Berufen zur Herrlichkeit Gottes (1.Petrus 5,5-11)
Gottesdienst am 11.12.2011

Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder,
stellen Sie sich mal vor: nach einer langen Autofahrt und einer kurzen Nacht in der Ferienwohnung stehen Sie mit Ihren Skiern endlich an der Gondelbahn. Die Sonne scheint strahlend vom Himmel, der Schnee soll oben perfekt sein, die Schlange vor der Gondelbahn hält sich in Grenzen. Da kommt jemand auf Sie zu und sagt Ihnen, dass Ihre Skibindung nicht in Ordnung ist, Sie mit ihm mitkommen sollen, es könnte ein paar Stunden dauern, dann würde man die Bindung ausgetauscht haben. Wären Sie erfreut über diesen Menschen, der Ihre Pläne erstmal durchkreuzt? Später, da werden Sie erzählen, dass dieser Mann Ihnen vielleicht das Leben gerettet hat, aber im Moment ist er doch ein echter Störenfried.

So ähnlich durchkreuzt Johannes der Täufer die heimelige Adventsvorfreude auf Weihnachten. Der 3. Advent,  die Mitte der Adventszeit, ist ihm gewidmet. Seine rauen und mahnenden Worte tragen Wichtiges zur Adventszeit bei. Er will uns beiseite nehmen und uns ehrliche Fragen zu stellen: Wo stehst du mit deinem Leben? Wer ist Jesus Christus für dich? Auf wen oder was wartest du? Wie bereitest du dich auf die Ankunft vor? Es bleibt uns nichts Anderes übrig, als uns auf diese Fragen einzulassen, auch wenn wir jetzt viel lieber gleich ins Weihnachtsfest stürzen würden. Erst im Nachhinein werden wir wahrscheinlich erkennen, wie wichtig diese Zäsur war, wie sie vielleicht auch unser Leben gerettet hat.
Ein Abschnitt aus dem 1 Petrusbrief kann uns helfen, unseren Standort und Weg zu bestimmen, genug Proviant für unterwegs zu bekommen und uns Zuspruch und Trost schenken zu lassen.

1.Petrus 5,5-11

Überhaupt müsst ihr - das sage ich allen - im Umgang miteinander jede Überheblichkeit ablegen. Ihr wisst doch: »Gott widersetzt sich den Überheblichen, aber denen, die gering von sich denken, wendet er seine Liebe zu.« Beugt euch also unter Gottes starke Hand, damit er euch erhöhen kann, wenn die Zeit gekommen ist. Alle eure Sorgen werft auf ihn, denn er sorgt für euch.  Seid wachsam und nüchtern! Euer Feind, der Teufel, schleicht um die Herde wie ein hungriger Löwe. Er wartet nur darauf, dass er jemand von euch verschlingen kann. Leistet ihm Widerstand und haltet unbeirrt am Glauben fest. Denkt daran, dass die Gemeinschaft eurer Brüder und Schwestern in der ganzen Welt die gleichen Leiden durchzustehen hat. Ihr müsst jetzt für eine kurze Zeit leiden. Aber Gott hat euch in seiner großen Gnade dazu berufen, in Gemeinschaft mit Jesus Christus für immer in seiner Herrlichkeit zu leben. Er wird euch Kraft geben, so dass euer Glaube stark und fest bleibt und ihr nicht zu Fall kommt. Ihm gehört die Macht für alle Zeiten. Amen!

Gott hat euch zur ewigen Herrlichkeit berufen

Die Zielaussage des 1.Petrusbriefes ist, dass Gott uns in seine Herrlichkeit berufen hat. Die Herrlichkeit Gottes ist in unserer Gemeinde dieses Jahr der rote Faden der Adventszeit. Sie umschreibt Gottes Majestät, seine Hoheit, seinen überwältigenden Lichtglanz. Zu dieser Herrlichkeit hat Gott alle berufen, die Jesus Christus vertrauen. Gott hat uns mit dem Ja zu Jesus Christus die Eintrittskarte zu seiner Herrlichkeit in die Hand gedrückt. Zu jeder Zeit hat man sich die Herrlichkeit Gottes in anderen Farben ausgemalt. Gottes Gegenwart, die alles überstrahlt, ließ Glaubende besonders in Hungerzeiten an reich gedeckte Büffets denken. In Kriegszeiten bedeutete die Herrlichkeit Gottes Frieden. In Armut erwarteten Menschen Gottes Herrlichkeit als eine Bleibe, vor der einen niemand mehr vertreiben konnte.

Wie können wir Gottes Herrlichkeit heute verstehen? Für mich sind es Bilder der Bibel, die ausdrücken, dass wir in Gottes Gegenwart und ganz auf ihn ausgerichtet sind. Wir brauchen uns nicht mehr um uns selbst zu kümmern, nicht mehr andere taxieren und messen, sondern sind ganz einig mit Gottes Willen, sehen auf ihn und leben mit ihm. Wir sind frei von allem, was uns in unserem Alltag belastet, den Zwängen, dies oder das zu tun, den Lebensmustern, die uns vorgeben, was für uns dran ist, den selbst eingeredeten Zielen, die wir doch nie erreichen werden. Wir sind angenommen in Gottes Stadt. Wir können uns zu jedem setzen, ohne das Gefühl zu haben, unerwünscht zu sein und zu stören.

