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Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
Was ist das Fundament und was ist die Wand für unsere Lebensleiter? Die sichere Grundlage für unser Leben wird von Eltern und Familie gelegt, die ersten Kontaktpersonen, mit denen ein Kind aufwächst und Vertrauen lernt. Ist dieser Untergrund schwankend, ist eine stabile Wand zum Daranlehnen umso nötiger. Wir haben wahrscheinlich alle schon mal versucht, stabile Wände, die Halt geben, zu finden. Mancher sucht Halt bei der Partnerin. Sie soll ihm Stabilität und Lebenssinn geben. Manche Partnerin wird bei diesem Versuch von der Leiter des Partners fast erdrückt und kann nur noch fliehen. Jemand erzählte mir, dass sie diesen Halt in ihrem Beruf gesucht hatte. Der füllte sie aus und gab ihr das Gefühl, wichtig und richtig zu sein. In manchen Freundschaften geht es darum, einander Stabilität zu geben. Doch auch da kommen die Lebensleitern leicht ins Schwanken. Wir haben nur begrenzte Kraft einander zu halten. Kein Wunder, dass es einen großen Markt von Wand-Anbietern gibt, die versprechen, mit ihrer Hilfe Sinn, Zufriedenheit und Lebensglück zu finden. In einer Fach-Zeitschrift las ich, dass der Esoterik-Markt boomt. Menschen sind auf der Suche nach einem Urgeist, der die Welt und das Ich zusammenhält und in eine Richtung führt. Engelsseminare, Geistheilung, Schamanismus und andere Angebote bieten Halt im Leben an, Millionen Euro werden in Deutschland jährlich daran verdient. Auf diesem Markt der Wand-Anbieter stehen wir Christen auch. Nichts anderes als Halt im Leben und im Sterben bieten wir an. Wir reden von einem sicheren Fundament, das Jesus Christus unserem Leben gibt, und einem Ziel, die neue Welt Gottes, auf die wir zu leben. Wir reden von Gott, der unsere Leiter festhält und den Mitchristen und -christinnen, die uns helfen, Sprosse für Sprosse zu erklimmen, Jahr für Jahr zu gestalten. Warum sollten wir nun unsere Lebensleiter genau an diese Wand lehnen? Darauf gibt Jesus Antwort. Er hat gerade eine Auseinandersetzung mit den Sadduzäern hinter sich. Sie wollen sein Reden von der neuen Welt Gottes, die mit ihm anbricht, lächerlich machen. Sie glauben nicht an ein Leben nach dem Tod. Aber Jesus lässt sich auf ihre Falle nicht ein, er geht nicht ins Detail, wie diese neue Welt aussehen könnte, sondern bleibt einfach bei seiner Aussage: Gott ruft ins Leben, er ist ein Gott der Lebenden, der Rest ist egal. Die Pharisäer, die den Glauben an das ewige Leben teilen, bekommen das Gespräch mit. Sie wollen auf ihre Art Jesus eine Falle stellen und schicken einen vor: Matthäus 22,34-40 Jesus ist das Fundament
Der Pharisäer traut diesem Grund nicht. Sein Verständnis ist, dass er sich Grund und Wand seiner Lebensleiter selbst erarbeiten muss. Gebote sind zu befolgen, Vorschriften zu beachten. Jede Sprosse auf der Leiter ist mit großen Mühen verbunden, sonst fällt die Leiter um. Jesus stellt diesem Verständnis ein Wort der Bibel entgegen, dass der Pharisäer kennt. Gott soll er lieben. Das heißt, auf das Fundament von Gottes Liebe zu vertrauen, die Leiter an Gott zu lehnen, auf seine Stimme zu hören, an ihm festzuhalten, auch wenn die Leiter im Wind geschüttelt wird, nach seinem Willen zu leben und sich führen zu lassen und zu erfahren, dass Gott zu sich zieht und nach oben Schubkraft gibt. Nur eine Wand
Ein Beispiel aus der Bibel: Jakob geht mit Rahel weg von seinem Schwiegervater Laban, der ihm viele Jahre das Leben schwer gemacht hat (1 Mose 31). Rahel klaut heimlich Labans Hausgott und versteckt ihn unter ihrem Sattel. Laban kommt dahinter und verfolgt den Tross. Er sucht das ganze Gepäck der Familie ab, aber findet den Hausgott nicht. Rahel hat ihn gut unter sich verborgen. Laban muss ohne Hausgott abziehen, Rahel wird ihn als „Konkurrenzwand“ mit ins neue Leben nehmen. Wer unser Konkurrenz-Gott ist, können wir nur selbst herausfinden. Wahrscheinlich haben wir ihn auch so gut versteckt, dass niemand ihn von außen finden kann. Aber er führt sein Eigenleben bei uns. Er wird uns verunsichern: Sollten wir ganz auf Gott vertrauen oder doch lieber auf die eigene Kraft, Arbeit, den Partner oder die Freunde, das Geld oder Menschen, die ich vergöttere? Jesus gibt uns in der Bergpredigt eine gute Hilfe: „Wo dein Schatz ist, ist dein Herz.