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Liebe Gemeinde,
Vielleicht erleben das die Jugendlichen in ihrer Gemeinde so vorbildlich. Dann wäre die Gemeinde eher eine Ausnahme. Denn schon als Jesus mit seinen Jüngern drei Jahre von Ort zu Ort zog, war Konkurrenz immer wieder Thema. Die Evangelisten haben diese Gespräche im Jüngerkreis in ihren Evangelien festgehalten, wohl deshalb, weil sie auch für die jungen, gerade gegründeten Gemeinden des 1.Jahrhunderts Bedeutung hatten. Einmal war Jesus mit seinen Nachfolgern unterwegs zum Passafest nach Jerusalem. Es sollte seine letzte Reise werden, dort erwartete ihn das Kreuz. Er bereitete seine Jünger auf den Abschied vor, doch sie konnten das noch nicht ganz begreifen. Sie merkten nur, dass etwas Entscheidendes bevorstand. Das würde für sie Konsequenzen haben, ihr bisheriges Leben aus den Angeln heben. Man kann verstehen, dass sie sich überlegten, wie sie möglichst viel für sich aus dieser Situation herausholen konnten. Vor 2 Wochen kam die Nachricht, dass die Reifenfirma Goodyear in Hanau 1100 Stellen abbauen will. Wie mag es bei den Beschäftigten dort zugehen? Werden sie nicht auch dafür sorgen, dass sie im Unternehmen überleben können, ihre Sozialpunkte sammeln und hoffen, dass sie so unabkömmlich sind, dass ihre Stelle erhalten bleibt? So jedenfalls kann ich mir vorstellen, dass es im Jüngerkreis rumorte. Matthäus 20,20-28
Jesusgespräch
Und wer die Passionsgeschichte Jesu kennt, weiß auch, dass die beiden Brüder gleich zweimal elend scheitern werden. Sie werden im Garten Getsemane einschlafen, obwohl Jesus sie gebeten haben wird, für ihn zu beten, während er um Kraft für seinen Weg betet. Und sie werden vor den Römern fliehen, um nicht selbst verhaftet zu werden. Es muss sich für Jakobus und Johannes wie ein Nadelstich in den Luftballon ihrer Selbstüberschätzung angefühlt haben. Jesus sagt ihnen auf den Kopf zu: Ihr werdet versagen und doch werdet ihr eine meine Jünger bleiben. Es wird der Becher des Todes für euren Glauben auch an euch nicht vorübergehen, aber das liegt nicht an eurer Kraft und eurem Mut, sondern das werdet ihr ertragen, weil Gott euch die Kraft dazu gibt. Nach diesem kurzen Blick in die Zukunft geht Jesus wieder auf die ursprüngliche Frage ein. Die Plätze im Himmel werden nicht nach Bonuspunkten verteilt. Gott hat andere Maßstäbe. Es kommt nicht darauf an, Plätze mit Handtüchern zu reservieren, sondern bei Jesus zu bleiben und darauf zu vertrauen, dass er in den Himmel mitnimmt. Gott wird den Platz zuteilen, der passt, und es wird richtig sein. Jüngergespräch
Jesus zeichnet nun ein Kontrastmodell zu dem, was im Alltag gelebt wird, er zeichnet mit zarten Strichen sein Bild von einer Gemeinschaft von Jesus-Nachfolgenden. Sie dienen einander, waschen sich die Füße, statt an der Tafel die Bediensteten zu kommandieren. Sie fragen nach den Bedürfnissen des anderen, statt wie im Kindergarten zu rufen: „Ich bin der Bestimmer!“ Sie lassen sich nicht vom Ehrgeiz leiten, der oder die Beste zu sein, sondern binden den oder die Schwächste ein, richten sich nach den Bedürfnissen der anderen und versuchen, auch denen in Liebe zu begegnen, die es objektiv nicht verdient haben. Dienen statt Herrschen
Zwei Beobachtungen kommen mir, wenn ich schaue, was Jesu Worte in unserem Gemeindealltag bewirken. 1 Herrschen oder Verantwortung
übernehmen
