Investitionen im Reich Gottes
Gottesdienst am 02.02.2003

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
seit den Weihnachtsferien führen wir in der Gemeinde ein Gabenseminar durch. Über unsere Neigungen, unsere Gaben und unsere Persönlichkeitsprofile haben wir uns ausgetauscht. Die Grundfrage, die uns in diesen Wochen beschäftigt, lautet: Was hat Gott uns durch seinen Heiligen Geist als Handwerkszeug mitgegeben, um zu seiner Ehre zu leben? Wir haben uns auf den Weg gemacht, diese Geschenke des Heiligen Geistes anzuschauen. Für manche von uns war es nicht besonders überraschend, sie wussten um ihre Gaben. Andere wieder sind neu ins Nachdenken gekommen und haben festgestellt, dass da etwas in ihrem Leben aufleuchtet und sie herausfordert zu neuen Schritten. Und wenn Sie heute diese Predigt hören, dann geht es Ihnen vielleicht ähnlich, dass etwas Neues aufblitzt, das sie neugierig macht und aus der Reserve lockt.

Das Matthäusevangelium überliefert uns ein Gleichnis, das Jesus erzählte. Jesus machte mit diesem Gleichnis deutlich, wie Gegenwart und Zukunft zusammenhängen. Er wollte seine Nachfolger und Nachfolgerinnen einladen, über ihr Verhalten und ihre Lebensführung nachzudenken. So richtet sich die Geschichte nicht zuerst an Außenstehende, die Jesus noch nicht kennen, sondern an Christen, die ihm nachfolgen und trotzdem immer wieder Neues von ihm erfahren. Jesus ist das Vorzeichen der Erzählung, ihn zu kennen, ist notwendig, um zu verstehen.

Matthäus 25,14-30

Jesus erzählt: "Es ist wie bei einem Mann, der verreisen wollte. Er rief vorher seine Diener zusammen und vertraute ihnen sein Vermögen an. Dem einen gab er fünf Zentner Silbergeld, dem anderen zwei Zentner und dem dritten einen, je nach ihren Fähigkeiten. Dann reiste er ab. Der erste, der die fünf Zentner bekommen hatte, steckte sofort das ganze Geld in Geschäfte und konnte die Summe verdoppeln. Ebenso machte es der zweite: Zu seinen zwei Zentnern gewann er noch zwei hinzu. Der aber, der nur einen Zentner bekommen hatte, vergrub das Geld seines Herrn in der Erde. Nach langer Zeit kam der Herr zurück und wollte mit seinen Dienern abrechnen. 
Der erste, der die fünf Zentner erhalten hatte, trat vor und sagte: 'Du hast mir fünf Zentner anvertraut, Herr, und ich habe noch weitere fünf dazuverdient; hier sind sie!' 'Sehr gut', sagte sein Herr, 'du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du hast dich in kleinen Dingen als zuverlässig erwiesen, darum werde ich dir auch Größeres anvertrauen. Komm zum Freudenfest deines Herrn!' 
Dann kam der mit den zwei Zentnern und sagte: 'Du hast mir zwei Zentner gegeben, Herr, und ich habe noch einmal zwei Zentner dazuverdient.' 'Sehr gut', sagte der Herr, 'du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du hast dich in kleinen Dingen als zuverlässig erwiesen, darum werde ich dir auch Größeres anvertrauen. Komm zum Freudenfest deines Herrn!'
Zuletzt kam der mit dem einen Zentner und sagte: 'Herr, ich wusste, dass du ein harter Mann bist. Du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst ein, wo du nichts ausgeteilt hast. Deshalb hatte ich Angst und habe dein Geld vergraben. Hier hast du zurück, was dir gehört.' Da sagte der Herr zu ihm: 'Du unzuverlässiger und fauler Diener! Du wusstest also, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und sammle, wo ich nichts ausgeteilt habe? Dann hättest du mein Geld wenigstens auf die Bank bringen sollen, und ich hätte es mit Zinsen zurückbekommen! Nehmt ihm sein Teil weg und gebt es dem, der die zehn Zentner hat!
Denn wer viel hat, soll noch mehr bekommen, bis er mehr als genug hat. Wer aber wenig hat, dem wird auch noch das Letzte weggenommen werden. Und diesen Taugenichts werft hinaus in die Dunkelheit draußen! Dort gibt es nur noch Jammern und Zähneknirschen." 

Drei Gesichtspunkte werden mir bei dieser Geschichte wichtig:

  • Es geht um den Mann, der verreisen wollte, um Jesus. Wer ist Jesus?
  • Es geht um die Gegenwart. Was soll getan werden, während der Mann verreist ist?
  • Es geht um die Zukunft. Welche Perspektive haben wir?
Wer ist Jesus?
Jesus spricht von einem Mann, der verreisen wollte. Er selbst nimmt als dieser reisende Mann seine Rolle in der Geschichte ein. Denn Jesus ist der Herr, der auf Erden war, nun "verreist" ist beim Vater und am Ende der Zeit wieder kommen wird.

