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Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
Sie kennen das wahrscheinlich von "Wer wird Millionär". Zuerst schaut man zu, weil man wissen will, wie die Kandidaten sich behaupten. Auf einmal sitzt man selbst auf dem Stuhl und bekommt die Fragen persönlich gestellt. Man will die Antwort selbst wissen und wartet angespannt, ob das Ergebnis stimmt und man die nächste Gewinnstufe erreicht hat. Die Kandidaten werden unwichtig, man selbst spielt um die Million. Jetzt geht es aber nicht um Millionen, sondern um Jesus. Unsere Rollen sind in dieser Szene noch nicht besetzt. Welche Rolle werden wir übernehmen? Wo finden wir uns am Palmsonntag 2004 wieder? Szene 1 Jesus zieht in Jerusalem ein Dein König kommt jetzt zu dir! Er verzichtet auf Gewalt. Er reitet auf einem Esel und auf einem Eselsfohlen, dem Jungen eines Lasttiers." Die beiden Jünger gingen hin und taten, was Jesus ihnen befohlen hatte. Sie brachten die Eselin und ihr Junges und legten ihre Kleider darüber, und Jesus setzte sich darauf. Viele Menschen aus der Menge breiteten ihre Kleider als Teppich auf die Straße, andere rissen Zweige von den Bäumen und legten sie auf den Weg. Die Menschenmenge, die Jesus vorauslief und ihm folgte, rief immer wieder: "Gepriesen sei der Sohn Davids! Heil dem, der im Auftrag des Herrn kommt! Gepriesen sei Gott in der Höhe!" Als Jesus in Jerusalem einzog, geriet alles in große Aufregung. "Wer ist dieser Mann?" fragten die Leute in der Stadt. Die Menge, die Jesus begleitete, rief: "Das ist der Prophet Jesus aus Nazaret in Galiläa!" (Matthäus 21,1-11) Jesus handelt souverän wie ein König. Er schickt seine zwei Jünger los um den Esel mit seinem Jungtier zu holen. Er sieht die Einwände des Eselbesitzers voraus, aber sein Wort ist auch für den Besitzer Befehl. Jesus gibt sich zu erkennen. Er ist der erwartete Messias, gestützt auf ein Zitat aus der Bibel belegt er seinen Auftrag, der Zionsstadt Jerusalem Heil zu bringen. Im Gegensatz zu den herrschenden Römern und den im Untergrund kämpfenden Zeloten kommt er nicht auf einem Streitross, sondern auf dem Lasttier der armen Leute. Er bringt nicht Krieg mit sich und Unterdrückung, sondern Frieden. Sein Ziel ist, in der Hauptstadt sein Volk zu sammeln, um es bereit zu machen für die Gemeinschaft mit Gott in Ewigkeit. Soweit handelt diese Geschichte in der Vergangenheit, doch sie leuchtet bis in unsere Gegenwart. Jesus kommt auch heute zu uns, um uns zu sammeln als seine Gemeinde. Er kommt nicht mit der Brechstange und der Zwangsjacke, um Menschen unter Zwang zu bekehren. Er kommt mit dem Angebot des Friedens, das er uns anbietet, ohne es aufzudrängen. Niemand ist gezwungen worden, heute im Gottesdienst Jesus zu begegnen. Er bietet seine Gegenwart an und lädt uns ein, ihn freiwillig zu empfangen. Berichtet ist uns von drei verschiedenen Menschengruppen, die auf Jesus unterschiedlich reagieren. Die Jünger: Zuerst werden die beiden Jünger erwähnt, die den Auftrag bekommen, Esel zu holen. Sie gehorchen ohne Widerwort und Einwand. Offensichtlich spüren sie Jesu Sendungsbewusstsein und unterstützen es. Sie werden zu Mitarbeitern Jesu und klären die Voraussetzungen, dass Jesus in Jerusalem einziehen kann. Wie diese Jünger gibt es auch unter uns Menschen, die von Jesus