|
Liebe Gemeinde,
Diese Ohnmachtsgefühle, wenn Wege nicht mehr wie gewohnt weitergegangen werden können, wenn Hindernisse blockieren oder sich Sackgassen auftun, sind ja nicht nur auf den Verkehr beschränkt. Wir erleben so etwas ja auch im ganz normalen Alltag immer wieder. Um Hilfe zu bekommen, können wir uns von Jesus mitnehmen lassen. Er ist in Jerusalem angekommen, vor ihm steht der prachtvolle Tempel, einmalig in damaliger Zeit mit dicken, stabilen Mauern aus Stein. Jesus schaut auf den Tempel und sagt voraus, dass er einstürzen wird verbunden mit Krieg und Elend. Nur 40 Jahre nach seinen Worten ist das eingetroffen, doch zurzeit Jesu hatten ihn die politisch und religiös Führenden für einen Aufrührer gehalten, der die Leute mit Schreckensszenarien zum Aufstand bringen wollte. Die Jünger hören Jesu Worte auch. Auch sie wird die Vorstellung von Zerstörung und Krieg ängstigen. Deshalb fragen sie: „Wann wird das geschehen?“ Jesus holt aus und beschreibt die Zukunft weit über das Jahr 70 n. Chr. hinaus. Er hat die Weltzeit im Blick und lässt seine Jünger und uns in Gottes Karten schauen: Lukas 21,25-28
Die Welt am Ende
Die Jünger kannten damals Missernten und soziales Elend durch Kriege und Vertreibung, aber sie kannten keinen Kosmos, der aus dem Ruder gelaufen ist. Wir können uns die Bedrohungen sicher realistischer vorstellen als sie. Klimawandel in allen Spielarten beschert Überschwemmungen, sterbende Wälder bei uns und Verteilungskämpfe und Flüchtlingsströme aus unbewohnbaren Gebieten. Auch die Angst, von der Jesus spricht, ist in unseren Tagen sehr fassbar und sogar als neues Krankheitsbild aufgenommen: „Klima-Depression“, weil man keine persönliche Hoffnung mehr hat und keinen eigenen Ansatzpunkt zur Änderung mehr sieht angesichts des Zustands dieser Welt. Jesus zeigt sich hier wieder neu als Seelsorger. Er nimmt seine Jünger an die Hand und hilft ihnen, eine neue Blickrichtung einzunehmen. Er richtet ihren Blick weg von den Problemen zu ihren Füßen nach oben. Von dort wird er kommen und retten, auch wenn menschlich alles verloren erscheint. Jesus werden alle Menschen sehen, anders als in der Weihnachtsgeschichte, wo ihn nur einige Hirten und Weise zu sehen bekamen. Jesus wird mit Macht und Herrlichkeit kommen, das Zeug haben, die Verhältnisse zu ändern, anders als das Kind in der Krippe, das uns signalisierte: „Gott meint es gut mit dir, du kannst ihm vertrauen, er zwingt dich nicht, sondern wirbt um deine Liebe wie ein Baby, das dich anlächelt.“ Jesus kommt wieder
Ich frage mich, was ich
von Jesus erwarte, wenn er wiederkommt.
