EIN Glaube verändert die Welt
Gottesdienst am 14.09.2008

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
bei einem Spaziergang durch Bad Soden fiel mir letzte Woche auf, wie sich die Geschäfte der Innenstadt im Wandel befinden. Langjährige Läden haben dichtgemacht, dafür sind neue eingezogen. Vor allem die Vielfalt an Rückentrainingsangeboten, Massagesalons, Wellnessoasen, Sonnenstudios, Haarstudios, Fitness-Centern ist mir aufgefallen. Beim Durchschlendern und Lesen der Angebote war ich am Ende ganz verwirrt. Was braucht mein Körper am nötigsten von allen diesen Anbietern? Worin unterscheiden sich Anbieter zum gleichen Thema außer im Preis? 

Ich stelle mir vor, jemand geht durch ganz Bad Soden, also auch Neuenhain und Altenhain, und sucht nach Hilfe für sein Leben. Er hat von Gott gehört und probiert es bei den Kirchen, den evangelischen, den katholischen, auch bei der Evangelisch- methodistischen Kirche. Vielleicht trifft er auch auf informelle Hauskreise, die keine verfassten Kirchen sind, aber sich als kleine Hauskirchen verstehen. Er ist verwirrt. Wo findet er Gott? Haben alle Christen das gleiche Angebot? Wenn es so viele verschiedene gibt, worin unterscheiden sie sich?

Diesem Thema können wir heute nachspüren. Was haben wir als Christen dieser Welt anzubieten? Was ist das Neue, andere, das wir in diese Welt tragen? Und zwar nicht in Abgrenzung voneinander, sondern was ist der gemeinsame Auftrag aller Christen?

Im Epheserbrief stellt Paulus den gemeinsamen Grund, die Wurzeln, dar, die alle Gemeinden Jesu bis heute gemeinsam haben. Ein genauer Blick zuerst auf die Wurzeln lohnt sich, denn wer sich nicht um die Wurzeln kümmert, braucht keine Früchte am Baum zu erwarten.

Epheser 4,1-6

So ermahne ich euch nun, ich, der Gefangene in dem Herrn, dass ihr  der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid, in aller Demut und Sanftmut, in Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe, und seid darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens:
EIN Leib und EIN Geist, wie ihr auch berufen seid zu EINER Hoffnung eurer Berufung;
EIN Herr, EIN Glaube, EINE Taufe;
EIN Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen. 

Die Ermahnung der Gemeinde Jesu erfolgt von autorisierter Stelle. Hier redet einer, der für Christus leidet und für ihn auf die Seite gestellt ist. Im Gefängnis hat er Zeit zum Nachdenken, kann Wesentliches von Unwesentlichem trennen und der Frage nachgehen: Worauf kommt es bei Christen an? Seine Zusammenfassung könnten wir im Bild eines Baumes beschreiben. Wichtig ist die Einheit in den gemeinsamen Wurzeln, das Zusammenleben der Christen in Frieden, wie die Bäume harmonisch ihre Äste zum Licht hin ausbreiten, und die Frucht, die sie hervorbringen für die Welt.

Die Wurzeln

Im zweiten Teil der Ausführungen fällt das Wort EIN besonders ins Auge. Nicht die Unterschiede der Christen untereinander werden benannt, sondern die Gemeinsamkeit.

Ein Leib steht bei der Aufzählung am Anfang. Die Gemeinde ist in ihrer Einheit der Ort, an dem Christus gegenwärtig sein will, in die er sich leibhaftig hineinbegibt. Offensichtlich denkt Paulus hier nicht an ein Privatchristentum, dass jeder auf seine eigene Art und Weise glauben kann und keine Gemeinschaft mit anderen Christen braucht. Für ihn ist klar, die gemeinsame Wurzel für alle Christen ist Jesus Christus, der sich in der Gemeinschaft zu erkennen gibt und wirkt.

So leicht kommen wir dabei in einen Konkurrenzkampf gegeneinander wie vielleicht die verschiedenen Wellness-Anbieter in Bad Soden. Wir reden darüber, was uns unterscheidet, wo wir besser sind als andere, statt danach zu suchen, was uns in Jesus Christus verbindet, wo wir gemeinsam von ihm leben und von ihm lernen. Dabei werden wir leider auch auf Christen stoßen, deren Wurzeln abgestorben sind oder fast absterben. Sehr schnell merken wir, dass wir in ihnen nicht in den lebendigen Kontakt zu Jesus kommen. Sie laden zur Gemeinschaft ein, aber die Gemeinschaft bleibt im zwischenmenschlichen Bereich stehen, es kommt nicht zu einer Tiefe der gemeinsamen Gotteserfahrung.

Von diesen Christen redet Paulus hier nicht. Er meint Christen, die Jesus bezeugen können, Auskunft darüber geben können, was sie mit Gott erleben, wo sie ihn erfahren, vielleicht auch wo sie ihn gerade suchen. Sie können Neue an die Hand nehmen und zum Kreuz führen, damit dort Jesus an ihnen wirken kann.

Das zweite Einheitskriterium ist der eine Geist. Es ist der Heilige Geist, den Jesus verschenkt, um zum Glauben zu befähigen, mit Jesus in ständigem Kontakt zu bleiben und von ihm Zeugnis zu geben. großer LaubbaumDer eine Geist gibt die Kraft zur Evangelisation, dass alle, die zu Jesus gehören, ihren Auftrag wahrnehmen, andere zum Glauben zu rufen.

