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Liebe Weihnachtsgemeinde,
Heute Morgen können wir das Weihnachtsgeschehen umfassender betrachten. Wir sehen den Horizont, wie es zu der Geburt Jesu gekommen ist, und wir sehen weiter, wohin uns der Anfang im Stall führt. Deshalb betrachten wir jetzt miteinander die „etwas andere Weihnachtsgeschichte“ nach dem Evangelium des Johannes. Dort wird keine Stallidylle beschrieben, aber der Gesamtzusammenhang von Gott und Welt rückt in den Mittelpunkt. Johannes 1,1-14 Es war ein Mensch, von Gott gesandt, der hieß Johannes. Der kam zum Zeugnis, um von dem Licht zu zeugen, damit sie alle durch ihn glaubten. Er war nicht das Licht, sondern er sollte zeugen von dem Licht. Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen. Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn gemacht; aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf. Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen eines Mannes, sondern von Gott geboren sind. Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. Der Evangelist hat ein besonderes Anliegen. Er möchte die Geburt Jesu in einen großen Zusammenhang stellen. Seine Geburtsgeschichte beleuchtet deshalb auch nicht das Jahr 0, das Wissen um die besondere Nacht in Bethlehem setzt Johannes voraus, sondern er schaut zurück auf das Jahr 0 der Erde. Jesus ist das Wort, das Gott spricht. Gott und sein Wort sind so wenig zu unterscheiden wie wir von dem, was wir sagen. Jesus ist das Wort, mit dem Gott die Erde schuf. Folglich war Jesus schon da, als diese Erde noch nicht existierte. Er als Wort Gottes rief sie ins Leben. Sein Wort war der Beginn der Schöpfungsgeschichte. Wie Jesus die Schöpfung in Gang setzte, so bleibt er mit dieser Welt verbunden. Ohne ihn kann diese Welt nicht existieren. Ohne Gottes Atem und Geist und sein bejahendes Wort fehlt der Welt die Luft zum Atmen, sie stirbt. So ist Jesus nicht nur als Wort Gottes der Anfänger dieser Welt, sondern auch ihr Wegbegleiter und Vollender. Das Wort Gottes: „Siehe, ich mache alles neu“ heißt nichts anderes, als dass Jesus als Wort Gottes auch am Ende der Zeiten alles neu machen wird. Jesus umgreift unsere Weltzeit. Er ist das Licht, das Leben gibt unabhängig von uns Menschen. Er kennt keine Begrenzung von Ort und Zeit. Alle Dinge sind durch ihn gemacht, alle Menschen sollen sein Licht aufnehmen, sie sollen ihm glauben. So weitet der Evangelist den Blick über ein paar Hirten und Zeitgenossen im Jahre 0 auf alle Zeiten und alle Menschen. Jesus hat Bedeutung, gestern, heute und in Ewigkeit. Das übrigens deuten auch die beiden klassischen Weihnachtsgeschichten nach Matthäus und Lukas an. Matthäus berichtet von den Weisen, die aus dem fernen Orient gekommen sind, um Jesus anzubeten. Er deutet damit den weltweiten Horizont der Geburt Jesu an, der durch Jesu Missionsbefehl am Ende des Evangeliums bestärkt wird. Lukas zitiert den Verkündigungsengel: „Siehe, ich verkünde euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird.“ Das Weihnachtsevangelium
beginnt am ersten Schöpfungstag. Licht schuf Gott und Leben, damit
auf der Welt sein Heil und Friede herrschen konnten. Doch diesem Licht
stellen sich Hindernisse in den Weg. Sie bauen sich auf wie Betonmauern,
schirmen ab vom Licht, dass dahinter nur noch Dunkelheit zu finden ist.
