Glaubst du das? (Johannes 11)
Gottesdienst am 17.03.2013

Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder,
ProChrist liegt hinter uns, eine Woche zum Thema „Zweifeln und Staunen“ lud uns ein, an Jesus Christus zu glauben. Wir wissen nicht, wie viele an den Abenden Glaubensentscheidungen getroffen oder ihren Glauben erneuert haben. Manche werden eine Entscheidung auch vertagt haben.

Heute werden wir ein Kapitel aus dem Johannesevangelium unter die Lupe nehmen und das Anliegen von ProChrist vertiefen. Es bereitet uns auf Karfreitag und Ostern vor.

Die Begebenheit findet eine halbe Stunde von Jerusalem entfernt statt, scheinbar handelt es sich um eine Familiengeschichte. Sie weist aber weit über sich hinaus auf Jesu Geschichte und Gottes Geschichte mit ihm. Das lange Kapitel werden wir in groben Zügen durchgehen, dabei den Scheinwerfer auf einzelne Aussagen richten.

Johannes 11,1+5

Es lag aber einer krank, Lazarus aus Betanien, dem Dorf Marias und ihrer Schwester Marta.
Jesus aber hatte Marta lieb und ihre Schwester und Lazarus.

Lazarus ist krank

Das Johannesevangelium hält fest, dass Lazarus krank war. Ein sehr menschlicher Zustand. Uns allen werden aus dem Stand mehrere Bekannte einfallen, die gerade mit Grippe oder anderen Krankheiten das Bett hüten. Doch Johannes bringt in den sehr alltäglichen Schilderungen auch Gottes Perspektive zum Ausdruck. Die Krankheit des Lazarus weist auf den Zustand unserer Welt hin. Sie ist als Folge der Trennung von Gott eine kranke Welt. Wir bemühen uns nach Kräften um Genesung und Gesundheit, um eine gesunde Wirtschaft, gesunde Beziehungen, Ausgleich zwischen Arm und Reich, doch es gelingt uns nicht. Haben wir einen Krankheitsherd besiegt, bricht garantiert irgendwo anders ein neues Leid auf. 

Die Schwestern Maria und Marta lassen Jesus von Lazarus Krankheit wissen, doch sie holen ihn nicht herbei. Sie wissen, dass Jesus schon zum zweiten Mal vor der Steinigung in  Jerusalem flieht. Jenseits des Jordan hat er sich in Sicherheit gebracht. Die Schwestern, seine Freunde, wollen ihn nicht in die Höhle des Löwen zurückbeordern. 

Die entscheidende Aussage steckt in der kleinen Bemerkung: „Jesus hatte Lazarus lieb.“ Jesus hatte den kranken Lazarus lieb. Krankheit war zwar ein Zeichen der Welt ohne Gott, aber Jesus liebt Menschen, die an dieser Gottestrennung krank wurden. Die Krankheit trennt nicht von Gott, sondern weckt Jesu ganz besondere Liebe. Seine Berufung ist, die Kranken zu lieben.

Wir können uns an dieser Stelle in die Geschichte einklinken. Jesus hat dich lieb, auch wenn du dich ganz weit von ihm entfernt fühlst, verlassen, Gott verlassen. Er hat dich lieb.

Johannes 11,6-7+16

Als er nun hörte, dass er krank war, blieb er noch zwei Tage an dem Ort, wo er war; danach spricht er zu seinen Jüngern: Lasst uns wieder nach Judäa ziehen!
Da sprach Thomas, der Zwilling genannt wird, zu den Jüngern: Lasst uns mit ihm gehen, dass wir mit ihm sterben!

Jesus bricht auf

Jesus blieb noch zwei Tage am Fluchtort. Warum ist er nicht gleich aufgebrochen? Würden wir das nicht von unserem Freund erwarten, wenn es uns so sterbenselend ginge? Doch Jesus hörte auf Gottes Signal. Er konnte erst zurück in Richtung Jerusalem, wenn Gott ihm grünes Licht gab, seine Stunde für den Tod am Kreuz gekommen war. Nicht Menschen entschieden über Jesu Schicksal, sondern Gott. Die Uhr lief bei ihm. Zwei Tage rang er um die Uhrzeit Gottes, bis seine Stunde gekommen war. Mit der Reise zurück nach Betanien begann sein Weg in die Passion.
Inzwischen war Lazarus gestorben. Was die Jünger nicht wussten, war, dass am Grab des Lazarus ein symbolischer Tausch stattfinden würde. Jesus würde zum Lazarus werden, Lazarus würde leben. Gemäß den Vorhersagen des Propheten Jesaja: „Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen. Durch seine Wunden sind wir geheilt.“ (Jesaja 53)

Jesus führte mit seinen Jüngern einen Glaubenskurs in Betanien durch. Der Jünger Thomas fühlte sich mitgehangen, mitgefangen. Er rechnete damit, im Hexenkessel Jerusalem mit Jesus sterben zu müssen. Zu diesem Zeitpunkt war er noch bereit dazu.

Wie kann ich die Jünger verstehen. Wie sie verstehe ich manche Lebensführungen nicht. Warum führt Jesus in Situationen, in denen ich nur untergehen kann? Jemand nahm eine neue Arbeitsstelle an, er fühlte sich von Jesus darin bestärkt. Doch schon bald stellte sich heraus, dass er den Anforderungen nicht gewachsen war. Hatte er sich verhört und Jesus hatte gar nicht gesprochen? Was sollte sonst dieses Fiasko bedeuten? Vielleicht war für diesen Mann auch ein Kapitel Glaubenskurs dran. Dass er sich von Jesus mitnehmen lassen sollte auf einem steinigen, unverständlichen, bedrohlichen Weg mit der einzigen Sicherheit, Jesus dabei zu haben. Denn das Lernziel des Kurses so weit lautet: Jesus hat nicht nur Lazarus, sondern auch seine Jünger, dich und mich lieb.