“ Spüren wir nach, wo unser Herz laut, lauter und am lautesten schlägt: in der Nähe Gottes oder anderswo? Jesus ist Mensch geworden, um uns zum Wand-Wechsel zu animieren. Wir müssen nicht bei unseren Hausgöttern bleiben, wir können unsere Leiter umstellen. Ein Mann, der sich von seiner alten Überzeugung abgekehrt hatte und ein Leben mit Jesus führen wollte, erzählte immer wieder, wie ihn tiefe Zweifel packten, ob er nicht doch wieder auf seine alten Sicherheiten vertrauen sollte. Er hatte noch einige Bücher seines alten Lebens im Regal, von denen er sich nicht trennen konnte. Eines Tages erzählte er mir, wie er sie ins Altpapier geschmissen hatte und seitdem eine große Befreiung erlebte. Seine Zweifel waren nicht alle weg, aber er hatte das Gefühl, dass seine Leiter nun an nur einer Wand lehnte und er sie nicht immer hin und her trug. Gott lieben heißt,
mit ihm spazierengehen
Wenn wir über Gottesliebe nachdenken, hilft es, diese Paradiesszene vor Augen zu haben. Gott zu lieben erfordert von uns nichts anderes, als Gottes Gegenwart zu erwarten und mit ihm im Gespräch zu sein. Jesus hat das so vorgelebt. Er rief Menschen, die sich vor Gott verbargen, aus ihren Verstecken, der Zöllner Zachäus ist ein bekanntes Beispiel. Auch diesen Pharisäer, der ihn ja bloßstellen wollte, ruft er aus seiner verdrehten Weltsicht. Es reicht, Gott zu lieben, die Leiter an die richtige Wand zu legen, mit ihm im Gespräch zu sein. Mehr will Gott nicht. Die Liebeserklärung
wird praktisch
In der Jungschar verteilen wir immer mal wieder Gummibärchen. Das ist wie im Opel-Zoo bei den Streichel-Ziegen. Wer die Tüte in der Hand hat, wird umringt von Kinderhänden, die mehr haben wollen. Die Kinder haben dabei keine Hintergedanken. Sie grübeln nicht: Warum kriege ich Gummibärchen? Stehen die mir zu? Bin ich es wert? Was muss ich den Jungscharleitern als Gegengeschenk geben? Sie fühlen sich in der Gruppe wohl und gehen davon aus, dass wir ihnen Gummibärchen schenken, weil wir sie mögen. So sieht die Selbstliebe aus, die aus einer gesunden Gottesliebe folgt. Wir wissen, dass Gott uns das gibt, was wir brauchen. Nicht weil wir es verdient haben, sondern weil er es so will. Wir müssen nicht grübeln, warum er uns etwas vorenthält. Er liebt uns, auch wenn wir nicht alles haben, was wir uns wünschen. Wer diese Sicherheit in Gott hat, kann sich selbst lieben, und er kann andere annehmen. Er muss nicht mehr um sich selbst fürchten, nicht genug zu bekommen. Die Liebe Gottes ist nicht irgendwann erschöpft, sodass man wieder mit leeren Händen dasteht. Sie fließt aus einer unerschöpflichen Quelle und fließt besonders gut, wenn sie nicht bei mir bleibt, sozusagen Endstation "Ich", sondern weitergegeben wird. Ganz ähnlich war das mit der Gemüsekiste, die eine Bekannte von ihrer Tochter zum Geburtstag geschenkt bekam. Jede Woche wurde ihr eine frische Gemüsekiste vom Bio-Bauern geliefert. Für einen 1-Personen-Haushalt war diese Kiste allerdings nicht zu schaffen. Das Gemüse wäre vergammelt. Die Frau versorgte nun jede Woche mehrere Haushalte mit dem Gemüse. Sie wusste, nächste Woche kommt die nächste Lieferung. Für sie war es mehr als genug, sie konnte abgeben und sich an der Freude der anderen erfreuen. Die Leiter an die Wand Gottes zu stellen, gibt Sinn und Halt. Auf dem Weg erklimmen wir Sprosse für Sprosse und erfahren dabei die unterstützende Kraft Gottes durch seinen Geist, die liebevolle Begleitung seines Sohnes Jesus Christus und die Freiheit, mit dieser Unterstützung die Hände freier für andere zu haben, die Hilfe mit ihren Leitern brauchen. Oben angekommen werden wir endlich einen Blick über die Kante der Wand werfen können. Da sehen wir Ewigkeit und nicht Nichts. Unser Glaube ist ein Angebot auf dem Markt der Sinnanbieter, längst nicht mehr das mit der größten Verbreitung. Aber hier ist der lebendige Gott, der verspricht, Fundament zu sein und Halt zu geben, uns mit seiner Liebe zu erfüllen, die uns wärmt und für andere reicht. Das können wir erfahren und dazu können wir andere einladen. Trauen wir der Wand und lehnen unsere Lebensleiter dagegen? Cornelia
Trick
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