Jesus ist das Brot des Lebens
Erntedankgottesdienst am 03.10.1999
Anspiel: 2 Werbespots
Musik, Frau tritt auf, völlig beschwingt, lächelnd, setzt sich auf die Tischkante. Preist verschiedene Pausensnaks an, die sie aus ihrer Handtasche zieht:
"Freuen Sie sich auch schon wieder auf das Büro morgen? Ich will Ihnen erzählen, warum ich mich jetzt schon riesig auf morgen freue. Ich habe nämlich so etwas Leckeres in meiner Handtasche, dass ich am liebsten sofort mit der Arbeit im Büro anfangen würde.
(Packt langsam die Tasche aus.) Wenn ich um 9.00 mein erstes Leistungstief habe, esse ich eine Milchschnitte. Köstlich der Geschmack: Richtige Milch ist da drin, viel Zucker, um den Kreislauf in Gang zu bringen, ein Schuss Alkohol für das Wohlbefinden und gute Gedanken sowie eine praktische Verpackung zum Wegwerfen (Packt Milchschnitte aus und wirft Papier auf den Boden - beißt einmal rein, legt sie auf dem Schreibtisch ab.)
So gegen 12 habe ich mein nächstes Leistungstief, da brauche ich pure Kraft, ein Mars-Riegel bringt mir die Kraft des Universums. Auch hier: viel Zucker, dazu noch voller Schokoladen-Genuss, eine praktische Verpackung zum Wegwerfen. (Packt aus und wirft schwungvoll das Papier weg)
Um 3 Uhr, kurz bevor ich nach Hause gehe, brauche ich noch eine kleine Energiespritze. Da nehme ich den Müsliriegel mit ebenfalls viel Zucker, ein paar Körnern für ein gutes Gewissen und der praktischen ex und hopp-Verpackung. (Packt aus, beißt rein, wirft das Papier weg.)
Na, wie wärs, wollen Sie sich nicht auch Ihren Büroalltag so versüßen? Sie glauben es nicht, aber Ferien sind gegenüber solchen süßen Tagen die reinste Langeweile."
(bleibt mit Müsliriegel als Standbild stehen, bis Musik kommt, tritt dann ab)

Mann am gedeckten Familientisch, 3 Kinder aus der Gemeinde dazu.´Steht auf, ein dickes Vollkornbrot in der Hand.
"Für meine Familie kaufe ich nur das Beste: ein Vollkornbrot aus 100 % vollem Korn, geschrotet und ohne Bindemittel und Backzusätzen. Dieses Brot gibt es als Vollkornbrot, Vollkornbrot mit Sonnenblumenkernen oder Kürbiskernen, in der 500g Packung, 1000g Packung und Anstaltspackung zu 3 kg. Fragen Sie bei ihrem Lebensmittelhändler, er wird es Ihnen gerne besorgen können. 
(Zu den Kindern:) Und schmeckt es euch? Antwort. Na ja, es geht so."

Standbild, kurze Musik.

Predigt

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
wer isst nicht gerne Schokoriegel. So ein versüßter Arbeitstag ist doch verlockend. Ob man da als Alternative wirklich Vollkornbrot essen würde? Doch wäre es ja mal interessant, die Dame aus der Werbung am Ende der Woche zu befragen. Ob ihr da nicht die Riegel langsam aus den Ohren herauskommen werden? Ob sie vielleicht schon einen Termin beim Zahnarzt gemacht hat? Oder ob sie langsam Mangelerscheinungen bekommt, weil ihr auf Dauer die nötigen Ballast- und Mineralstoffe fehlen? 
ÄhrenStatistisch ist Brot als Grundnahrungsmittel zurückgedrängt worden. Auf einem Arbeitsblatt meiner Tochter las ich dieser Tage: Um 1800 war der pro Kopf Verbrauch von Brot bei 300 kg. Heute isst eine Person pro Jahr durchschnittlich 80 kg. Wenn wir heute wieder neu daran erinnert werden, dass Jesus das Brot des Lebens ist, dann können wir uns schon fragen: Ist er das Grundnahrungsmittel für uns neben vielem anderen, das sich auch noch als Grundbedürfnis darstellt, wie z.B. selbstbestimmte Freizeit, Gesundheit, Wohlstand, ein Beruf, der Spaß macht? Jesus neben vielem anderen in Konkurrenz? 
Die Frage nach Jesus als dem Brot des Lebens ist nicht neu. Schon Jesus selbst wurde in ein langes Gespräch darüber verwickelt. Vorausgegangen ist die Speisung von 5000 Menschen. Als die Leute das sahen - so der Evangelist Johannes - hielten sie ihn für den Propheten, der in die Welt kommen soll. Jesus merkte, dass sie ihn zum Brotkönig machen wollten, deshalb entzog er sich, ging auf einen Berg und betete. Doch am nächsten Tag kamen die Leute Jesus hinterher. So schnell wollten sie den vermeintlichen Brotkönig nicht gehen lassen. Wie das Gespräch weiterging entnehmen wir dem Johannesevangelium 6,30-35:

Die Leute sagten zu Jesus: "Gib uns einen Beweis für deine Bevollmächtigung! Lass uns ein eindeutiges Wunderzeichen sehen, damit wir dir glauben.  Unsere Vorfahren aßen das Manna in der Wüste. In den Heiligen Schriften heißt es von Mose: 'Er gab ihnen Brot vom Himmel zu essen.'" Jesus entgegnete: "Amen, ich versichere euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Das wahre Brot Gottes ist das, das vom Himmel herabsteigt und der Welt das Leben gibt."
"Herr", sagten sie, "gib uns immer von diesem Brot!" "Ich bin das Brot, das Leben schenkt", sagte Jesus zu ihnen. "Wer zu mir kommt, wird nie mehr hungrig sein. Wer sich an mich hält, wird keinen Durst mehr haben. Aber ich habe es euch bereits gesagt: Obwohl ihr meine Taten gesehen habt, schenkt ihr mir keinen Glauben." 

Die Leute haben es erlebt. Jesus macht aus 5 Broten und 2 Fischen Speise für alle. Und sie werden mit dieser zeichenhaften Handlung erinnert an die Geschichten ihrer Vorväter und Stammmütter. Jeden Tag wurde das Volk Israel mit Manna und Wachteln in der Wüste gespeist. Jesus muss der wieder gekommene Mose sein, der an dieses Wunder anknüpft. Doch Jesus entzieht sich ihren Erwartungen. Das Brot ist für ihn nur Zeichen für die göttliche Wirklichkeit. Das eigentliche Wunder ist, Gott wendet sich uns Menschen zu. Er geht auf unsere Bedürfnisse ein. Wenn wir Hunger haben, gibt er Brot, wenn wir Durst haben, gibt er Wasser und Wein. Gott wendet sich uns Menschen zu - das Brot gibt den Blick frei auf den Geber aller Gaben. Und daraus wächst nicht nur das Gefühl der Sättigung, sondern tiefe Dankbarkeit und Ermutigung, das Leben mit Gott zu wagen.
Die Leute damals haben das nicht verstanden. War es ihnen nur wichtig, täglich ihr Brot zu bekommen - der Geber des Brots war ihnen egal? Verstanden sie Jesus als Brotautomaten? Geld rein, Brot kommt raus? Aber vielleicht sind wir diesen Leuten ja gar nicht so fern. Wir haben Hunger und gehen selbstverständlich zum Bäcker. Wir haben ein überzogenes Konto und leben vom Dispokredit. Wir fühlen uns elend und essen Tabletten. Wir suchen Liebe und wollen alles von einem Partner, was wir uns ersehnen. Eigentlich zeigt sich in dieser Haltung doch auch: Wir würden genauso auf den Brotkönig hereinfallen und ihn umjubeln. Wenn er Kredit ohne Zinsen, Tabletten ohne Nebenwirkungen, den Lover für immer oder die Schokoriegel ohne Kaubeschwerden zu vergeben hätte, ja dann wären wir Leute von heute doch auch auf seiner Seite. Jesus, der alle Bedürfnisse tagtäglich befriedigt - und damit hat er seine Schuldigkeit getan.
Doch Jesus möchte nicht unser Riegel-/ Kredit-/ Tabletten- und Liebeskönig sein. Jesus möchte nicht nur Almosen verteilen, sondern sich selbst mitteilen. Hinter all dem Guten, das wir tagtäglich empfangen und im letzten Jahr empfangen haben, sollen wir Jesus sehen und ihm vertrauen.

