Eine Tür zum Himmel (Offenbarung 5,1-7+13-14)
Gottesdienst am 11.11.2018 in Brombach

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
Er fuhr auf den Kirchenparkplatz und stieg zögernd aus. Eine ältere Dame stieg aus dem Auto neben ihm, sie kam direkt auf ihn zu und begrüßte ihn herzlich. Schnell war klar, dass er kein Wort verstand, er war gerade beruflich bedingt aus Australien angereist und war auf der Suche nach einer Kirchengemeinde. Die ältere Dame wiederum konnte nur wenige Worte englisch, doch die reichten aus, um ihn herzlich zum Gottesdienst einzuladen. Später erzählte er, wie diese Dame damals den Ausschlag gegeben hatte, dass er in der Gemeinde heimisch wurde. Natürlich wurde er in den nächsten Monaten herzlich aufgenommen und fand englischsprachige Freunde in der Gemeinde, doch im Gottesdienst verstand er bis zum Ende seines Aufenthalts nur sehr wenig.

Was hatte er wohl vom Gottesdienst? Wohl die Gemeinschaft der Glaubenden, eine Atmosphäre des Himmels jenseits von Sprache. Er spürte den Freiraum, den Gott ihm schenkte und in dem Gott ihn berühren konnte. Und sicher schwang auch immer die Erinnerung mit, dass er auch in der Einsamkeit des Auslandsaufenthalts von Gott geliebt, gewollt und beauftragt war und Gott mit ihm war.

Die Offenbarung des Johannes begleitet uns jetzt schon über viele Woche in der Tageslese, die viele von uns als Leitfaden zum Bibelstudium nutzen. Die Offenbarung ist ein besonderes Buch. Der Seher Johannes schrieb sie in schweren Zeiten für Christen. Sie waren vom römischen Staat angefeindet, kamen häufig in Gewissenskonflikte, wenn es um die Verehrung des Kaisers ging. Aber nicht nur vom Staat, auch von jüdischen Glaubensgeschwistern wurde ihnen das Leben schwer gemacht. Sie traten als Konkurrenz auf und wer mag schon, wenn im eigenen Teich von anderen gefischt wird. 

Die Erfahrung der Christen war, dass die Welt seit Jesus nicht besser geworden ist. Statt dass sich das Evangelium ausbreitete, wie es noch das Lukasevangelium und die Apostelgeschichte bezeugten, erhöhte sich der Druck auf Christen. Sie empfanden, als ob sich die Schlinge des Bösen zuzog, das Böse immer mehr Macht gewann.

In diese Situation hinein sprach die Offenbarung: Am Ende wird Gott siegen, das oder der Böse wird entmachtet, Gott schafft einen neuen Himmel und eine neue Erde.

Der Seher Johannes schildert diesen Kampf, in dem er sich mittendrin wähnt, mit starken Bildern. Er schaut nicht mit einem Fernrohr in die Zukunft, um die Zukunft ganz scharf und klar zu erkennen, sondern eher mit einem Kaleidoskop auf das Zukünftige. Er sieht Muster und Farben, aus Bruchstücken und Scherben entsteht Neues, Himmel und Erde, wie Gott sie meint.

Mitten in Katastrophen – und sie sind ja bis heute nicht abgerissen, die Nachrichten über Unrecht, Unheil, Christenverfolgung sind reichlich – öffnet Gott immer wieder Türen zu seiner Welt. Der Seher wird eingeladen, durch eine solche geöffnete Tür zu treten und zu sehen, welche andere Wirklichkeit auf der anderen Seite wartet. Das soll ihm Hoffnung und Zuversicht geben, die er der bedrängten Gemeinde weitergibt.

Eine solche Auszeit von der Not der Erde und unseres Lebens ist in Offenbarung 5 beschrieben.

