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Liebe Gemeinde, liebe Schwestern
und Brüder,
Mancher kennt das Lebensgefühl, verloren zu sein in Leid, Lebens- und Alltagsproblemen. Wenn dann noch die Menschen wegbrechen, die einen wahrgenommen haben, wird die Einsamkeit fast unerträglich. Und Gott, sieht er einen wirklich? Oder trägt er auch Augenbinden wie der Christus in der unbekannten Stadt des Romans? Einen Gegenentwurf zu der pessimistischen Weltsicht des Romans bietet die Bibel an. Sie erzählt in vielen Variationen davon, wie Gott Menschen wahrnimmt, ihr Elend sieht und nicht einfach zusieht, sondern sich hinein begibt in die Not und sie wendet. Das ist das große Thema der Geschichte Gottes mit den Menschen und findet ihren Höhepunkt in Jesus Christus, der Gottes Gemeinschaft jeder und jedem anbietet. Heute möchte ich mit Ihnen eine Lebensgeschichte aus der Frühzeit Israels betrachten. Es ist eine Geschichte von Verzweiflung und Rettung, eine Geschichte, die exemplarisch vor Augen führt, wie Gott sieht. Und das nicht nur auf die eine Frau und ihre Situation, sondern auf unsere Welt, was Auswirkungen bis heute hat. Hanna – eine Familiengeschichte 1.Samuel,10-11 Es war die Zeit der Richter in Israel um 1050 vor Christus. Israel war in Stämmen organisiert, und Gott berief Richter, die außenpolitisch und innenpolitisch für Frieden sorgen sollten. Doch das Chaos breitete sich immer mehr aus. Die Richter vermochten vor allem im Inneren keinen Frieden mehr herzustellen. Die Menschen wandten sich von dem Gott ab, der sie aus Ägypten geführt hatte. Sie bauten Altäre für Fruchtbarkeitsgötter und beteten sie an. Sie begingen Verbrechen, was neue und schlimmere Verbrechen nach sich zog. Der Ruf nach einem König, der das Volk wieder einen konnte und sie zu Gott zurückführte, wurde immer lauter. Besonderes Chaos herrschte im Stamm Ephraim, dieses Gebiet ließ der Scheinwerfer der Geschichtsschreibung in den Mittelpunkt rücken. Und genau aus diesem Stamm Ephraim kam Elkana, der wohl einer der wenigen war, die an dem Gott Israels festhielten. Jährlich zog er mit seiner Familie zum Heiligtum in Silo, wo die Bundeslade stationiert war, denn Silo galt als ein besonderer Ort der Gottesnähe. Elkana war mit Hanna verheiratet, doch blieben dem Paar Kinder versagt. Nach orientalischer Sitte heiratete Elkana Peninna, um das gesellschaftlich geforderte Kind zu bekommen. Peninna bekam Söhne und Töchter, blieb allerdings die Zweckfrau für Elkana. Seine Liebe galt Hanna. Kein Wunder, dass es auch in diesem Jahr bei der Wallfahrt nach Silo Streit gab. Elkana bedachte Hanna mit einer Extraportion Opferfleisch, während Peninna sich mit ihren Kindern ein Stück teilen musste. Peninna ließ die Kränkung nicht auf sich sitzen und demütigte Hanna wegen ihrer Kinderlosigkeit. Elkana versuchte einzuschreiten, doch konnte er Hanna nicht trösten. Dass er der Hanna die Kinder ersetzen konnte, wünschte er sich, aber der Schmerz über einen versagten Lebenstraum, im Orient die wichtigste Entfaltungsmöglichkeit einer Frau, blieb. So machte sich Hanna selbstständig und ging allein zum Eingang des Tempels, wo sie in Tränen ausbrach und stumm Gott ihr Herz ausschüttete. Hörte und sah Gott sie? Oder waren seine Augen verhüllt wie im eingangs erwähnten Roman? Wir erfahren nicht viel über dieses Gebet. Hanna schüttete ihr Herz vor Gott aus. Sie ließ ihn Anteil haben an ihren Gefühlen, ihrer Trauer und der Hilflosigkeit, wie es weitergehen sollte in dieser schwierigen Familienkonstellation. Sie machte ihr Herz leer. Und genau in diesem Moment geschah wohl etwas Entscheidendes. Sie gab ihren Kinderwunsch in Gottes Hände. Sie machte ihr Herz so leer, dass selbst dieser große Wunsch nicht mehr von ihr festgehalten wurde. Und in Gottes Händen konnte er sich verändern. Hanna betete nicht länger um das Kind für sich selbst, das zu ihr gehörte und ihr die gesellschaftliche Anerkennung garantierte. Sie betete für das Kind, das für Gott da sein sollte. Sie betete darum, dass Gott an ihr das Wunder tat, sie mitwirken zu lassen an seiner Geschichte mit den Menschen. Hannas