Gottesdienst am 1.12.2013
in Rod am Berg
Liebe Gemeinde,
die Bilder von dem verheerenden
Taifun auf den Philippinen sind noch in unseren Köpfen eingebrannt.
Menschen trauern um ihre Verwandten, suchen nach letzten Habseligkeiten
in den Trümmern und irren orientierungslos über Schutthalden.
In einer Reportage wurde besonders die Wasserversorgung thematisiert. Täglich
stand nur für wenige Stunden Wasser aus einem provisorischen Wasserrohr
zur Verfügung. Die Leute standen mit ihren Kanistern Schlange, um
wenigstens für das Notwendigste Wasser zu besorgen. Welch ein Kontrast
zu unserem nicht versiegenden Trinkwasser, das uns rund um die Uhr zur
Verfügung steht.
Advent ist eine Zäsur
im Jahr. Wir bereiten uns auf die Ankunft Jesu vor. Er ist lebendiges Wasser,
das seither unbegrenzt fließt. Diese Vorbereitungszeit dient dazu,
dass wir Jesus nicht selbstverständlich nehmen. Wir können den
eigenen Durst neu empfinden, leer werden, damit Jesus in unser Leben kommen
kann.
Der Hebräerbrief wurde
an die zweite und dritte Generation Christen im jüdischen Umfeld geschrieben.
Er knüpft an das Vorwissen der Christen aus dem Judentum an. Einmal
jährlich feierte man den Versöhnungstag. Der Hohepriester hatte
als einziger Zugang zum Allerheiligsten und opferte dort für die Sünden
das Volkes. Im Bild des Wassers gesprochen, floss das Wasser der Reinigung
und Vergebung einmal im Jahr. Mit Jesu Tod opferte Gott sich selbst und
öffnete den Vorhang zum Allerheiligsten von seiner Seite aus, sozusagen
von innen heraus zu den Menschen. Ein für allemal gibt es seitdem
einen unbegrenzten Zugang zum Wasser des Lebens, der regulierende Wasserhahn
wurde abmontiert, das Wasser fließt für alle frei zugänglich.
Der Hebräerbrief hat
eine Adventsbotschaft. Jesus ist Gottes Angebot, Wasser des Lebens zu bekommen.
Wir brauchen dieses Wasser, um leben zu können. Wir brauchen das Wasser,
um unsere Schuld vergeben zu bekommen. Das Wasser verbindet uns mit Gott
über dieses Leben hinaus bis in Ewigkeit.
In drei Schritten können
wir uns Jesus nähern, um ihn ins eigene Leben aufzunehmen.
Hebräer 10,22-25
Darum wollen wir vor Gott
hintreten mit offenem Herzen und in festem Glauben; unser Gewissen wurde
ja von aller Schuld gereinigt und unser Leib in reinem Wasser gewaschen.
Wir wollen an der Hoffnung festhalten, zu der wir uns bekennen, und wollen
nicht schwanken; denn Gott, der die Zusagen gegeben hat, steht zu seinem
Wort. Und wir wollen aufeinander Acht geben und uns gegenseitig zur Liebe
und zu guten Taten anspornen. Einige haben sich angewöhnt, den Gemeindeversammlungen
fernzubleiben. Das ist nicht gut; vielmehr sollt ihr einander Mut machen.
Und das umso mehr, als ihr doch merken müsst, dass der Tag näher
rückt, an dem der Herr kommt!
1 Wir wollen vor Gott hintreten
Die Wasserleitung ist offen,
das Wasser fließt. Es ist an uns, nun einen Schritt darauf zuzumachen,
uns aus der Erstarrung zu lösen und die festgefahrenen Wege zu verlassen.
Würde jemand Sie bitten, ihr Herz freizumachen, wäre das ein
ganz schöner Aufwand. Der Reißverschluss des Anoraks müsste
geöffnet werden, darunter werden noch mehr Schichten Kleidung sein.
So geht es uns auch mit Jesus, wenn er unserem offenen Herz begegnen will.
Zuerst müssen wir die Schichten öffnen, die wir zum Schutz über
unser Herz gelegt haben. Unter diesen Schichten ist vielleicht eine Sehnsucht,
eine Leere, eine Wunde. Mag sein, jemand leidet darunter, nicht anerkannt,
nicht verstanden zu werden, verletzt worden zu sein. Dieses offene Herz
möchte Jesus berühren und sein lebendiges Wasser zum Reinigen,
Heilen und Erfrischen anbieten.
2 Wir wollen an der Hoffnung
festhalten
Normalerweise halten wir fest,
was wir getan haben. Bei unserem Metzger bewundere ich bei jedem Einkauf
seine Diplome für die beste Fleischwurst, den zweitbesten Schinken
Hessens. Wir alle haben wahrscheinlich eine solche Mappe, in der unsere
Zeugnisse und Auszeichnungen aufbewahrt sind. Wenn wir uns allerdings an
ihnen festhalten, als wären sie unsere Lebensversicherung, geht es
uns ähnlich wie denen, die Wasser aus Kanistern trinken. Man hat das
Wasser auf Vorrat, aber es ist abgestanden und wird bald faulig, die Menge
ist begrenzt, bald ist neues Wasser nötig. Jesus ermutigt uns, uns
auf ihn hin zu konzentrieren, ihm zu vertrauen, dass er in neue Situationen
führt, Kraft gibt, die wir nicht selbst haben. Statt festzuhalten
an dem, was wir hatten, auch zu trauern, dass manches nicht mehr ist, was
einmal war, will Jesus unseren Lebenshorizont erweitern, uns in die Zukunft
führen. Die Hoffnung liegt vorne, nicht hinten.
3 Wir wollen aufeinander
Acht geben
Jesus verlängert seine
Liebe durch uns zu anderen hin. Das Wasser ist nicht nur für uns als
Christen in Brombach, Rod am Berg oder der Umgebung. Viel mehr Menschen
brauchen es noch. Da sind welche, die Unterstützung in ihrer Lebenssituation
brauchen, die Hilfe benötigen, um ihren Anorak zu öffnen und
die Abgründe ihres Lebens zu zeigen. Da braucht jemand Hoffnung, dass
Jesus mitgeht und weiterführt. Als Adventsmenschen über Gemeindegrenzen
hinweg haben wir einen konkreten Auftrag, das lebendige Wasser unter die
Leute zu bringen. Da wir nicht immer motiviert dazu sind, uns oft um uns
selbst drehen und 1000 andere Dinge im Kopf haben, mahnt der Hebräerbrief
ausdrücklich, einander zu guten Werken anzureizen. Wir brauchen auch
dabei einander, dass wir mutig die Aufgaben anpacken, die uns gestellt
werden.
In diesen Wochen sind die
ersten Flüchtlinge mit traumatischer Vergangenheit in Dorfweil gelandet.
Mitte Dezember hat der Bürgermeister alle Pfarrer und Pastoren der
Region zum Gespräch einzuladen. Er braucht bei der Bewältigung
der Aufgaben die Unterstützung der Kirchen, unser aller Hilfe. Ist
das nicht ein wunderbares Betätigungsfeld für Adventsmenschen,
das Wasser des Lebens vorbehaltlos und bedingungslos weiterzugeben?
Auch wenn der Tag des Herrn
vielleicht noch nicht morgen kommen wird, bereit dafür können
wir uns machen – mit offenen Herzen, voller Hoffnung auf den Herrn und
aufmerksam auf die, die sein Wasser brauchen.
Cornelia
Trick
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