Offenbarung 5,1-7+13-14
Ich sah:
Der auf dem Thron saß, hielt eine Schriftrolle in der rechten Hand. Sie war auf der Vorder- und Rückseite beschrieben und trug sieben Siegel. Und ich sah einen mächtigen Engel. Er rief mit lauter Stimme: »Wem steht es zu, das Buch zu öffnen und seine Siegel aufzubrechen?« Doch niemand war in der Lage, die Schriftrolle zu öffnen und hineinzuschauen – weder im Himmel noch auf der Erde noch unter der Erde. Ich weinte sehr. Denn es fand sich niemand, dem es zustand, die Schriftrolle zu öffnen und hineinzuschauen. Da sagte einer von den Ältesten zu mir: »Weine nicht! Sieh doch: Der Löwe aus dem Stamm Juda, der Spross aus der Wurzel Davids, hat den Sieg errungen. Er kann die Schriftrolle und ihre sieben Siegel öffnen!«  Dann sah ich: Bei dem Thron, umgeben von den vier Wesen und dem Kreis der Ältesten, stand ein Lamm. Es sah aus, als ob es geschlachtet wäre. Es hatte sieben Hörner und sieben Augen. Diese Augen sind die sieben Geister Gottes, die in die ganze Welt gesandt worden sind. Das Lamm ging zu dem, der auf dem Thron saß. Und es nahm die Schriftrolle aus seiner rechten Hand in Empfang.
Und alle Geschöpfe im Himmel, auf der Erde und unter der Erde sowie auf dem Meer – alles, was in der Welt lebt, hörte ich rufen: »Gott, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm sollen Lob und Ehre zuteilwerden. Sie regieren in Herrlichkeit und Macht für immer und ewig.« Die vier Wesen antworteten: »Amen.« Und die Ältesten warfen sich vor den beiden nieder  und beteten sie an.

Gott hält eine Schriftrolle in der Hand, als ein amtliches Dokument wird es beschrieben. Was steht darin? Eine Abfolge der Weltzeit bis zur Vollendung. Wenn das erste Siegel geöffnet wird, geht der letzte Akt der Weltgeschichte los. 

Johannes will, dass die Siegel endlich geöffnet werden, damit die Erlösung näher kommt. Er weint, weil niemand Gott so nahe ist, dass er die Siegel brechen könnte. Doch Jesus ist dem Herzen Gottes so nahe, dass er die Erlaubnis bekommt, die Weltgeschichte der Vollendung entgegenzubringen. Er hört die Not und das Stöhnen der Menschen. Er bringt ihre Anliegen stellvertretend vor den Vater. Er nimmt die Rolle in die Hand, er ist dabei, auch wenn noch manche Schrecken vor der Erlösung stehen. Er ist nahe zu jeder Zeit. 

Das Kaleidoskop lässt ein Muster entstehen. Die Geschehnisse um uns herum sind in Gottes Hand. Jesus will unser Heil, auch wenn wir durch harte Zeiten gehen, Gott nicht verstehen und auf Gebetserhörung sehnsüchtig hoffen. Er gibt uns nicht auf, sondern ist für uns da.

Die Antwort im Himmel ist Lobpreis, in den alle mit einstimmen werden. Nicht Bedrängung und Verfolgung haben das letzte Wort, sondern Jesus, und die ganze Welt dankt ihm für die innige Gemeinschaft, die er schenkt.