Das Gleichnis findet sich fast am Ende des Matthäusevangeliums. Wer in den matthäischen Gemeinden bis hierher den Worten des Evangelisten zugehört hatte, der wusste, wer Jesus ist. Wenn wir heute das Evangelium an einem Stück durchlesen, geht es uns genauso. Jesus wird uns in der Weihnachtsgeschichte als Immanuel vorgestellt. "Gott mit uns", so ist das Programm Jesu von Anfang an.

Weiter heißt es von Jesus, wie er sich der Mühseligen und Beladenen annimmt, sie zu ihm kommen und er ihnen nicht hart, sondern liebevoll und vergebend entgegen kommt. Von einem Seesturm wird berichtet, der den Jüngern Jesu Todesangst einflößt. Jesus rettet die Jünger vor dem Ertrinken.

Andererseits wird von Jesus auch überliefert, wie er für Gottes Gerechtigkeit eintritt, sich gegen jeden Selbstruhm wendet und die tiefe und ehrliche Gottesbeziehung als das Entscheidende im Leben des Menschen nennt.

Vor diesem Hintergrund erscheinen die Aussagen des 3. Dieners in eigenartigem Licht. Offensichtlich hatte er von dem Mann ein anderes Bild als das, was wir nach der Lektüre des Matthäusevangeliums haben. Der Diener redet von einem strengen Herrn, der auf Zins aus ist. Jesus ist kein strenger Herr, der auch noch das Letzte aus den Menschen herauspresst. Er straft nicht ab, wenn jemand in der Leistungsgesellschaft nicht mitkommt, sondern lädt ihn ein, bei ihm Hilfe zu bekommen. War Angst der Ratgeber des Dieners, dass er sich einfach nicht traute, das ihm Anvertraute zu investieren? Oder war Faulheit der Grund für die Ausrede? Wir wissen es nicht. Doch Jesus lässt sich mit dieser Antwort nicht abspeisen. Er hat dem Diener einen Auftrag gegeben und dafür trägt der Diener Verantwortung. Offensichtlich betrifft uns das auch. Jesus überträgt auch uns Verantwortung. Was das bedeutet wollen wir im nächsten Abschnitt bedenken.

Was sollen wir tun?

Die Rede ist von "Zentnern von Silbergeld", die der Mann den drei Dienern anvertraute. Es ist wichtig, uns klar zu machen, wofür dieser Haufen Silber hier steht. Weniger die sogenannten Talente und Fähigkeiten, die jeder Mensch mehr oder weniger hat, sondern die Gaben des Geistes, die Gott durch seinen Heiligen Geist Christen als Geburtstagsgeschenke macht, sind mit diesem Bild getroffen. Damit rückt das Gleichnis in die richtige Perspektive. Es ist keine Mahnung, das Beste aus seinen Anlagen heraus zu holen und sich in der Selbstverwirklichung Sinn zu geben. Es setzt voraus, dass Christus uns etwas ganz Großes, entsprechend Zentnern von Silbergeld, geschenkt und anvertraut hat.

Dieses Große, das über unsere natürlichen Anlagen weit hinaus geht, ist Werkzeug für unser Christenleben. Mit diesen Gaben des Geistes können wir fruchtbar werden und uns einsetzen für Jesus Christus. Gaben im GemeindeaufbauDer Herr ist barmherzig, er wird uns mit seinen Gaben nicht überfordern. Er wird uns das anvertrauen, was wir bewältigen können, seien es fünf, zwei oder ein Zentner. Aber er möchte, dass wir diese Werkzeuge nicht im Keller verrosten lassen. Mit ihnen können wir Salz und Licht der Welt sein, mit ihnen können wir anderen Menschen Orientierung geben wie ein erleuchtetes Bergdorf. Mit ihnen können wir andere erreichen und sie zum Glauben an Jesus Christus einladen.

Zwei Diener fangen sofort an, mit ihren Silberlingen zu arbeiten. Sie investieren. Der Mann hat ihnen nicht vorgeschrieben, welche Art Investition sie tätigen sollen. Sie handeln und haben Erfolg, gewinnen dazu. Übertragen wir das auf die uns anvertrauten Gaben: Zwei investieren ihre geschenkten Gaben. Da ist Frau Schulze, sie hat die Gabe des Hirtendienstes. Ihr macht es große Freude, Menschen über einen längeren Zeitraum hinweg zu begleiten. Ihr Hauskreis ist ihre Herzensangelegenheit. Sie merkt sich die Geburtsage, telefoniert und fragt nach, wenn jemand ein besonderes Problem belastet, sie betet jeden Tag für die Einzelnen und wird nicht müde, Leute, die unregelmäßig kommen, immer wieder anzusprechen. Durch ihren Einsatz ist der Hauskreis zu einer Oase und Quelle neuer Glaubenszuversicht geworden. Frau Schulze hat sich mit ihrer Gabe investiert und der Heilige Geist hat durch sie segensreich gewirkt.