Johannes erwähnt drei solcher Betonmauern, die Finsternis der Welt,
Menschen, die das Licht nicht aufgreifen, und die Seinen, die Jesus nicht
annehmen. Die Finsternis der Welt ist das Böse, eine Macht, die sich
dem Licht von Anfang an entgegenstellt. Es ist die Sünde, die einflüstert:
Du kommst ohne Gott besser zurecht, er will dein Leben doch nur begrenzen
und beschneiden. Mach dich unabhängig von Gott, dann wirst du selbst
Gott. Die Finsternis der Menschen bricht da an, wo die Sünde Raum
gewinnt. Exemplarisch deutlich wird das in den Anfängen des Volkes
Israel, als sie unterwegs durch die Wüste ins gelobte Land sind. Misstrauen
gegenüber Gottes Verheißung, Kleinglaube, dass Gott sie verhungern
und verdursten lässt, Gleichgültigkeit gegenüber Gottes
Werben um sie kennzeichnen diese Zeit. Gottes Licht scheint, doch wird
es abgehalten durch die verschlossenen Herzen der Menschen. Die dritte
Mauer ist die Finsternis, die die umgibt, die eigentlich zu ihm gehören.
Die religiös engagierten Zeitgenossen lehnen das Licht ab. Das ist
besonders tragisch, da sie ja mit ganzem Herzen Gott dienen wollen. Vielleicht
ist es so, wie wenn ein Fahrgast auf dem Bahnsteig steht Jesus wird Mensch mitten in den Betonmauern der Dunkelheit. Doch an einer Seite lassen die drei Betonmauern das Licht nach außen strahlen. Dort, an der offenen Seite befinden sich Menschen, die das Licht aufnehmen und ihr Herz für Jesus öffnen. Sie sind nicht randvoll mit ihren eigenen Terminen, Themen, Lebensgeschichten und Aufgaben, sondern geben Jesus Raum. Oft ist es der kleine, unscheinbare Raum, in den Jesus praktisch durch die Hintertür eintritt. Der Raum, in dem mancher Mist lagert, die Probleme sich anhäufen, Schuld begraben liegt. In diesen Bereich des Herzens lassen sie Jesus hineinkommen, und er macht den Stall voller Müll hell. Sein Licht erleuchtet Selbstzweifel, Unsicherheiten, den Schmerz, Krankheit, Verlust und Schuld. Sein Licht deckt auf, was unter der hoch polierten Oberfläche der Feiertage verborgen ist. Sein Licht ermutigt zuzugeben, ja, mir geht es nicht besser als dem Verlorenen Sohn, der sich im Schweinekoben wieder fand und beschloss, zu seinem Vater zurückzukehren. Dieses Licht ist aber nicht nur kaltes Licht, das aufdeckt, sondern auch heilendes Licht, das wärmt und Neues wachsen lässt. Er, der die Welt als Gottes Wort schuf, er steht auch für Neuanfänge in unserem Leben. Dieses Licht ins Herz zu lassen, bedeutet glauben und dafür ist Jesus als Mensch in die Welt gekommen „damit sie alle durch ihn glaubten“. Die kleine Schar derer, die Jesus durch die Hintertür in ihr Leben gelassen haben, bekommt von ihm her die Kraft, die Betonmauern zum Einsturz zu bringen wie seinerzeit die Mauern von Jericho. Sie sind beauftragt, das Licht in die Welt zu tragen und Jesus groß werden zu lassen. Sie sind eingeladen, den Frieden und die Versöhnung zu leben, die nur Jesus schaffen kann. Es fängt also bei denen an, die Weihnachten als ganz persönliches Weihnachten erfahren, wo es Jesus im eigenen Leben hell macht und durch die Hintertür aufräumt. Weihnachten können wir ohne Begrenzungen feiern trotz der Betonmauern, die sich immer wieder dem Licht auf dieser Erde entgegen stellen. Jesus hatte das erste Wort, er wird auch das letzte Wort haben. Durch Glauben an ihn wird es hell, die Betonmauern bleiben nicht ewig, aber der Glaube behält den Sieg. Heute darf es uns wieder ganz neu bewusst werden, dass Jesus zu dem steht, was er uns mit seinem ersten Wort schon zugesagt hat. In drei Zeugnissen der Weihnachtsgeschichte nach Lukas wird das zum Ausdruck gebracht, was auch uns heute froh macht und woran wir uns in allen Schwierigkeiten und Abgründen festhalten können:
Cornelia
Trick
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