Zur ewigen Herrlichkeit sind wir berufen, herausgeliebt aus dieser Welt und auf den Kurs Richtung Ewigkeit gebracht. Doch wir sind nicht allein berufen, sondern in die Gemeinschaft mit Christen, in die Gemeinde. Die Gemeinde ist zuallererst Geschenk, so wie sie ist. Gott hat sie zusammengerufen, Jesus ist in ihr leibhaftig zu finden, er gibt den ganz verschiedenen Menschen den einigenden Geist. Die Adventgemeinde muss sich nicht selbst erfinden und nicht ständig daran arbeiten, als Gemeinde zusammen zu gehören. Sie ist Gemeinde, weil Gott sie dazu zusammen gerufen hat.

Ihr seid auf dem Weg zur Herrlichkeit

Vor zwei Gefahren warnt Petrus die Adventgemeinde, vor interner Überheblichkeit und Verfolgung von außen. Wenn in der Gemeinde Rangunterschiede bestehen, der eine sich der anderen überlegen fühlt, sei es materiell, bildungsmäßig oder in geistlicher Hinsicht, gerät Gottes Herrlichkeit aus dem Blick. Man schaut nicht mehr auf ihn, sondern aufeinander. Man vergleicht und beurteilt, wertet und sortiert, statt miteinander auf Gott zu hören und seinen Willen umzusetzen. Es geht Petrus sicher nicht um Gleichmacherei, sondern um die Einstellung. Denke ich, dass alle so sein sollten wie ich? Meine ich, dass meine Erkenntnisse wertvoller sind als andere? Gebe ich mir die Mühe, die Gaben anderer herauszulocken, zu schätzen und zur Entfaltung kommen zu lassen? Oder will ich hauptsächlich meine Gaben zum Einsatz bringen? Dass Petrus hier die Überheblichkeit so deutlich thematisiert, ist sicher kein Zufall. Überheblichkeit hat in der Adventsgemeinde keinen Platz, denn Gott ist der Herr, da braucht es keine anderen Herren und Damen.

Ein Löwe brüllt, um eine Viehherde in Panik zu versetzen, so dass sie auseinander läuft. Die Tiere rennen durcheinander, reißen Zäune ein und eines wird dem Löwe direkt ins Maul fallen. Petrus identifiziert Kaiser Domitian mit einem brüllenden Löwen. Sein Wüten lässt die Christen in Panik geraten, sie verlassen die schützende Gemeinde und rennen direkt ins Verderben. Diese Situation ist auch heute in vielen Ländern Realität. Christen bangen um ihr Leben, müssen sich verstecken und im Untergrund verschwinden, sie dürfen keine christliche Literatur erwerben und sind immer von Verrat und Gewalt bedroht. Doch ein brüllender Löwe muss nicht nur Christenverfolgung bedeuten. Die Herde kann sich auch ohne Löwen verlaufen, einzelne fallen heraus durch Trägheit, Gleichgültigkeit oder die Annahme, dass Jesus sie schon wieder einsammeln wird. Ja, Jesus ist der gute Hirte, der jedem und jeder nachgeht. Aber bis er sie gefunden hat, können die Mächte der Welt ihr Spiel treiben. Ist das erstrebenswert?

Petrus setzt den Gefahren fünf Imperative entgegen:

