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Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
Dabei habe ich erfahren, dass muslimische Gelehrte den Koran sehr differenziert auslegen, und viele Schlagworte, die ich bisher dem Islam zuordnete, kulturell bedingt sind und vom Koran her auch anders gedeutet werden können. So ist es eine Frage der Übersetzung, ob die Feinde des Koran totgeschlagen oder entwaffnet werden sollen. In der Bedeutung tut sich dabei allerdings ein großer Unterschied auf. Auch die Rolle der Frau kann von Auslegern des Koran sehr positiv dargestellt werden. Sie lehnen teilweise jede Diskriminierung ab. Ein Blick in die eigene Kirchengeschichte lehrte mich, dass auch bei uns Christen viele Aussagen in den Jahrhunderten unterschiedlich interpretiert werden konnten. Man führte im Namen Gottes Krieg und ließ sich für den Glauben widerstandslos auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Man unterdrückte Frauen und trat zu anderen Zeiten für Gleichberechtigung ein. Man versklavte Menschen und brachte die Mauer in Deutschland durch Gebete zum Einsturz. Auf der anderen Seite wurde auch deutlich, dass sowohl Moslems als auch Christen Gott als den Schöpfer verehren, von dem sie als Geschöpfe abhängig sind, der sie liebt und sucht und der ihnen seine Gnade schenkt, ohne die sie nicht leben können. Wichtig geworden ist mir der Vergleich im Verständnis von Jesus Christus. Im Koran ist Jesus der Prophet, der das Gesetz des Mose zur Erfüllung bringt. Er war ein wichtiger Wegweiser, der auf Gott hinwies und Menschen einlud, ihr Leben mit Gott zu führen. Jesus ist für Muslime ein Mensch, der mit beiden Beinen auf der Erde stand, aber einen höheren Grad an Erleuchtung besaß. Er stand sozusagen auf der Bergspitze und war dem Himmel ganz nah. Allerdings gehörte er auch dort oben auf der Bergspitze noch ganz und gar zur Erde. Nach dem Verständnis Mohameds war Jesus nicht der Mittler Gottes, Gott braucht keinen Mittler. Er war nur Hinweisschild, das zu Gott weist. Auch der Tod am Kreuz wird im Koran abgelehnt. Jesus ist nach dem Koran nicht am Kreuz gestorben. An seiner Stelle wurde ein anderer gekreuzigt. Er selbst wurde von Gott erhöht, ähnlich wie der Prophet Elia in der biblischen Überlieferung. So war Jesus auch im Tod ganz Prophet, aber nicht Gottessohn, der in den Tod hinab stieg, um die Sünde der Menschen zu tragen. Mir kommt ein Bild in den Sinn, das den Unterschied zwischen Jesus im Koran und Jesus, wie er in der Bibel beschrieben ist, zum Ausdruck bringt. Ich sehe vor mir eine Moorlandschaft. In der Moorlandschaft stehen verschiedene Wegweiser. Einer davon ist Jesus. Er zeigt auf den Weg zum rettenden festen Ufer. Jemand ist zu tief ins Moor hineingeraten. Er wird hinuntergezogen. Er klammert sich an den Wegweiser Jesus, aber das starre Schild kann sein Sinken nur aufhalten. Retten kann es nicht. Wie ich Jesus kenne, ist er der Rettungstrupp, der vom festen Boden aus die Planken zu dem Versinkenden legt. Er ist nicht starres Schild, sondern Helfer, der von außen kommt, von oben, von Gott. Er ist lebendig und rettet aus dem Moor, dass der Mann nicht ertrinken muss. Jesus redete selbst so über sich in einem Streitgespräch mit den führenden Leuten, Pharisäern und Schriftgelehrten: Johannes 8,21-24 Jesus sagt von sich, dass er "von oben" ist. Er gehört nicht zu dieser Welt, er ist nicht auf einem besonders hohen Berg, um fast am Himmel zu kratzen, sondern er ist vom Himmel zu uns Menschen gekommen. Er ist der Retter, der vom festen Land geschickt wurde, um die Ertrinkenden aus dem Moor zu retten. Das Moor, so sagt es Jesus, ist die Sünde. Sie hält den Menschen fest und verstrickt ihn immer mehr. Selbst das Freistrampeln lässt ihn nur noch tiefer hineinrutschen. Das Moor beginnt mit den ersten Schritten, die der Mensch tut, ohne sich an Gottes Hand festzuhalten. Verliert er den sicheren Halt an Gott, wird er abrutschen und keinen Weg zurück mehr finden. Mit dem Verlust der Beziehung zu Gott verliert er seine Heimat und sucht in einem verzweifelten Überlebenskampf, diese Heimat, Geborgenheit und Halt ohne Gott zu finden. Er gerät in Abhängigkeit von Menschen, die ihm scheinbaren Halt geben, von Umständen und materiellen Sicherheiten. Er lebt in Angst vor dem Untergang und verliert die unbekümmerte Freude des Paradieses. Den Ausführungen Jesu
voraus geht ein sehr anschauliches Beispiel für seine Aufgabe, Menschen
"von oben", vom festen Land aus dem Moor zu ziehen.
