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Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
Mich hat dieses Gespräch erschüttert. Gibt es denn das, dass jemand so engagiert dabei war und auf einmal sich alles in Wohlgefallen aufgelöst hat? Ist Jesus ihm nicht nachgegangen, um ihn wieder zurück in seinen Einflussbereich zu holen? Was ist da schief gegangen? Ich schaue in die Bibel und suche nach ähnlichen Geschichten, wo Menschen schleichend die Beziehung zu Gott und zu seiner Gemeinde verloren haben. In Israel war es ein bekanntes Phänomen, die Leute wandten sich vom lebendigen Gott ab und pflegten ihre eigenen Interessen, politische Bündnisse, Machtvorteile. Sie liefen offenen Auges in die Katastrophe, schmähten die Propheten, die ihnen ihr Unheil vorhersagten, und wurden erst im Fall aufmerksam auf den Gott Israels, der ihnen eine neue Zukunft nach dem Zerbruch gewährte. Im Neuen Testament sind diese Geschichten nur angedeutet. Manche Briefe geben Zeugnis von einer Müdigkeit des Glaubens, Leute werden schuldig aneinander, weil sie Liebe verweigern (1. Johannes 3,10), sie bleiben den Gottesdiensten fern (Hebräer 10,24+25), sie verlieren ihre gemeinsame Mitte Jesus Christus und bilden Lobbys (1. Korinther1,10-13). Sogar so kurz nach Jesu Auferstehung und der Ausgießung des Heiligen Geistes sind Christen nicht davor gefeit gewesen, sich von Jesus Christus wieder wegtreiben zu lassen. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns heute dem dritten "G" in unserer Reihe widmen, dem Thema "Geistliches Wachstum". Es ist offenbar nötig, dass unser Glaube immer fester verankert wird, wir auch in den Herausforderungen wachsen und unser Leben sich wirklich verändern kann. Paulus lässt uns mit seinen Briefen Anteil an seinem geistlichen Leben nehmen. Er steht für eine Person, die trotz großer Anfragen, persönlicher Kränkungen und körperlicher Bedrohung in seinem Glauben gewachsen ist. Wir können heute manches auf unser eigenes Glaubensleben anwenden und von ihm lernen. Philipper 1,3-11 Paulus sitzt im Gefängnis. Er ist als Missionar losgezogen, doch statt Gemeinde um Gemeinde zu gründen, sitzt er jetzt fest. Seine Berufung und seine Pläne scheinen ihm aus der Hand genommen worden zu sein. Übertragen wir das auf uns, dann merken wir, wie nah uns die Gefängnissituation damals kommen kann. Wir geraten in Zustände, in denen wir keine Kraft mehr haben, uns allein gelassen fühlen, eingesperrt, entmutigt. Wir hatten so in einen Traum investiert, von dem wir dachten, dass Gott es so will. Doch der Traum ist wie eine Seifenblase zerplatzt. Traurig und fassungslos bleiben wir zurück. Was wollte uns Jesus damit sagen? Wollte er überhaupt etwas sagen? Wir sind bitter enttäuscht von einem Freund, für den wir viel Zeit und Kraft investierten. Er kehrte sich plötzlich ab, wollte von nichts mehr etwas wissen, redete schlecht über uns und machte sich auch über unseren Glauben lustig. Statt ihn für Jesus zu gewinnen, stürzen wir in ein tiefes Loch der Selbst- und Glaubenszweifel. Und dann sind da noch die Vorfälle, die uns ganz und gar entmutigen. Der Arbeitsplatzverlust, der Partnerverlust, die Gewalt, die wir erlitten haben in einer konkreten Situation, die Schuld, die wir begangen haben und an der wir zerbrechen. So sieht unsere Lebenswelt aus, nicht der Platz an der Sonne, sondern Enttäuschungen, Einbahnstraßen und Sackgassen, Schläge und Dunkelheiten. Kein Wunder, dass die Gefängnisse des Alltags uns den Glauben an Jesus Christus rauben können. Doch interessant ist, Paulus im Gefängnis zu Wort kommen zu lassen. Er entfaltet in seinem Vorwort des Briefes an die Philipper geistliches Wachstum in zwei wesentlichen Punkten. Er