Der Weg zum Leben (Hebräer 10,22-25)
Gottesdienst am 1.12.2013 in Rod am Berg

Liebe Gemeinde,
die Bilder von dem verheerenden Taifun auf den Philippinen sind noch in unseren Köpfen eingebrannt. Menschen trauern um ihre Verwandten, suchen nach letzten Habseligkeiten in den Trümmern und irren orientierungslos über Schutthalden. In einer Reportage wurde besonders die Wasserversorgung thematisiert. Täglich stand nur für wenige Stunden Wasser aus einem provisorischen Wasserrohr zur Verfügung. Die Leute standen mit ihren Kanistern Schlange, um wenigstens für das Notwendigste Wasser zu besorgen. Welch ein Kontrast zu unserem nicht versiegenden Trinkwasser, das uns rund um die Uhr zur Verfügung steht.

Advent ist eine Zäsur im Jahr. Wir bereiten uns auf die Ankunft Jesu vor. Er ist lebendiges Wasser, das seither unbegrenzt fließt. Diese Vorbereitungszeit dient dazu, dass wir Jesus nicht selbstverständlich nehmen. Wir können den eigenen Durst neu empfinden, leer werden, damit Jesus in unser Leben kommen kann.

Der Hebräerbrief wurde an die zweite und dritte Generation Christen im jüdischen Umfeld geschrieben. Er knüpft an das Vorwissen der Christen aus dem Judentum an. Einmal jährlich feierte man den Versöhnungstag. Der Hohepriester hatte als einziger Zugang zum Allerheiligsten und opferte dort für die Sünden das Volkes. Im Bild des Wassers gesprochen, floss das Wasser der Reinigung und Vergebung einmal im Jahr. Mit Jesu Tod opferte Gott sich selbst und öffnete den Vorhang zum Allerheiligsten von seiner Seite aus, sozusagen von innen heraus zu den Menschen. Ein für allemal gibt es seitdem einen unbegrenzten Zugang zum Wasser des Lebens, der regulierende Wasserhahn wurde abmontiert, das Wasser fließt für alle frei zugänglich.

Der Hebräerbrief hat eine Adventsbotschaft. Jesus ist Gottes Angebot, Wasser des Lebens zu bekommen. Wir brauchen dieses Wasser, um leben zu können. Wir brauchen das Wasser, um unsere Schuld vergeben zu bekommen. Das Wasser verbindet uns mit Gott über dieses Leben hinaus bis in Ewigkeit.
In drei Schritten können wir uns Jesus nähern, um ihn ins eigene Leben aufzunehmen.

Hebräer 10,22-25

Darum wollen wir vor Gott hintreten mit offenem Herzen und in festem Glauben; unser Gewissen wurde ja von aller Schuld gereinigt und unser Leib in reinem Wasser gewaschen. Wir wollen an der Hoffnung festhalten, zu der wir uns bekennen, und wollen nicht schwanken; denn Gott, der die Zusagen gegeben hat, steht zu seinem Wort. Und wir wollen aufeinander Acht geben und uns gegenseitig zur Liebe und zu guten Taten anspornen. Einige haben sich angewöhnt, den Gemeindeversammlungen fernzubleiben. Das ist nicht gut; vielmehr sollt ihr einander Mut machen. Und das umso mehr, als ihr doch merken müsst, dass der Tag näher rückt, an dem der Herr kommt!

1 Wir wollen vor Gott hintreten 

Die Wasserleitung ist offen, das Wasser fließt. Es ist an uns, nun einen Schritt darauf zuzumachen, uns aus der Erstarrung zu lösen und die festgefahrenen Wege zu verlassen. Würde jemand Sie bitten, ihr Herz freizumachen, wäre das ein ganz schöner Aufwand. Der Reißverschluss des Anoraks müsste geöffnet werden, darunter werden noch mehr Schichten Kleidung sein. So geht es uns auch mit Jesus, wenn er unserem offenen Herz begegnen will. Zuerst müssen wir die Schichten öffnen, die wir zum Schutz über unser Herz gelegt haben. Unter diesen Schichten ist vielleicht eine Sehnsucht, eine Leere, eine Wunde. Mag sein, jemand leidet darunter, nicht anerkannt, nicht verstanden zu werden, verletzt worden zu sein. Dieses offene Herz möchte Jesus berühren und sein lebendiges Wasser zum Reinigen, Heilen und Erfrischen anbieten.

2 Wir wollen an der Hoffnung festhalten

Normalerweise halten wir fest, was wir getan haben. Bei unserem Metzger bewundere ich bei jedem Einkauf seine Diplome für die beste Fleischwurst, den zweitbesten Schinken Hessens. Wir alle haben wahrscheinlich eine solche Mappe, in der unsere Zeugnisse und Auszeichnungen aufbewahrt sind. Wenn wir uns allerdings an ihnen festhalten, als wären sie unsere Lebensversicherung, geht es uns ähnlich wie denen, die Wasser aus Kanistern trinken. Man hat das Wasser auf Vorrat, aber es ist abgestanden und wird bald faulig, die Menge ist begrenzt, bald ist neues Wasser nötig. Jesus ermutigt uns, uns auf ihn hin zu konzentrieren, ihm zu vertrauen, dass er in neue Situationen führt, Kraft gibt, die wir nicht selbst haben. Statt festzuhalten an dem, was wir hatten, auch zu trauern, dass manches nicht mehr ist, was einmal war, will Jesus unseren Lebenshorizont erweitern, uns in die Zukunft führen. Die Hoffnung liegt vorne, nicht hinten.

3 Wir wollen aufeinander Acht geben

Jesus verlängert seine Liebe durch uns zu anderen hin. Das Wasser ist nicht nur für uns als Christen in Brombach, Rod am Berg oder der Umgebung. Viel mehr Menschen brauchen es noch. Da sind welche, die Unterstützung in ihrer Lebenssituation brauchen, die Hilfe benötigen, um ihren Anorak zu öffnen und die Abgründe ihres Lebens zu zeigen. Da braucht jemand Hoffnung, dass Jesus mitgeht und weiterführt. Als Adventsmenschen über Gemeindegrenzen hinweg haben wir einen konkreten Auftrag, das lebendige Wasser unter die Leute zu bringen. Da wir nicht immer motiviert dazu sind, uns oft um uns selbst drehen und 1000 andere Dinge im Kopf haben, mahnt der Hebräerbrief ausdrücklich, einander zu guten Werken anzureizen. Wir brauchen auch dabei einander, dass wir mutig die Aufgaben anpacken, die uns gestellt werden.

In diesen Wochen sind die ersten Flüchtlinge mit traumatischer Vergangenheit in Dorfweil gelandet. Mitte Dezember hat der Bürgermeister alle Pfarrer und Pastoren der Region zum Gespräch einzuladen. Er braucht bei der Bewältigung der Aufgaben die Unterstützung der Kirchen, unser aller Hilfe. Ist das nicht ein wunderbares Betätigungsfeld für Adventsmenschen, das Wasser des Lebens vorbehaltlos und bedingungslos weiterzugeben?

Auch wenn der Tag des Herrn vielleicht noch nicht morgen kommen wird, bereit dafür können wir uns machen – mit offenen Herzen, voller Hoffnung auf den Herrn und aufmerksam auf die, die sein Wasser brauchen.

Cornelia Trick


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