Ostergottesdienst
am 23.03.2008
Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
ein lieber Freund schickt
Ihnen eine Karte. Sie freuen sich darauf, etwas von ihm zu erfahren. Doch
beim näheren Hinsehen merken Sie, dass Sie seine Handschrift - mal
wieder - nicht entziffern können. Das Motiv auf der Postkarte sieht
interessant aus, aber ohne Erklärung kommen Sie nicht weiter. Schade
um die schöne Karte, schade, dass Ihnen die Botschaft des Freundes
ein Rätsel bleibt.
Ostern kann wie eine solche
unleserliche Karte bei manchen ankommen. Sie machen mit beim Dekorieren,
Eier Färben, singen vielleicht sogar Osterlieder oder stehen früh
auf, um ein Osterfeuer mitzuerleben, aber der eigentliche Inhalt des Osterfestes
bleibt wie eine unleserliche Karte ein Rätsel. Vielleicht ist auch
heute Morgen jemand hier unter uns, der die Schrift Gottes nur schlecht
oder gar nicht entziffern kann und der sich erhofft, Licht ins Dunkel zu
bringen. Für den oder die ist die Osterbotschaft der Bibel genau richtig,
eine Erklärung von Gottes Handschrift und seiner Mutmach-Karte zu
Ostern.
Mit den Kindern haben wir
schon die ersten Stationen des Ostermorgens nach dem Matthäus-Evangelium
betrachtet. Nochmal einige Akzente zum Ostermorgen am Matthäusevangelium
entlang:
Das Grab des Auferstandenen
Die beiden Marias gingen früh
am dritten Tag nach der Kreuzigung zum Grab, um dem Toten die letzte Ehre
zu erweisen und sich an ihn und sein Wirken zu erinnern. Sie sind sicher
nicht zum Grab gegangen mit der Erwartung, dass etwas ganz Neues passieren
könnte. Hier holen uns die beiden Marias ab. Sind wir am Ostermorgen
auch auf dem Weg, das Altbekannte zu pflegen und ein Traditionsfest zu
feiern? Ist Ostern für uns die Analogie zum immer wiederkehrenden
Frühling nach einem kalten Winter? Sind wir bereit, von Gott berührt
zu werden außerhalb unserer Erwartungen und Traditionspflege? Ist
uns bewusst, dass Ostern etwas ganz Neues angebrochen ist, der Tod besiegt
ist und es keinen "Winter" mehr geben wird?
Der Engel sitzt auf dem
Stein
Ganz neu bewusst geworden
ist mir die merkwürdige Position des Engels. Er steht nicht etwa vor
den Frauen, wie man das von einem Engel mit einer umwälzenden göttlichen
Nachricht erwarten würde, sondern er sitzt auf dem weggerollten Stein,
um den Frauen zu sagen: "Er ist nicht hier!" Mir kommt es vor, als ob Gott
seine Truppen ins feindliche Land des Todes ausgesendet hat, um dieses
feindliche Land zu besetzen, das ab nun ihm gehört. Der Tod hat ausgespielt.
Der Teufel ist entmachtet. Gott besetzt das Todesterritorium. Wo er das
Grab besetzt hat, wird es keinen ewigen Tod mehr geben. Das gilt auch heute
für unsere Gräber. Gott hat sie besetzt. Wer sich an den Auferstandenen
hält, der dem Tod die Macht genommen hat, wird nicht in den Fängen
des Todes bleiben. Ein Engel Gottes hat das Grab besetzt und zeigt den
Weg zum ewigen Leben.
Die Botschaft des Engels
Der Engel gibt den Frauen
den Auftrag, den Jüngern auszurichten, dass Jesus ihnen in Galiläa
begegnen würde. Sicher, Galiläa war die alte Heimat der Jünger,
es machte Sinn, dass sie wieder an den Ausgangspunkt ihrer Zeit mit Jesus
zurückkehrten. Aber vielleicht steckt hinter diesem Galiläa ja
noch viel mehr. Galiläa hatte seit der assyrischen Eroberung 733 vor
Christus viele Einwanderer aus nichtjüdischen Gebieten aufgenommen.