Johannes 11,21+25-27

Da sprach Marta zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben.
Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das? Sie spricht zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist.

Die Schwestern – Glaubensgespräche

Da ist zuerst mal die zupackende Marta. Sie verkriecht sich nicht in der Trauer, sondern kommt Jesus aktiv entgegen. Sie wirft Jesus vor, nicht rechtzeitig gekommen zu sein. Wäre er da gewesen, wäre Lazarus nicht gestorben. Vielleicht ist dieser Vorwurf häufig auf Friedhöfen. Im Leid wird der Tod als ein Zeichen von Jesus- und Gottesferne empfunden. Jesus wendet diesen Vorwurf in ein Glaubensthema. Tot ist, wer nicht mit ihm verbunden ist. Lebendig ist, wer sich an ihn bindet. Jesus macht das Geschehen in Betanien transparent für den bevorstehenden Karfreitag und Ostern. Mit ihm zu sterben, bedeutet, mit ihm auferstehen zu können. Sterben ist schrecklich, ein Einschnitt und großer Verlust für die Hinterbliebenen. Aber es gibt ein Sterben, das schlimmer ist. Abgeschnitten von Gottes Liebe zu sein, heißt, sich selbst und den Mitmenschen ausgeliefert zu sein. Ihre Liebe wird nie genug sein, ein Fass ohne Boden. An Jesus zu glauben, heißt, an die Quelle der Liebe angeschlossen zu sein. Das bewährt sich in Krankheit, Leiden und Sterben und wird den Weg in Gottes Herrlichkeit eröffnen.

Die Schwester Maria stellt mit den gleichen Worten fest: Wäre Jesus rechtzeitig da gewesen, hätte Lazarus nicht sterben müssen. Jesus reagiert emotional, er ergrimmt und weint. Warum? Wohl weil er seinen eigenen Weg deutlich vor sich sah, Passion, Leiden und Sterben für die Menschen, die ihm nichts zutrauten, offenbar nichts anderes von ihm erwarteten, als eine ärztliche Leistung an Kranken. Für sie sollte er sein Leben hingeben. Die Menge deutete sein Weinen als Zeichen seiner Liebe zu Lazarus. Ja, Jesus weinte um Lazarus und um alle Lazarusse, die auch lebendig tot waren, weil sie nichts von Gott erwarteten, als ihr Leben möglichst problemlos führen zu können.

Jesus führt hier auch ein Glaubensgespräch mit uns: „Glaubst du, dass du mit mir lebst auch durch den Tod hindurch?“ Bei den Schwestern wuchs ein zartes Vertrauen, dass Jesus auch in den dunkelsten Stunden bei ihnen blieb. Wächst dieses Vertrauen auch bei uns?

Johannes 11,41+43-44

Da hoben sie den Stein weg.
Als er das gesagt hatte, rief er mit lauter Stimme: Lazarus, komm heraus! Und der Verstorbene kam heraus, gebunden mit Grabtüchern an Füßen und Händen, und sein Gesicht war verhüllt mit einem Schweißtuch. Jesus spricht zu ihnen: Löst die Binden und lasst ihn gehen!

Das Grab öffnet sich

Jesus bat den Vater im Himmel um  Vollmacht. Lazarus trat aus dem Grab. Er ist wirklich tot gewesen. Jesus weckte ihn von den Toten auf. Das Zeichen dieser Auferweckung deutet über die Szene hinaus. In der Ferne sehen wir Jesu Grab. Lazarus wird irgendwann wieder sterben. Jesus wird auferweckt in Gottes Herrlichkeit. Bevor die Mächtigen dieser Welt beschlossen, Jesus zu töten, zeigt Jesus seine Vollmacht über den Tod und dass er Herr der Geschichte ist. Er wird sterben, weil er uns liebhat und aus den Fängen des Bösen lösen will. Er ist uns vorausgegangen, um uns zu retten und an die Hand zu nehmen, wenn wir durch den Tod hindurch ins ewige Leben gerufen werden.

Johannes 11,45-46

Viele nun von den Juden, die zu Maria gekommen waren und sahen, was Jesus tat, glaubten an ihn. Einige aber von ihnen gingen hin zu den Pharisäern und sagten ihnen, was Jesus getan hatte.

Reaktionen

Viele glaubten an Jesus, so wird uns berichtet. Obwohl sie Karfreitag und Ostern noch gar nicht erlebt hatten. Es ist ein anfänglicher, zarter Glaube, ein zaghaftes Fassen der Hand Jesu. Noch ist nicht ausgemacht, ob diese Hand sie in ihrem Leid einmal halten wird. Andere gingen zur Religionsbehörde und fragten nach: Ging das alles mit rechten Dingen zu?

Jesus lässt Freiheit. Er bietet sich an: „Glaubst du das?“ Er hat lieb und lockt mit seiner Liebe die Trauernden, Ängstlichen und Verlorenen. Er lässt auch gehen: bis hin zum Tötungsbeschluss. Er nimmt die Jünger mit, die ihm zusichern, mit Jesus sterben zu wollen. Und doch werden sie ihn alle verlassen. Thomas wird auch die Auferstehung nicht glauben. Ihm zeigt sich Jesus persönlich und preist die glücklich, die nicht sehen und doch glauben.

Jesus stellt uns heute die Frage: „Glaubst du das?“ – auch auf dem Friedhof, in großer Verlassenheit und im Zweifel?
Glaubst du, dass Jesus uns zu Gottes Kindern macht und uns zusammenbringt als seine neue Familie?

Cornelia Trick


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