Lebenshilfe
Hier geht es eigentlich um uns, nicht um eine bildhafte, abstrakte Schilderung des Weltendes, wie sie der Seher Johannes vor 2000 Jahren zu Papier brachte. Auch wenn wir hier nicht verfolgt werden, in ganz anderen Herausforderungen als die Menschen damals leben, kennt mancher und manche ähnliche Gefühle. Ein Bekannter, der durch einen Unfall bedingt arbeitsunfähig geworden ist, muss sich durch die Instanzen kämpfen. Obwohl er den Unfall nicht verschuldet hat, vorschriftsmäßig versichert war und eigentlich von außen betrachtet das Recht auf seiner Seite hat, schleppt sich sein Verfahren über Monate und Jahre. Er fühlt sich bedroht, ohnmächtig, entwertet und hat sehr reale Angst vor dem sozialen Absturz. Sein Glaube, der ihn dazu bringt, wahrhaftig zu bleiben und sich mit fairen Mitteln zu wehren, scheint ihm eher im Weg zu sein, als ihm zu helfen. Und bei meinen Besuchen in Krankenhäusern erlebe ich so oft, wie Angehörige ohnmächtig und völlig überfordert am Bett ihrer Liebsten stehen, fassungslos und mit dem Gefühl, ganz allein auf der Welt zu sein mit allen ungelösten Fragen und dem Kummer im Herzen.

Für diese Menschen, andere, die das Gefühl kennen und die, die verzweifelte Menschen begleiten, öffnet Johannes eine Tür zum Himmel und er lädt ein, sie zu durchschreiten. Er will, dass wir diesen Ort der Herrlichkeit schon jetzt kennenlernen, uns in seinem Licht erholen, in den Lobpreis mit einstimmen und erleben, wie wir in Jesu Gegenwart die Frieden erleben, der uns leicht und schwerelos werden lässt.

Der himmlische Festsaal öffnet sich nicht erst am Ende unseres Lebens und unserer Welt, sondern steht jederzeit offen. Die Frage ist nur, wie ich die Tür finde und ob ich mich traue, durch sie hindurchzugehen.

Türen zum Festsaal
Die Tür ist für jeden und jede sehr individuell gestaltet. In einer neuen Studie über junge Menschen, die von sich sagen, dass der Glaube für sie eine hohe Priorität im Leben hat, kam Interessantes heraus. Junge Menschen nennen an erster Stelle das Gebet und dann den Lobpreis, also Musik mit Worten von heute. Sie praktizieren das Gebet mehrmals täglich, suchen dazu Gottes Nähe und schütten ihr Herz aus. Die Musik trägt sie und lässt sie spüren, dass Jesus mit ihnen unterwegs ist, hebt sie heraus aus den Alltagsthemen, die so gefangen nehmen. Wichtig ist ihnen, dass sie bei Gebet und Lobpreis ihre Todo-Liste zur Seite legen und sich von Gott füllen lassen.

Wir werden von Johannes aufgefordert, dieser Tür in unserem Leben nachzugehen. Wo nehmen wir sie verstärkt wahr? Im Gebet, im Loben Gottes, in der Musik, in der Gemeinschaft oder in der Lektüre der Bibel und anderer Glaubenszeugnisse? 

Und wenn wir uns selbst auf die Spur gekommen sind, sollten wir uns selbst ernst nehmen und diese Tür aufsuchen und aufstoßen lassen, sooft wir können. Wir werden die Erfahrung machen, dass wir Jesus ganz persönlich begegnen, dass er uns für die nächste Wegetappe stärkt und unser Herz so gefüllt wird, dass wir mühelos davon austeilen können.

Ein Urlaub vom Alltag
Ein Ausflug in den himmlischen Festsaal löst unsere Probleme nicht. Wir machen praktisch Urlaub vom Alltag, um mit neuen Kräften ins wirkliche Leben zurückzukehren. Doch wir sind nun erholt, haben ein paar Lasten im Himmel gelassen und sind bereit, neue Päckchen zu schultern. Wir werden widerstandsfähiger gegenüber Mächten, die uns von Jesus wegziehen wollen, und es wird uns klarer, was Gott von uns will. Er stärkt uns, mutig Erkanntes umzusetzen, und nicht aufzugeben, wenn scheinbar alles sinnlos erscheint.

»Gott, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm sollen Lob und Ehre zuteilwerden. Sie regieren in Herrlichkeit und Macht für immer und ewig

Cornelia Trick


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