sehr konkret zu einer solchen Mitarbeit berufen werden. Eine Jugendliche hat die Gabe, sehr unkompliziert und offen zu Jesus und in die Gemeinde einzuladen. Sie knüpft Beziehungen zu ihren Klassenkameraden und bald wird sie von ihrem Glauben in einer Art reden, die anziehend ist und neugierig macht. Sie bereitet ihre Freunde vor auf Jesus, der diesen Freunden dann selbst begegnet. Ein Ehepaar kümmert sich liebevoll um unser Gemeindezentrum. Jeder Stuhl, der heute Morgen hier steht, ist diese Woche schon durch ihre Hand gegangen. Jeder Quadratmeter ist von ihnen gesaugt und gewischt worden. Sie sind Mitarbeiter Jesu, weil sie die Bedingungen schaffen, dass Jesus uns heute Morgen hier begegnet. Wäre dieser Ort eine Bruchbude, niemand würde sich freiwillig hier aufhalten und Jesus die Chance geben, ihn anzusprechen. Eine Frau betet jeden Tag für ganz bestimmte Personen, die Jesus noch nicht begegnet sind. In der Stille vor Gott bereitet sie Jesus den Weg in die Herzen dieser Menschen. Auch der Mann ist ein solcher Mitarbeiter, der selbst schon Gottes Wunder an sich selbst erlebt hat und mit einem starken Glauben daran festhält, dass Jesus Menschen verändern kann. Wenn andere längst aufgegeben haben, dann hält er daran fest, dass Jesus den Weg zu Personen findet, die ganz weit weg von Jesus zu sein scheinen. Die Jünger damals am ersten Palmsonntag hatten keine Hilfsarbeiterrolle. Sie hatten einen ganz wichtigen Beitrag zu leisten. Sie wurden von Jesus berufen, für seine Botschaft das Transportmittel zu besorgen. So können Sie als Nachfolgerin oder Nachfolger auch gerufen sein, sein Kommen zu einer konkreten Person vorzubereiten. Die Menge: Die Menge jubelt Jesus zu. Sie ist wohl auf seinem Weg von Galiläa nach Jerusalem zu ihm gestoßen und immer größer geworden. Sie erkennt Jesus als Prophet, als Bote Gottes an, weil sie auf dem Weg Erfahrungen mit Jesus gesammelt hat. Die Leute sind überzeugt, dass Jesus im Auftrag Gottes kommt. Ihn zu verehren bedeutet für sie, Gott zu verehren. Wir können uns als Gemeinde in der Menge
wiederfinden. So sollten wir uns als Gemeinde fragen, was er in unserer Mitte während der letzten Tage getan hat. Wer ist von Jesus berührt worden? Wer hat eine Gebetserhörung erlebt? Bei wem ist Jesus vorbei gekommen, um ihm die Hand aufzulegen? Doch die Menge blickt nicht nur zurück auf die Geschehnisse der Vergangenheit. Sie schaut auch voraus auf die Zukunft. Jesus sammelt seine Gemeinde, um sie vorzubereiten auf die Ewigkeit. Wir können Gott loben, weil er uns Zukunft schenkt und wir diese Zukunft schon erahnen können. Die Menge ist nicht bei Jesus geblieben. In der Entscheidung hat sie sich verlaufen, das "Kreuzige ihn!" verhinderte sie nicht. Hier entdecke ich eine Warnung an uns als Gemeinde. Heute ihm zuzujubeln bedeutet keine Garantie für die Ewigkeit. Wir sollten uns nicht auf unseren Glauben und Bekennermut verlassen. Stattdessen müssen wir uns ganz fest an Jesus binden, den Kontakt zu ihm pflegen und uns von ihm Kraft schenken lassen, um bei ihm zu bleiben. Er schenkt zu unserem Wollen das Gelingen. Die Jerusalemer: Sie werden in Unruhe gebracht. Ihre Aufregung hat einen deutlich negativen Unterton. Sie sind aus ihrer wohlvertrauten Ordnung gerissen. Da kommt einer mit dem Anspruch, Messias zu sein und stört ihre