Herr Schulze hat eine andere Gabe. Er liebt es, für die Gemeinde einfach da zu sein und zu dienen, wo er gebraucht wird. Da gibt es an einem Tag Stühle zu stellen, dann wird jemand gebraucht, der Fahrdienste übernimmt. Herr Schulze ist dabei. Nächste Woche steht er im Büro und kopiert stundenlang Programme. Am Wochenende wird er die Straße kehren, weil da gerade jemand gesucht wird. Herr Schulze bekommt im Gottesdienst nie einen Blumenstrauß für besondere Leistungen überreicht. Das würde er auch weit von sich weisen. Was ist schon Besonderes dabei, ein paar Stühle zu stellen? Und doch investiert sich Herr Schulze fortwährend mit seiner Gabe. Und ohne ihn könnten andere in der Gemeinde ihren Dienst nicht tun. 

Die beiden kleinen Beispiele zeigen, wie diese Geburtstagsgeschenke des Heiligen Geistes wichtig sind, nicht nur für uns selbst, sondern für den Aufbau der Gemeinde. Dabei geht es nicht um einen messbaren Erfolg, wie man das Gleichnis vielleicht auch verstehen könnte, sondern um Verantwortungsbewusstsein und den Mut, sich für Jesus einzubringen.

Es ist unbedingt notwendig herauszufinden, wo Jesus Christus Sie begabt hat und wo er Sie bei seinem Bau braucht. 

Auch wir bekommen keine genauen Handlungsanweisungen, wie wir mit unseren Gaben denn nun zu investieren haben. Wir haben Freiheit, z. B. den Hirtendienst in der Sonntagsschule, im Hauskreis, in einem Gebetskreis, in einer Gruppe zur Hausaufgabenhilfe einzusetzen. Aber wir können fragen: Wo will Jesus mich in meiner Gemeinde ganz konkret haben? Welcher Platz ist für mich freigehalten? Bin ich ein Baustein, der nach innen Stabilität gibt? Oder bin ich Baustein einer Brücke für Nichtchristen, dass sie zum Glauben kommen?

Die Gaben haben den Aufbau der Gemeinde zum Ziel. Wenn Jesus uns diese Geschenke aber macht, damit wir damit seine Gemeinde aufbauen können, dann ist es kein Zufall, dass Sie in Ihrer Gemeinde sind, Ihre Gaben werden dort gebraucht.

Der dritte Knecht ist abschreckendes Beispiel. Er hat versagt entweder aus Angst oder aus Faulheit. Eine defensive Haltung, die erst mal die anderen machen lässt, bringt keinen Gewinn.

Doch keine Angst, Gaben zu investieren bedeutet nicht Stress, Hektik, volle Aktionspläne und zusätzliche Jobs. Gaben zu investieren, heißt Jesus Christus in mir wirken zu lassen und durch mich an anderen. So fließt seine Liebe in unserer Gemeinde wie ein Blutkreislauf. Gaben zu investieren ist Handeln am richtigen Ort zur richtigen Zeit, Dinge zu lassen, die andere besser können und Dinge zu tun, die mein Spezialgebiet sind.

Erst wo ich meine Gaben vergrabe, bekommen andere Stress. Sie müssen dann auch für mich einspringen und meine Zentner Silbermünzen auch noch bearbeiten. Ob das so Spaß macht? Noch mal zum Gleichnis. Ich kann mir vorstellen, dass sich die Zuhörer damals innerlich aufgeregt haben: Jetzt hat der 3. Diener nur eine Gabe bekommen und noch nicht mal darum hat er sich gekümmert. Und wir, wir müssen das auch noch übernehmen?

Was erwartet uns?

Jesus bleibt nicht bei der Mahnung zum Investieren stehen. Er eröffnet uns noch eine Zukunftsperspektive. "Komm zum Freudenfest des Herrn!" Offensichtlich wartet ein himmlisches Fest auf die Investoren. Bei diesem Bild vom Fest im Himmel werde ich erinnert an ein Straßenschild auf der Brenner- Staatsstraße Richtung Italien vor der Euro-Einführung. Da stand "Letzte Tankstelle vor der Autobahn" - letzte Gelegenheit mit österreichischen Schilling zu Preisen Österreichs zu tanken. So will uns das Bild vom himmlischen Fest aufmerksam machen: Vielleicht ist es die letzte Gelegenheit, die Gaben auszugraben und einzubringen in die Gemeinde. Es gibt ein zu Spät, die Grenze zwischen Leben und Tod, und da wird gefragt, wie die Liebe Christi im Leben Gestalt gewonnen hat und wie die aufgetragene Verantwortung übernommen wurde.

Ermutigen wir uns dazu, helfen wir einander, die Geschenke auszupacken und einzusetzen, nicht weil wir Jobs zu vergeben haben, sondern weil Christus es von uns erwartet und so seine Gemeinde baut bis er wieder kommt.

Cornelia Trick


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