übernimmt Verantwortung für sich selbst und er trägt Verantwortung für die Menschen, die ihm anvertraut sind. Verantwortung für sich selbst ![]() Paulus konnte in dieser persönlichen Notlage wachsen, weil er in enger Verbindung zu Jesus Christus stand. Statt sich von Jesus abzuwenden, der ihn scheinbar im Stich gelassen hatte, erkannte er Sinn in dieser Zwangspause und erfuhr Hoffnung, dass alles sich zum Besten fügen würde. Sinn und Hoffnung sind typische Merkmale des Glaubens, Paulus demonstriert sie auf überraschende Weise. Es ist unsere Entscheidung, wie wir uns in Gefängnis-ähnlichen Situationen verhalten. Es ist Jesu Angebot an uns, die Kommunikation mit ihm nicht aus Wut, Enttäuschung oder Kraftlosigkeit abzubrechen, sondern die Verbindung zu halten. Er sagt uns zu, dass er uns durchtragen wird, bis wir wieder neue Perspektiven erkennen können. Auch wenn sie sich sehr von unseren ursprünglichen Vorstellungen unterscheiden. Eine einfache Übung, die Verbindung zu halten, ist, einen festen Raum für das Zusammensein mit Jesus einzurichten. Eine Viertelstunde am Tag an einem Ort, der ruhig und ungestört ist, ein Freund, der zuhört und mitbetet, ein Blatt Papier, um aufzuschreiben, was in dieser Viertelstunde am Tag passiert, ist ein Anfang, um die Verantwortung für uns selbst und unser geistliches Wachstum neu wahrzunehmen. Verantwortung für andere Paulus zeigt uns, wie das aussehen kann:
Zum Beispiel Frau A: "Ich sehe mich hier im Gottesdienst um und sehe einzelne, für die mein Herz in besonderer Weise schlägt. Manche kenne ich schon lang, mit manchen bin ich freundschaftlich verbunden, manche haben Schweres durchgemacht und ich habe das miterlebt, manche brauchen gerade jetzt besondere Zuwendung. Und ich entscheide mich dafür, im Sinne des Paulus besondere Verantwortung für zwei oder drei Personen hier zu übernehmen. Ich werde für sie beten, ich werde wie Paulus feststellen, dass ich viel zu danken habe für diese Personen und ihre Geschichte. Ich werde die Personen ermutigen, an Jesus festzuhalten, denn ich sehe, dass Gott auch ihnen treu bleibt und ihr Leben vollenden wird. Ich werde sie anregen, in ihr geistliches Leben zu investieren; sich selbst für ein Projekt zu entscheiden, in das sie investieren. Ich werde mich mit ihnen freuen über die Erfahrungen, die sie machen." Es müssen nicht immer Personen sein, die uns am Herzen liegen und in die wir investieren, es kann auch eine Aufgabe sein, die wir in der Fürbitte begleiten, für die wir eine Vision entwickeln, die wir fördern und voranbringen. Doch wichtig ist, dass wir nicht bei uns selbst und unserem Seelenheil stehen bleiben, sondern wachsen, indem wir uns für das Wachstum anderer einsetzen. Natürlich schützt uns das nicht vor Enttäuschungen. Im Gegenteil, sie werden ja da am größten sein, wo wir mit unserem Herzen dabei sind. Und nicht immer führt eine Investition zu reiner Freude. Doch in den Zeiten der Enttäuschung trägt uns Jesu Fürbitte, seine Ermutigung und seine Sorge um unser Wachstum. Zu ihm können wir kommen und von ihm erfahren, was es heißt, ihm am Herzen zu liegen. Er steht hinter uns und lässt selbst die Frusterlebnisse zum Wachsen beitragen. Unser Wachstum im Glauben hat ein Ziel. Jesus lässt uns wachsen, um ihm ähnlicher zu werden und Gott die Ehre zu geben. Auf dem Weg zu diesem Ziel sind wir verantwortlich für uns selbst und füreinander. Wachstum geschieht im Miteinander von Tragen und Getragen-Werden, von Ermutigung und Beistand, von Liebe und Dankbarkeit. Jesus ist das Zentrum, er möchte Zeit mit uns verbringen und schickt uns aus der Stille hinaus in diese Welt, an der wir wachsen sollen. Cornelia
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