Passafest- Vorbereitungen. Es ist wie ein Erdbeben, das durch die Stadt geht. Die festen Vorstellungen geraten ins Wanken und manches sortiert sich neu. Stellt sich jemand von uns zu den Jerusalemern? Vielleicht nicht heute und hier im Gottesdienst. Aber mancher und manche von uns kennt eine solche erdbebenartige Erschütterung vielleicht aus der Vergangenheit. Da lernt ein Junge ein Mädchen kennen, die beiden lieben sich, heiraten, haben Kinder, da begegnet er Jesus durch eine Veranstaltung, zu der ein Freund ihn mitgenommen hat. Nichts ist mehr, wie es war. Er liest die Bibel, er geht zur Kirche, er will seinen Kindern von Jesus erzählen. Seine Frau ist erschüttert. Sie kennt Jesus nicht, sie spürt aber, dass sie ihren Mann auf einmal mit Jesus teilen muss. Sie will dieses Neue nicht, warum sollte sie auch? Es geht ihr wie den Leuten in Jerusalem. Sie ist in Aufregung und fragt: Wer ist dieser Jesus, dass er solche Macht über meinen Mann hat? Doch jedes Erdbeben birgt eine Chance. Wo Ruinen entstehen, kann man wieder neu bauen. Die Frau kann für sich selbst einen neuen Weg entdecken. Ihre Mauern Jesus gegenüber können einstürzen, dass auch sie ihn erkennt Szene 2 Jesus im Tempel Dann kamen dort im Tempel Blinde und Gelähmte zu ihm, und er machte sie gesund. Die führenden Priester und die Gesetzeslehrer sahen die Wunder, die Jesus tat, und sie hörten, wie die Kinder im Tempel laut riefen: "Gepriesen sei der Sohn Davids!" Da wurden sie wütend und fragten Jesus: "Hörst du, was die da rufen?" Jesus sagte zu ihnen: "Gewiß! Habt ihr denn nie gelesen, was in den Heiligen Schriften steht: 'Du, Gott, sorgst dafür, daß die Unmündigen und die kleinen Kinder dich preisen'?" Damit ließ er sie stehen, ging aus der Stadt hinaus und übernachtete in Betanien. (Matthäus 21,12-17) Jesus kommt nun ans Ziel. Er sucht den Ort der Gottesnähe auf. Wieder begegnen uns verschiedene Personengruppen, die Händler, kranke Menschen und Kinder sowie die religiöse Führungsriege. Wir werden Zeugen des Erdbebens, das Jesu Kommen in die Stadt ausgelöst hat. Bis zu diesem Zeitpunkt konnten alle drei Personengruppen nebeneinander her im Tempel leben. Jetzt stehen sich zwei Parteien gegenüber, die durch einen tiefen Graben getrennt sind: die Händler und religiösen Führer auf der einen Seite, die Kranken und Kinder auf der anderen Seite. Auch Jesus steht bei ihnen. Die Händler: Jesus wirft die Händler und Geldwechsel hinaus. Er überführt sie, dass es ihnen nicht um Gottes Nähe im Tempel geht, sondern um die Verfolgung ihrer eigenen Interessen. Sie bereichern sich an den Armen durch überhöhte Provisionen und überteuerte Opfertauben. Für sie ist kein Platz im Haus Gottes. Sicher wird sich niemand gern zu den Händlern stellen. Wer gibt schon zu, dass er Gottes Nähe sucht, um den eigenen Profit voranzutreiben. Und doch entdecke ich manche Parallelen in unseren Tagen. "Ich gehe da hin, wo es mir was bringt.", das höre ich manches Mal. Gemeint ist, dass sich jemand nur zu den Veranstaltungen aufrafft, wo er sich persönlichen Gewinn verspricht. Der Gedanke, in eine Gruppe zu gehen, damit es einem anderen dort mehr Freude macht, ist ihm völlig fern. Auch die Vorstellung, dass das Engagement nicht zuallererst für einen selbst, sondern Gott etwas bringen soll, weist er weit von sich. So ist er der typische