Die Ankläger fliehen vor Jesus. Sie lassen sich nicht retten. Auf sie trifft zu, was Jesus sagt: "Ich gehe hinweg, und ihr werdet mich suchen und in eurem Morast sterben." (Johannes 8,21) Jesus ist kein Hinweisschild,
sondern lebendiger Retter. Die Frau lässt sich aus dem Morast ihrer
Schuld herausziehen, um in die Gemeinschaft mit Gott zu kommen. Die Ankläger
lassen sich nicht ziehen. Sie verpassen ihre Chance.
Christen glauben an Christus, der "von oben" kommt, um uns aus dem Unten zu retten und mit sich zu ziehen. Er ist der lebendige Mittler, in ihm zeigt Gott sein Gesicht und seine Liebe. Es ist kein unendlicher Abstand zwischen Gott und seinen Menschen im Moor, sondern Jesus kommt zu uns. Wir können dieses Wissen ganz persönlich anwenden auf unser Leben: Aufruf: Jesus ruft uns auf, an ihn zu glauben, der von sich sagt: Ich bin Gottes Sohn. Er appelliert an uns, die Chance nicht wie die Pharisäer und Schriftgelehrten damals zu verpassen. Negatives Beispiel sind die Meinungsmacher damals. Sie kamen sich so erhaben über die Situation der Frau vor und steckten doch selbst mitten drin im klebrigen Moor der Sünde. Als sie durch Jesus ihre Situation erkannten, ließen sie sich nicht helfen, sondern strampelten nur immer doller ihrem sicheren Tod entgegen. Die Wahrheit hält uns hier Jesus wie einen Spiegel vors Gesicht. Wir haben keine Chance, uns allein zu retten. Ein Hinweisschild reicht nicht, wir brauchen den leibhaftigen Retter, der Gottes Vollmacht hat, uns herauszuziehen. Einstellungen können wir ändern. Die beginnende Passionszeit gibt uns Möglichkeiten, Jesus näher kommen zu lassen, sein Licht in unser Leben leuchten zu lassen. Wir sind nicht besser als andere. Wir haben kein Recht, Steine zu werfen. Wir haben aber dringend nötig, stehen zu bleiben, um Jesus an uns handeln zu lassen. Neues erleben wir mit Jesus. Er führt uns einen neuen Weg in die Zukunft, wenn wir seine Gnade annehmen, es uns gesagt sein lassen, dass er wirklich vergibt. Die Versuchung ist groß, dass wir die liegen gelassenen Steine selbst aufheben, um uns damit selbst zu steinigen. Doch Jesus möchte uns befreien. Er möchte uns den Zwang nehmen, immer weiter zu sündigen und die gleichen Fehler endlos zu wiederholen. Nur auf den Planken des Vertrauens zu Jesus können wir unseren Charakter formen lassen. Danken können wir für unsere Rettung, für das Wort der Begnadigung: "Ich verdamme dich nicht!" und die Zukunftsmöglichkeit. Umkehren müssen wir von allen Wegen, die uns wieder von Jesus wegführen ins Moor hinein. Wenn wir unsere Zeit des Gebets vernachlässigen und unsere Ohren für sein Reden verschließen. Wenn unsere eigenen Ängste größer werden als sein Zuspruch. Noch steht aus, dass alle Menschen in Jesus den Retter erkennen, der "von oben" in der Vollmacht des Vaters kommt. Doch wir sind aufgerufen, Zeugnis von seiner lebendigen Zuwendung zu geben, Muslime, mit denen wir im Gespräch sind, nicht auf die Nebenthemen anzusprechen, sondern ihnen zu bezeugen, dass Jesus nicht nur den Weg aus dem Moor weist, sondern kommt, um uns eigenhändig herauszuziehen. Dann werden wir im Gebet
Jesus loben, dass er unser Herr ist:
Cornelia
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