Dass die Jünger nach Galiläa gehen sollten, um dort dem Auferstandenen
zu begegnen, könnte den Beginn der Heidenmission andeuten. Auch heute
erleben wir Jesu Nähe besonders in Situationen, in denen wir anderen
von ihm erzählen und unseren Glauben bezeugen. Dass Jesus sich seinen
Jüngern in der Missionssituation zeigen wollte, zeigt, dass
sie ihn genau da ganz nötig brauchten.
Die Fortsetzung des Ostergeschehens
am Grab
Matthäus 28,9-15
Da stand plötzlich Jesus
selbst vor ihnen und sagte: "Seid gegrüßt!" Die Frauen warfen
sich vor ihm nieder und umfassten seine Füße. "Habt keine Angst!"
sagte Jesus zu ihnen. "Geht und sagt meinen Brüdern, sie sollen nach
Galiläa gehen. Dort werden sie mich sehen." Während die Frauen
noch auf dem Weg waren, liefen einige von den Wächtern in die Stadt
und meldeten den führenden Priestern, was geschehen war. Diese fassten
zusammen mit den Ratsältesten einen Beschluss: Sie gaben den Soldaten
viel Geld und schärften ihnen ein: "Erzählt allen: 'In der Nacht,
während wir schliefen, sind seine Jünger gekommen und haben den
Toten gestohlen.' Wenn der Statthalter von der Geschichte erfährt,
werden wir mit ihm sprechen. Ihr habt nichts zu befürchten!" Die Wächter
nahmen das Geld und taten, wie man sie gelehrt hatte. So kam diese Geschichte
auf und wird bei den Juden bis heute weitererzählt.
Überraschungsbesuch
Eben noch hatte der Engel
den Frauen gesagt, in Galiläa würden sie Jesus sehen. Nun steht
Jesus selbst vor den Frauen. Wie ist dieser Widerspruch zu erklären?
Wusste der Engel nichts von Jesu Terminkalender? Doch, er kannte Jesu Termine
als sein Sekretär sicher gut. Doch dieser Besuch Jesu bei den Frauen
diente nicht der Mission, sondern war Ausdruck seiner Liebe zu diesen beiden
Frauen und Sehnsucht nach ihnen. Wie wenn ich auf Dienstreise bin und überraschend
die Möglichkeit habe, einen früheren Zug zu erreichen. Dann bummle
ich nicht erst eine Stunde in Frankfurt herum, um dann wie geplant zu Hause
anzukommen, sondern überrasche meinen Mann, glücklich, ihn eine
Stunde früher als erwartet zu sehen. Jesus überraschte die Frauen,
um ihnen seine Liebe zu zeigen. Die Frauen brauchten den Besuch nicht,
um an den Auferstandenen zu glauben. Matthäus berichtet, dass sie
voller Freude auf die Worte des Engels hin zu den Jüngern eilten.
Aber Jesus zeigte ihnen, dass er sie ganz persönlich aufsuchte, dass
sie ihm wichtig waren und dass er bei ihnen bleiben würde. Jesus legt
auch heute Termine vor. Wir glauben, dass wir ihm in der Ewigkeit begegnen
werden, doch immer wieder stellt er sich mitten auf unseren Weg. Ein sehr
kranker Bekannter von mir erlebte es kurz vor Ostern, dass Jesus ihm begegnete.
Er ist bei diesem Besuch Jesu nicht gesund geworden, aber er hat unglaubliche
Kraft bekommen, den Kampf mit der Krankheit weiter aufzunehmen. Jesus hat
seinen Termin bei ihm vorverlegt, um ihn zu stützen. So geht das Ostergeschehen
in unserem Leben weiter. Vielleicht besucht Jesus heute noch jemand von
uns, ruft ihm zu: "Hab keine Angst!" und gibt ihm Sicherheit. Vielleicht
schickt Jesus heute jemand von uns in seinem Namen los, um einem anderen
Jesu Gegenwart zuzusagen. Wie Jesus kommt, mag sehr verschieden sein, aber
wenn er kommt, werden wir ihn nicht übersehen können.