Jesus will unser Leben bestimmen

Jesus bringt nichts Zusätzliches hinzu, um alles noch besser und bequemer in unserem Leben zu machen. Er möchte uns eine völlig neue Ausrichtung geben. Der Riegelesser wird auf Vollkorn umgestellt. Jesus lebt in mir - in dir und er verändert dich. Was er dir gibt, hat erste Priorität vor allen anderen Lebensmitteln. Er ist die Grundlage, auf der alles andere dann aufbaut. Jesus gibt als das Vollkornbrot wahre Kraft. Diese Kraft von oben brauchen wir doch um den Alltag zu meistern, als Schüler und Schülerin die schweren Sprachen zu lernen, als Mutter und Vater die Kinder zu erziehen und zu begleiten, als Arbeitnehmer unsere Aufgaben zu erfüllen, als Ehepaare einander in Liebe zu begegnen. Jesus als das Vollkornbrot hilft zu wahrer Bestimmung. Wir sollen keine Almosenempfänger bleiben, die am Brotautomaten Schlange stehen, wir bekommen Lebensmut, unseren Lebensauftrag zu erkennen und anzupacken, weil Jesus alles Störende wegnimmt. Doch Jesus als das Vollkornbrot führt uns auch in notwendige Auseinandersetzungen. Manchmal ist sein Anspruch schwer verdaulich und liegt uns eigenlich quer im Magen. Wir müssen uns da durchbeißen, verändern lassen und bereit werden, ihm noch viel mehr Raum in unserem Alltag zu geben.

Jesus will Raum in unserem Alltag haben

Wenn einem das Vollkornbrot quer im Magen liegt und zu Beschwerden führt, liegt das am Essverhalten. Das Brot wird heruntergeschlungen, unzerkaut und mit Termindruck im Nacken. Wenn das häufig passiert, meldet sich bald ein nervöser Magen und irgendwann ein Magengeschwür. Genauso ist es doch auch mit Jesus, dem Brot des Lebens. Wenn wir Jesus ständig wie bei McDonalds begegnen, führt das zu ernsten Schwierigkeiten. Jesus bei McDonalds, das kann so aussehen: Braucht man schnell mal was für die Seele, rasch die Losung aufgeschlagen oder an den Trautext gedacht. Gönnt man sich mal eine Stunde Auszeit, klingelt garantiert das Telefon und wer kann es schon klingeln lassen? Der Alltag bricht wieder ein und nichts war es mit der Stunde Auszeit. Oder der Tag war vollgepumpt mit Wichtigem und Unwichtigem, aus schlechtem Gewissen geht man doch mal eben noch im Hauskreis vorbei - ankommen kann allerdings nichts mehr, die Speicher sind randvoll. 
Jesus bei McDonalds führt zu echten Lebensproblemen. Die Wirkstoffe des Vollkornbrotes können sich gar nicht richtig entfalten. Jesu Anspruch auf unser ganzes Leben knallt wie eine Reitgerte auf uns nieder, wir sind zu kraftlos um loszulaufen.
Jesus will Raum haben zum Hören und Erkennen, zum Ausprobieren und neu Anfangen. Viel Segen liegt auf einer Lebenshaltung, die Jesus Raum zum Wirken gibt. Viel Segen liegt auf diesem Erntedankfest, wenn die Freude über alles Gute in unserem Leben Jesus noch mehr Raum gibt, sich in uns zu entfalten. Vollkornbrot will ja schließlich gut gekaut werden.

Jesus erhebt Anspruch darauf, Entscheidungen und Wege zu bestimmen

So ist Jesus unser Lebensmotor, er ist überlebensnotwendig, ja er ist ewigkeitsnotwendig. Alles was wir tun und lassen, geschieht im Zusammenhang mit ihm. Erntedank zu feiern, das bedeutet: Er hat uns ein Jahr mit Lebensmitteln versorgt und daraus wächst der Wunsch, davon abzugeben. Er hat uns ein Jahr mit Liebe beschenkt und daraus wächst die Freude, sie mit anderen zu teilen. Er hat uns ein Jahr ein offenes Ohr geschenkt und das öffnet unser Ohr für andere, die es gerade brauchen. Er hat unsere Gemeinde mit neuen Leuten beschenkt und das ermutigt uns, uns weiter im Dienst zu verschenken.
Spätestens an diesem Punkt scheiden sich die Geister. Jesus hatte nach dieser Rede viele Anhänger und Anhängerinnen verloren. Sie gingen weg und ärgerten sich über ihn. Sie wollten gerne jeden Tag ihr Gutes von Jesus abholen, aber sich in ihre Privatsphäre nicht rein reden lassen. Sie wollten Jesus nicht als Dauerbewohner ihres Lebenshauses aufnehmen. Doch andere blieben bei Jesus. Sie hatten endlich gefunden: Lebensgrundlage, Vollkornbrot, Erfüllung und Orientierung. Es ist schön Erntedank zu feiern und damit wieder neu ein Ja zu Jesus zu sprechen. Hinter all dem Guten steht Jesus, das Lebensbrot und wirbt um uns - unser Vertrauen - einen festen Platz in unserem Leben. Wollen wir ihm Platz machen, damit er unser Leben bestimmt, unseren Alltag verändert, unsere Entscheidungen beeinflusst?

Jesus sagt: "Ich bin das Brot des Lebens, wer zu mir kommt, den wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, den wird nie mehr dürsten."

Cornelia Trick


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