Konsument, der alles mitnimmt, was ihm ins Konzept passt, vor allem das Angenehme, Einträgliche, das andere überlässt er den anderen. Vielleicht ist er der Händler und Geldwechsler von früher. Die Kranken und Kinder: Auf sie ist das Scheinwerferlicht gerichtet. Sie stehen ganz in der Mitte des Geschehens. Ihnen gilt der Einzug Jesu, ja sein ganzes Leben. Den Armen, Kranken und Unmündigen bringt er Gerechtigkeit und Frieden, sie rettet er und führt sie in die Gemeinschaft mit Gott. Diese Menschen erkennen Jesus als ihren Retter. Sie rufen ihm Hosianna zu und stimmen in die Menge mit ein, die Jesus vor den Toren Jerusalems begleitete. Die Kranken sind auf seine Rettung angewiesen. Sie brauchen Jesus so dringend, dass sie ihm ganz vertrauen und ganz hingeben. Die Kinder vertrauen Jesus, weil sie jemand brauchen, auf den sie sich verlassen können. Sie hinterfragen Jesus nicht, sondern lassen sich mit ganzem Herzen auf ihn ein. Sind wir die, zu denen Jesus in die Welt gekommen ist? Sind wir so völlig abhängig von ihm, ohne geheime Sicherungsnetze unter uns? Vertrauen wir ihm, auch wenn alles dagegen zu sprechen scheint? Lassen wir ihn an uns heran, dass er uns heilen kann? Mir ist wichtig, dass Jesus uns aufsucht in unserer Not. Die Blinden und Lahmen konnten nicht zu ihm gehen, er musste zu ihnen kommen. So kommt er zu uns, lassen wir diese Gelegenheit nicht an uns vorbei gehen. Die religiösen Führer: Niemand von uns will wohl zu ihnen gehören. Sie sind so völlig überzeugt von ihrem Weltbild, dass Jesus da einfach keinen Platz hat. Sie wollen Jesus im Auftrag Gottes zu Fall bringen und merken nicht, dass sie sich selbst zu Fall bringen. Vielleicht ist das heute für uns ein Anlass zum Nachdenken: Jesus macht sie nicht nieder. Er schmeißt sie nicht aus dem Tempel wie die Geldwechsler, er wendet sich einfach ab von ihnen. Hätten wir es nicht lieber, Jesus würde den Menschen, die ihn bekämpfen auf der ganzen Welt, Einhalt gebieten? Jesus würde aktiver für sich werben und die Widerstände, die sich auch in unserem Alltag gegen seinen Willen auftun, niederzwingen? "Damit ließ er sie stehen...", ein Heiland, der als Friedenskönig in unser Leben einzieht, kämpft nicht mit Waffengewalt gegen seine Feinde. Er wendet sich ab. Und er gibt damit uns den Maßstab. Auch wir sollen uns nicht auf Kampf einlassen. Matthäus 5,5: Freuen dürfen sich alle, die auf Gewalt verzichten - Gott wird ihnen die Erde zum Besitz geben. Das gilt auch für uns, wir können es von Jesus lernen. Zu wem stelle ich mich? Zu den Jüngern, die Jesus gehorchen und sein Kommen vorbereiten? Zu der Menge, die ihm zujubelt, weil sie Jesus erlebt hat und die Zukunft mit ihm sieht? Zu den erschütterten Jerusalemern, die aus dem Konzept gebracht werden? Zu den Händlern, die ihres Egoismus überführt werden? Zu den Kranken und Kindern, die Jesus vorbehaltlos vertrauen und seine Hilfe loben? Zu den Führenden, die Jesus ablehnen oder den andern, die mit deren Ablehnung umgehen müssen? Die begonnene Karwoche gibt Gelegenheit zur neuen Positionsbestimmung. Vielleicht muss sich etwas ändern, damit auch ich mit Jesus im Zentrum stehe und ihn aus vollem Herzen loben kann: "Heil dem, der im Auftrag des Herrn kommt! Gepriesen sei Gott in der Höhe!" Cornelia
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