eher für Lobpreis-Lieder plädiert. Er animiert uns auch heute, Ausschau zu halten nach dem, was uns zu Jesus hinbewegt, und das kann durchaus anders sein als vor 200 Jahren. 4 Im Alltag soll der Glaube erkennbar sein. Das ist wohl das Herzstück der Kennzeichen eines Christen, einer Christin. Woran erkennt man uns im Alltag? Darauf nehmen die nächsten Stichworte Bezug. 5 Sich von Gott bedingungslos geliebt wissen, Jesus selbst zu erfahren, ist die Grundvoraussetzung für den entsprechenden Lebensstil. Mit einigen Frauen machen wir gerade eine „Glaubensreise“ in der Gemeinde. Wir entdecken Gott und entdecken uns neu im Verhältnis zu ihm. Wir üben, Gott wahrzunehmen und ihn besser hören zu können. Dabei wird so deutlich, wie sehr und eindringlich uns Gott in Jesus Christus zusagt: „Du bist gewollt, du bist gehalten, du wirst getragen, du wirst geführt.“ Und wie schwer es ist, dies anzunehmen und sich darein fallen zu lassen. Doch nur so wird unser Liebestank gefüllt, und wir müssen nicht an anderen Stellen suchen, um Anerkennung, Wertschätzung und unbedingtes Vertrauen geschenkt zu bekommen. Dieses Wahrnehmen seiner Liebe gilt es aufzufrischen. 6 Tief gegründete Freude sollen wir haben. Ich denke an eine Jesus-Begegnung. Jesus war zu Gast bei seinen Freunden: Lukas 10,38-42
Bei den beiden Schwestern kommt Hören und Tun zusammen. Die eine hört ihm zu, die andere sorgt sich darum, dass seine Botschaft der Liebe durch den Magen geht. Dass das nicht immer Hand in Hand geht, zeigen die beiden Schwestern. Mal ist Hören angesagt, mal eher das Tun, mal liegen beide im Wettstreit. Und immer wird Jesus ein Wort mitreden, uns zu dem einen ermutigen und beim anderen bremsen. Doch letztlich geht es um ein gemeinsames Essen mit Freunden, um einen Rückzugsort, eine Pause im Alltag, eine Kraftquelle, um die Herausforderungen vor der Tür überstehen zu können. Das macht froh, auch wenn immer irgendwas dagegen steht und uns die Laune verderben kann. Aber diese Freude wächst aus der Beziehung zu Jesus, der da ist und mitgeht. 7 Dankbar in jeder Lebenslage können wir sein. Gott will Gutes für mich, daran kann ich mich festhalten. Das ist leichter, wenn der Weg glatt vor mir liegt, und viel schwerer, wenn ärztliche Diagnosen Unheil erwarten lassen oder ich am Grab eines lieben Menschen Abschied nehmen muss. Mir hilft, den Blick auf die Horzontlinie zu richten. Dieses Leben ist nicht das ganze Paket. Ein wesentlicher Teil des Pakets wird erst in Gottes Ewigkeit geöffnet. Deshalb muss ich nicht alles Glück von diesem Leben erwarten, kann ich auch mit seiner Hilfe Schmerzen aushalten und Umwege akzeptieren. Blumen am Weg erinnern mich, dass Gott mich sieht und mir zur Seite steht. 8 Häufiges Beten ist normal. Was ist häufiges Beten, so frage ich mich bei dieser Formulierung. Es geht wohl nicht um die Anzahl der Gebete, die jemand am Tag spricht, sondern eher um eine ganzheitliche Gebetshaltung und -verbindung. In unserem Gesangbuch ist eine Zeichnung von Paul Klee abgedruckt, „Engel voller Hoffnung“, so ist sie überschrieben. Abgebildet ist eine Engelgestalt, für mich am auffälligsten sind ihre Augen. Das Gesicht ist um 90 Grad gedreht, das obere Auge schaut nach oben, das untere schaut nach unten. So ist wohl Beten. Wir sind mit einem Auge unseres Herzens bei Gott und mit einem mitten in unserem Leben hier auf der Erde. Und weil wir den Blickkontakt mit Gott haben, können wir uns von ihm leiten lassen und spüren ihn, auch wenn wir kein ausdrückliches Gebet formulieren. Kennzeichen eines Methodisten sind Kennzeichen eines Christen. Methodisten wollen nichts Besonderes sein, sondern reihen sich ein in die Nachfolgerinnen und Nachfolger Jesu. Sie wagen jeden Tag neu das Abenteuer, Jesus im Lebenshaus willkommen zu heißen, ihm zuzuhören, sich verändern zu lassen und die Liebe weiterzugeben wie Maria und Martha aus Bethanien. Das letzte Kennzeichen
bringt das zum Ausdruck:
Cornelia
Trick
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