  • Begebt euch unter die starke Hand Gottes! Mich Gottes starker Hand anvertrauen kann ich besonders im Gebet. Da kann ich meine Unfähigkeit zugeben, leer sein, um mich wieder füllen zu lassen, von ihm alles erwarten. Schon meine Gebetshaltung macht das deutlich, indem ich mich in seine Hand berge und ihm nicht selbstgerecht gegenüber stehe.
  • Sorgt euch nicht! Da Gottes Hand über und unter uns ist, können wir unsere Sorgen in diese Hand Gottes werfen. Werfen ist ein aktives Tun. Wir lassen die Sorgen nicht einfach irgendwo fallen, sondern wir entledigen uns bewusst. Ein Bekannter erzählte mir von einem besonderen Ort in seiner Wohnung, wo ein Kreuz hängt. Für jede Sorge legt er einen Stein vor dieses Kreuz. Ist die Sorge gelöst, nimmt er den betreffenden Stein wieder weg. Das, so sagt er, entlastet ihn, denn nun trägt er nicht mehr selbst die Sorgen, sondern Jesus hat sie und kümmert sich darum. Ich schreibe meine Sorgen in ein Tagebuch. Auch das ist ein Weg, um sie Jesus hinzuschieben. Er teilt das Tagebuch mit mir. Bei manchen Sorgen brauchen wir den hörbaren Zuspruch, dass Jesus die Sorgen abnimmt. Hier ist Fürbitte und Mittragen gefragt, ein Bruder oder eine Schwester, die so nahe am Herzen ist, dass wir ihr sogar das anvertrauen können, was nur für Jesu Ohren bestimmt ist – damit sie es auch Jesus ans Herz legt.
  • Seid wachsam und nüchtern! Besonders für die Löwen sollten wir wachsam und nüchtern sein. Wer oder was bringt Unruhe in unsere Gemeinde? Was bedroht uns so, dass wir in der Gefahr stehen auseinander zu laufen? Was schläfert uns ein, und wo ist Aufbruch und Mut gefragt, um dem Löwen Widerstand zu leisten? Ist der Gemeinde – und damit jedem und jeder – klar, warum sie Gemeinde Jesu ist, was sie ausmacht und wofür sie heute da sein will? Nur wenn sich Gemeinde von innen her ihres Auftrags gewiss ist, wird sie auch zusammen bleiben und den Löwen entgegen treten können.
  • Haltet am Glauben fest! Was so selbstverständlich wirkt, ist doch in der Praxis nicht so einfach. Am Glauben festzuhalten, bedeutet, erwachsen zu glauben. In einer Untersuchung von vielen Gemeinden in den USA wurde entdeckt, dass Christen, die schon einige Jahre an Jesus Christus glauben und in ihrer Gemeinde leben, immer weniger geistliches Leben praktizieren. Sie beten kaum noch, lesen selten in der Bibel, und ihr Gottvertrauen ist geschwunden. Die Forschungsgruppe fragte nach den Ursachen dieser Entwicklung. Erstaunliches kam zu Tage. Diese langjährigen Christen verhalten sich wie neu Dazugekommene. Sie erwarten, dass die Gemeinde ihnen das geistliche Leben serviert, ihr Gebetsleben ankurbelt, ihr Gottvertrauen stärkt. Sie selbst nehmen ihr geistliches Leben nicht in die Hand, sorgen nicht für sich, ergreifen wenig Eigeninitiative. Der Imperativ des Petrus leitet uns an, für unser geistliches Leben die Verantwortung zu übernehmen und selbst Wege zu finden, wie Jesus immer mehr Raum im Leben bekommt. Das ist herausfordernd, aber der einzige Weg, um auf dem Weg zur Herrlichkeit zu bleiben.
Gott gibt euch Kraft
Nun wird aber auch klar: Gott ist weder Zuschauer noch Linienrichter, sondern mittendrin auf dem Spielfeld, Seite an Seite mit uns. Er ist Bundesgenosse und machtvoller Helfer. Seine Herrlichkeit leuchtet schon jetzt auf dem Spielfeld des Lebens. Im griechischen Urtext wird diese Hilfe Gottes mit vier Zusagen beschrieben: Gott wird euch
  • Aufrichten: Wenn wir uns unter Gottes Hand bergen, dann nicht, um von ihm klein gemacht und zerdrückt zu werden wie eine lästige Ameise, sondern damit er uns aufrichten kann. Es ist kein Aufrichten in stolzer Selbstgefälligkeit, sondern ein Aufrichten in der ganzen Abhängigkeit von Jesus. Sein Geist will unseren Gang gerade machen.
  • Stärken: Wer von Sorgen zerdrückt ist, hat keine Kraft mehr. Jesus will die Sorgen tragen, damit wir stark werden, den Weg zur Herrlichkeit mit seiner Hilfe zu gehen. Die Sorgen würden uns daran hindern. Der einzige Weg ist, sie Jesus anzuvertrauen.
  • Kräftigen: Um Widerstand gegen Löwen aller Art zu leisten, brauchen wir Kraft. Diese Kraft ist Jesus. Mit ihm verbunden zu sein, lässt uns bereit werden, auch gegen die Mächte dieser Welt den Kampf aufzunehmen.
  • Gründen: Gott verankert unseren Glauben in Jesus. Damit sind wir an ihn fest gebunden. Deshalb können wir auch am Glauben festhalten. Nicht weil unsere Hände so stark sind, sondern weil Gott uns schon längst an Jesus festgebunden hat. Er schafft immer die Voraussetzung für alle Imperative, die uns mit auf den Weg gegeben werden.
Berufen sind wir zu Gottes Herrlichkeit. Sie scheint schon jetzt in unserem Leben und unserer Gemeinde. Wir können unser Angesicht auf ihn richten, müssen uns nicht im gegenseitigen Konkurrenzkampf oder krank machenden Zersorgen kaputt machen. Er schenkt uns Freiheit, aufeinander zu achten, einander in der Fürbitte zu begleiten und mutig den Löwen den Kampf anzusagen.

Als Adventsgemeinde singen wir die Herrlichkeit Gottes herbei: „Ihm gehört die Macht für alle Zeiten. Amen!“

Cornelia Trick


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