Gebet wurde von dem gleichzeitig anwesenden Priester Eli bestätigt. Er hatte nur ihre Mundbewegungen beobachtet, wusste nichts von dem Inhalt ihres Betens, aber sagte ihr die Erhörung zu. Hanna, so wird berichtet, ging froh und verändert zurück zu ihrer Familie. Sie ließ es sich schmecken, sie hatte einen neuen Anfang gemacht. So wundert es nicht, dass sie tatsächlich einen Sohn bekam, den sie Samuel nannte. Die biblische Erzählung ist realistischer, als man annehmen könnte. Sie hält fest, dass Hanna ihren Sohn dann doch nicht gleich in die Tempelschule brachte, sondern sich Zeit ausbat, bis sie ihn entwöhnt hatte, was im Orient mindestens 3 Jahre bedeutete. Doch dann brachte sie ihn nach Silo. Auch hier ist es wichtig, die Erzählung genau zu lesen. Elkana und Hanna brachten Samuel zum Priester Eli, aber nur Elkana reiste zurück in die Heimat nach Ephraim. Hanna blieb wohl noch bei ihrem Sohn, der die Mutter brauchte. Doch wird klar: Hanna stellte sich mit ihrem Sohn in Gottes Dienst. Sie behielt den Jungen nicht für sich, sondern reiste ihm nach, um ihn bei seiner Lebensaufgabe zu fördern und zu unterstützen. Die Familiengeschichte hat ein Happy End. Hanna bekam weitere 3 Söhne und 2 Töchter, sie hatte Gott ihr Wichtigstes geschenkt und hatte mehr bekommen, als sie erhoffte. Hanna ermutigt, Gott aufzusuchen und ihm das Herz auszuschütten. Er erträgt es, mit der ganzen Not unseres Lebens überfrachtet zu werden. Und er füllt unser Herz mit Neuem. Unsere Wünsche, unser Sehnen verändern sich. Wir sehen nicht mehr uns und unsere Not im Mittelpunkt der Welt, sondern Gott, der das Beste für uns will und uns auch in der Not begegnen will. Unsere Wünsche werden auf ihn ausgerichtet und verlieren die Macht, die sie auf uns ausgeübt hatten. Statt in der Verzweiflung unterzugehen, hebt uns Gott hoch und lenkt unseren Blick auf das, was er für uns will. Die Ermutigung der Hanna-Geschichte ist wichtig für die Zeit des Durchhaltens. In ihrer dunkelsten Stunde standen ihr zwei Menschen bei, Elkana, der sie seiner Liebe versicherte, und Eli, der ihr Gottes Anteilnahme zusprach. Auch wir brauchen diese Menschen, die auf uns sehen und keine Augenbinde tragen. Und wir sind eingeladen, selbst solche Menschen zu werden, die ihren Arm um eine Weinende legen, die Gottes Verheißungen zusprechen und die durch Gottes Liebe erfüllt sind, um weiter zu begleiten, wie der Ehemann es durch die nächsten Jahre tat. Hanna - Reich-Gottes-Geschichte Doch zurück zu Hanna, ihr wurde ein Psalm zugeschrieben, der in besonderer Weise Gottes Handeln preist. Er hört sich an wie ein Protest gegen die Weltordnung. Gott ist Herr, deshalb werden die Schwachen durch ihn stark und die Starken schwach. Er stürzt die vom Thron, die meinen, die Welt in der Hand zu haben. Aber die, die mit leerem Herzen und leeren Händen kommen, werden sie von ihm gefüllt bekommen. Drei Aussagen dieses Psalms möchte ich hervorheben.
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Hannas Aussage lässt uns heute auch an den einen König denken, der als König Israels gekreuzigt wurde, Jesus. Jesus ist gekommen und wird wiederkommen, um Gericht zu halten. Wer zu Jesus gehört, hat den Anwalt auf seiner Seite, der ihn vor Gott verteidigen wird. Der Anwalt hat alle Schuld beglichen. Das Gericht wird dem oder der, die auf Jesus vertraut, zur Einladung: Komm zum himmlischen Fest, du bist dabei! Wer diesem Jesus nicht vertraut, ihn nicht Anwalt im Gericht sein lässt, zu dem wird Gott sagen: Ich kenne dich nicht! Nein, Gott trägt keine Augenbinde. Im Gegenteil, er weiß genau, wo wir stehen. Aber er will unsere Blindheit heilen, dass wir Jesus sehen, der die Einladung zum Leben für uns in der Hand hält. Hanna lädt uns ein zum Herzensgebet. Sie zeigt uns, was Gottvertrauen bedeutet: loszulassen, um Gottes Auftrag zu finden. Und sie ist eine sehr frühe Zeugin für Jesus, der uns einlädt, ihm das Mandat für unser Leben zu geben. Er liebt uns am meisten und wünscht sich nichts sehnlicher, als mit uns das Fest in Ewigkeit zu feiern. Cornelia
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