Platzanweisung
Die Frauen fielen Jesus zu
Füßen. Das hören wir und nehmen es als ein Relikt aus vergangenen
Zeiten zur Kenntnis. Wir fallen nicht mehr vor Jesus auf die Füße.
Schon das Knien bereitet vielen von uns Schmerzen. Wir sitzen auf bequemen
Stühlen, an Tischen und diskutieren mit unserem Gegenüber von
Angesicht zu Angesicht. Bei Jesus werden uns viele Begebenheiten überliefert,
bei denen jemand Jesus zu Füßen gefallen ist. Die Sünderin,
von der Lukas 7 berichtet, saß zu Jesu Füßen, was mehrfach
erwähnt wird. Auch Maria saß Jesus zu Füßen, um ihm
zuzuhören, während Martha geschäftig die Küche managte.
Wo sitzen wir? Vor den Füßen Jesu oder mit ihm am Tisch? Diskutieren
wir mit Jesus auf gleicher Augenhöhe? Steht uns das zu? Ich höre
aus der Osterbotschaft heraus, dass dieser Platz zu Jesu Füßen
für mich angemessener ist als der Küchentisch, an dem ich ihm
hauptsächlich über mein Befinden Auskunft gebe. Zu Jesu Füßen
bin ich Hörende, Empfangende, lerne ich, ihm zu gehorchen und das
zu tun, was er will. Dabei habe ich seine Nägelmale vor Augen. Sie
erinnern mich täglich daran, dass ich seine Vergebung am Kreuz brauche,
um mit Gott im Reinen zu sein. Nie werde ich mich von Jesus lossagen können,
sonst reißt der Kontakt zu Gott und zum Leben.
Die Wachen
Die Wachen hatte das Auferstehungsgeschehen
umgehauen. Als sie wieder zu Bewusstsein kamen, war das Grab offen und
Jesus weg. Sie mussten Todesangst bekommen haben. Denn wenn herauskam,
dass sie das Grab nicht ordentlich bewacht hatten, drohte ihnen die Todesstrafe.
So wundert es nicht, dass sie zu den religiösen Führern liefen
und ihnen entsetzt berichteten, was passiert war. Sie kämpften um
ihr Leben. Die Wachen waren am gleichen Ort der Auferstehung wie die Frauen.
Doch für sie führte der Weg zurück zu den zuständigen
Behörden. Jesu Auferstehung hatte ihr Leben nicht verändert.
Ganz anders die Frauen, die sich nun auf den Weg nach Galiläa machten
und dem Auferstandenen nachfolgten. Sie gehörten zur neuen Zeit mit
neuen Aufgaben und Herausforderungen. Die Wachen kamen durch List und Tücke
mit dem Leben davon, aber das Leben, das den Tod besiegt hatte, kannten
sie nicht.
Nun sind wir keine Wachen,
sondern erleben Ostern wie die Frauen. Doch wie geht es nach Ostern weiter?
Werden wir unverändert in den Alltag zurückkehren, als ob nichts
geschehen wäre? Werden wir weiterhin Dienst nach Vorschrift machen
und Angst um unser Leben hier auf Erden haben? Oder werden wir durch Ostern
verändert? Dann können wir Jesus jederzeit und überall in
unserem Leben erwarten, sein Eingreifen bemerken und uns nicht abbringen
lassen von den Maßstäben, die Jesus uns für unser Leben
gibt.
Ostern ist eine Weggabelung.
Jesus ruft uns in seine neue Richtung. Wir dürfen gespannt sein, welche
Überraschungen da auf diesem neuen Weg auf uns warten.
Cornelia
Trick
|