Aber nur kleine Gruppen können ohne Leitung und ohne jemand, der voran geht, harmonisch zusammenleben. In der Familie können wir es praktizieren, und selbst da gibt es für verschiedene Bereiche meistens jemand, der oder die den Ton angibt: Die Kinder bestimmen das Mittagessen, die Eltern bestimmen das Budget für den Urlaub, die Großeltern bestimmen, wie die großen Familienfeste aussehen sollen usw. Jesus hat uns nicht gesagt, dass niemand Verantwortung übernehmen soll. Im Gegenteil, Dienen können wir auch, indem wir für einen bestimmten Bereich Verantwortung übernehmen. Aber eben nicht mit Blick auf unser eigenes Wohlgefühl, unseren eigenen Mehrwert und unseren Profit, sondern im Blick auf die Menschen, für die wir Verantwortung übernehmen. Wer zum Beispiel in der Gemeinde den Kirchenkaffee organisiert, soll es nicht tun, weil er selbst so gerne Kaffee trinkt und sich dann das Kochen zu Hause spart, sondern weil er sieht, dass Menschen nach dem Gottesdienst noch Gemeinschaft brauchen, sich austauschen über ihr Leben, das im Gottesdienst Erfahrene sacken lassen und mit dem Kaffee schmecken und sehen können, dass Gott es gut mit ihnen meint. So lässt sich jeder Dienst, ob er nun einen Namen trägt oder einfach verantwortlich übernommen wird, darauf abklopfen: Tue ich das nur für mich, weil ich es brauche, weil es meine engste Familie braucht? Oder diene ich, weil ich sehe, dass Jesus mir diese Aufgabe anvertraut und mir den Blick dafür schenkt, was er durch mich bewirken will. Wahrscheinlich würden wir das alle unterschreiben. Natürlich – wir dienen alle Jesus, nicht uns selbst. Doch die Fallen stehen bereit, und nicht nur Jakobus und Johannes sind hineingetreten. Was uns hilft, ist Seelenhygiene. Um mein Herz frei von Konkurrenz und „Ich zuerst“ zu bekommen, brauche ich Jesu Zuwendung, seine Nähe. Ich möchte ihn spüren, hören, erfahren in stillen Momenten, im Singen und im ganz normalen Alltag. Ich brauche seine Zusage, damit ich unabhängiger vom Applaus anderer werde. Ich werde mir bewusst, dass ich von Jesus absolut abhängig bin, das gibt mir Bodenhaftung – ich bin nicht besser als andere. Neben der Seelenhygiene ist die Vernetzung untereinander wichtig. Als Solotänzer verlieren wir leicht das Gefühl, in einer vernetzten Gemeinschaft des Gebens und Nehmens zu leben. Wer den Eindruck hat, dass ohne ihn nichts läuft, kann leicht Allmachtsphantasien entwickeln, ohne dass er es bewusst will. Haben wir in unseren Aufgaben Austausch? Begleiten wir uns gegenseitig in der Fürbitte und in der Ermutigung? Erinnern wir uns an unser gemeinsames Ziel, einander in Liebe zu dienen, wie Jesus es uns vorgelebt hat? 2 Dienen als Herrschen
In diesen Tagen erzählte mir ein Kassenverwalter einer anderen Gemeinde, wie Leute bei ihm die Beitragszahlung eingestellt hätten, solange nicht klar war, ob die Kirche bei der Generalkonferenz nach ihrer Vorstellung abstimmen würde. Sie waren sicher der Meinung, dem Herrn mit ihrem Beitrag dienen zu wollen, aber nutzten das Geld als Druckmittel für ihre Bedürfnisse. Wir haben in einer Gemeinde sicher verschiedene Ansichten und Ansätze, unterschiedliche Aufgaben auf dem Herzen und sehen Prioritäten anders. Doch wenn wir einander dienen wollen, müssen wir beieinander bleiben: im Gebet miteinander, in dem wir Hörende für den Willen Gottes werden, im Ringen miteinander, um uns besser zu verstehen und die Position des anderen nachzuvollziehen und im Mitmachen, auch wenn es nicht unseren Vorstellungen entspricht. Bestes Beispiel dafür ist hier in Bormbach die Erweiterung des Gemeindezentrums in den 90-iger Jahren. Immer wieder höre ich, dass längst nicht jeder der Meinung war, dass eine Erweiterung notwendig war. Doch auch die Gegner ließen sich auf den Neubau ein, verbrachten die Samstage auf der Baustelle und wurden Teil einer großartigen Dienstgemeinschaft, die bis heute zu spüren ist. So hat sich Jesus wohl den Dienst der Gemeinde vorgestellt. Jesu Modell von Gemeinde
So kann ich mit neuer Freude und den Augen Jesu sehen, wo ich seinen Dienst fortsetzen kann. Cornelia
Trick
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