Mancher ist von Schuld gefangen. Letzte Woche kamen mehrere Meldungen vom Frankfurter Stadtverkehr, dass Lastwagenfahrer Radfahrer teils mit tödlichem Ausgang umgefahren hatten. Von den Fahrern hieß es meistens, dass sie noch nicht zum Unfallverlauf vernommen werden konnten, weil sie unter Schock standen. Wer kann sich nicht in ihre Situation versetzen. Sie wollten rechts um die Ecke, haben einen winzigen Moment nicht richtig in den Spiegel geschaut und ein Menschenleben beendet. Wie können sie mit dieser Schuld weiterleben? Ich stelle es mir sehr, sehr hart vor. Jesus kommt wieder, auch um diesen LKW-Fahrern zuzusagen: „Dir ist deine Schuld vergeben, du kannst wieder aufrecht laufen, darfst wieder lachen und fröhlich sein.“ Manche wird von ihren Zwängen gefangen gehalten. Sie weiß, sie könnte ihr Leben genießen, aber sie fühlt sich wie eingeklemmt zwischen ihren inneren Ausrufezeichen: Du musst! Du sollst! Erst die Arbeit, dann das Vergnügen! Und die Arbeit ist nie fertig, weshalb es auch niemals Vergnügen in ihrem Leben gibt. Jesus sagt: „Deine zwingenden Ketten reiße ich entzwei. Du kannst aufatmen, du darfst leben und dich freuen am Leben.“ Mancher hat auf seiner Stirn einen Stempel, den ihm jemand in seiner Kindheit aufgedrückt hat. Der Stempel und die Stempelfarbe sind so intensiv, dass sie ihn auf Schritt und Tritt an die Worte seiner Kindheit erinnern: „Du bist nicht genug. Ich liebe dich erst, wenn du Bedingungen erfüllst. Du musst dich mehr anstrengen, um was vom Kuchen zu bekommen.“ Nicht alle Stempel oder Prägungen führen zu innerer Not, aber oft sind sie die Ursache für manche Wegführung, die in die Gefangenschaft führt. Auch Ängste können versklaven. Sie sind wie Stacheldrahtzäune, die sich um unser Leben ziehen. Je mehr Angst, je enger werden die Zäune. Jesus bricht sie auf, beseitigt sie. Er kommt, um uns aus unseren Stacheldraht-Angst-Gefängnissen zu befreien. Wir erwarten auch Erneuerung von Leib und Seele. Wer jetzt gerade Schmerzen hat, sehnt sich nach einem Zustand ohne Pein. Er sehnt sich danach, dass sein Körper und seine Seele sich wieder schwerelos anfühlen, er nicht mehr darüber nachdenken muss, ob er sich das antut, jetzt aufzustehen und das schmerzende Knie zu belasten. Er freut sich darauf, wieder voller Glück zu springen und zu tanzen. Wir erwarten ein Ende von Ungerechtigkeit und Unterdrückung. Wir malen uns aus, dass nicht mehr der Stärkste sich durchsetzt, sondern die mit den besten Argumenten. Dass auch jemand mit leiser Stimme gehört wird, wir Menschen in Achtung, Respekt, Frieden miteinander leben und als Überschrift über unserer Gemeinschaft steht: „Sie leben, wie Gott es will“. Wir erwarten, dass es keine Reichen und keine Armen mehr gibt, sondern alle so viel haben, dass sie davon leben und fröhlich teilen können. Wir sehnen uns nach einer Situation, wie sie das Volk Israel in der Wüste erlebte: Manna, das jeden Tag vom Himmel fiel und alle satt machte (2.Mose 16). Wir erwarten ein Ende von Hass, Hetze und Menschenverachtung, wie wir sie in unserer Gesellschaft leider gerade verstärkt erleben. Fassen wir diese Erwartungen zusammen, haben wir eine Beschreibung für das Reich Gottes vor Augen. Jesus holt uns ab in diese neue Welt – mit Macht und Herrlichkeit. Niemand wird ihn daran hindern können, denn er ist stärker als alle widergöttlichen Mächte. Es wird „Herrlichkeit“ sein, was so viel bedeutet, dass es überwältigend gut werden wird. Diese Generation wird es
erleben
Deshalb brauchen wir nicht auf den Tag X zu warten, um den Kopf Jesus entgegen zu heben, sondern können es schon heute und hier tun. Die Erlösung kommt auf uns zu, Jesus sieht uns. Wir sind heute dem Heil einen Schritt näher gekommen als gestern. Der Blick nach oben verändert uns. Wir gewinnen Kraft und Zuversicht von Jesus, der uns damit beschenken will. Wir begeben uns automatisch in seine Richtung, denn dorthin, wo man hinschaut, bewegt man sich. Das bedeutet für diese Adventszeit, dass wir die Rettung schon jetzt beginnen lassen:
„Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht!“ (Lukas 21,28 Luther-Übersetzung) Cornelia
Trick
|