Das dritte Stichwort ist die eine Hoffnung. Hoffnung richtet sich in die Zukunft, auf das Ziel aus. Wer zu Jesus Christus gehört, ist auf Hoffnung hin ausgerichtet. Der Baum wächst dem Licht entgegen, Christen wachsen Gott entgegen, seiner Ewigkeit. Sie haben das gleiche Ziel und strecken sich nach diesem Ziel aus. An den Ästen des Baumes kann man dieses Phänomen sehr gut beobachten. Jeder einzelne Ast strebt zum Licht nach oben. Doch sie wachsen nicht parallel zueinander in den Himmel, sie verzweigen sich und bilden die harmonische Baumkrone. So ist es die Aufgabe der hoffnungsvollen Christen, aus der Wurzel die Kraft zum Wachsen zu schöpfen und nach oben zu wachsen. Dass nicht alle gleich sind, bedeutet nicht, dass sie nicht dem gleichen Ziel zustreben. Sie suchen sich den Platz, an dem Jesus für sie soviel Licht scheinen lässt, dass sie ihrer Bestimmung nach leben und Frucht bringen können.

So sind die gemeinsamen Wurzeln Ausdruck dafür, dass Christen zusammen gehören, dass sie durch den gemeinsamen Geist ihre Bestimmung kennen, andere zum Glauben einzuladen, und dass sie das gleiche Ziel anstreben, die Gemeinschaft mit Gott in Ewigkeit.

Paulus fügt den Wurzeln noch drei weitere Bestimmungen hinzu: Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe. Damit betont er, dass Christen wissen, wer ihr Auftraggeber ist. Sie richten sich nicht nach ihren eigenen Bedürfnissen, sondern nach Gottes Rufen und seinem Auftrag. Sie stehen zusammen im Glauben und wissen sich in ihrer Taufe, dem Bruch mit einem Leben ohne Gott, verbunden.

Die Baumkrone – oder: Bewahren der Einheit

Natürlich verfügt Paulus über genug Lebenserfahrung, um zu wissen, dass eine Gemeinschaft von Menschen oft nicht einfach von selbst so harmonisch wächst wie eine Baumkrone auf offenem Feld. Es kann Zweige geben, die schneller sind als andere, die sich ihren Platz an der Sonne vor anderen sichern wollen. Deshalb gibt er drei Hinweise, wie ein harmonisches Miteinander gelebt werden kann, um die Einheit zu bewahren.

Die Demut ist ein sehr aktuelles Thema, bedeutet es doch, sich zurück schneiden zu lassen von Heilsegoismen aller Art. So leicht ist es, den eigenen Ast als den wichtigsten und besten zu proklamieren, die eigenen Ansichten und Erkenntnisse vor allen anderen zu rühmen. Die Demut führt uns hinab in unsere eigene Schwäche. Wir sind nicht besser als andere. Wir können nicht aus eigener Kraft mit anderen in Frieden leben. Wir brauchen Jesus täglich, der uns zurecht rückt, uns Kraft gibt zum Zusammensein, uns zeigt, wo er uns haben will. Wir brauchen Dien-Mut, um uns zu denen zu begeben, die uns brauchen, auch unsere Hilfe brauchen. Dabei drehen wir uns nicht um unsere eigenen Bedürfnisse, sondern sind bereit abzugeben und zu helfen. Wer braucht unsere Unterstützung? Wie und wo können wir dienen, dass andere mehr Licht bekommen? Wo müssen wir uns zurück nehmen, um anderen Leben zu ermöglichen?

Ein weiteres Stichwort ist die Milde. Zusammenleben sollen wir ohne Gartenschere, die ständig am anderen rumschnippelt, um ihn so zu formen, wie wir es gerne hätten. Milde kommt von Mahlen, wer mild ist, ist durch die Mühle des eigenen Lebens geprägt worden. Wir werden nicht den Finger gegen andere erheben und ihnen die Leviten lesen, sondern ihnen barmherzig und klar gegenübertreten. Jesus hat uns angenommen, und er verändert uns. Das ist die Botschaft zum Weitergeben. 

Auch das Stichwort Großmut oder Geduld weist in diese Richtung. Wir sollen uns stehen lassen im Angesicht des Reiches Gottes. Wir können ein weites Herz haben, in dem unterschiedliche Menschen Platz haben. Wenn wir im Wesentlichen geeint sind, werden die Unterschiede uns nicht trennen, denn letztlich geht es nicht um uns, sondern um die Früchte. Und Früchte wachsen auf unterschiedlichen Ästen.

Paulus spricht zu einer Gemeinde, in der unterschiedliche Kulturen aufeinander treffen, jüdisch geprägte und von der griechischen Kultur geprägte Menschen sind beieinander.

Paulus spricht heute zu Menschen, die ihre Individualität wichtiger nehmen als die Gemeinsamkeiten. Er erwartet keinen Einheitsbrei, in dem jede Verschiedenheit geleugnet wird. Aber er fordert ein sich gegenseitig Ertragen in Liebe. Das Tragen äußert sich nicht in inniger Umarmung und Umklammerung, sondern im Gebet füreinander und miteinander, in der Hilfe, wo es Not tut und in der Achtung für den Weg der anderen, im Glauben zu wachsen und andere für das Reich Gottes zu gewinnen.

Wenn besagter Mann, den ich mir am Anfang der Predigt im Geist vorgestellt habe, nun durch Bad Soden läuft, dann trifft er hoffentlich viele Christen in den unterschiedlichen Gemeinden und Hauskreisen an, die diese Einheit in Jesus Christus leben, die einander verbunden sind im gemeinsamen Suchen nach Menschen, die Jesus brauchen, und in der Vorfreude auf den Himmel, in dem es keine Trennungen mehr geben wird, weil Gott alles in allem sein wird und seine Hütte bei den Menschen aufgeschlagen hat.

Cornelia Trick


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