Die alten Schuhe

Während einer Familienfreizeit stand Bibelarbeit auf dem Programm. Die Leute hatten ihre Bibeln auf dem Schoß. Nun warteten sie darauf, dass Sven ihnen die Bibelstelle sagen würde. Stattdessen hatte Sven ein Paar alte Schuhealter Schuh mitgebracht. Alle sollten ausprobieren, ob ihnen die Schuhe passten und ein paar Schritte in ihnen laufen. Für manche kostete es echte Überwindung, in die alten Schuhe zu schlüpfen. Andere mussten ihre Zehen einziehen, um überhaupt darin laufen zu können. Nach den Gehversuchen ging es dann los mit der Bibel. Die alten Schuhe - so sagte Sven - sollten die Schuhe des Blinden vor Jericho sein. Viel einfacher als sonst öffnete sich den Freizeitteilnehmern der Bibelabschnitt. Sie kamen in der Geschichte von Jesus und dem Blinden selbst vor - sie hatten ja die Schuhe des Mannes an. Der Abend mit den alten Schuhen hatte weitreichende Folgen. An den nächsten Abenden schlüpften die Urlauber in die Schuhe ihrer Freunde und Arbeitskollegen. Was waren deren Fragen und Bedürfnisse? Wie konnten sie Gemeinschaft mit Gott erleben - einladend und nicht überfordernd? Konnte die eigene Gemeinde sie aufnehmen und wo mussten die Alteingesessenen dann zurückstecken, um den Neuen Platz zu geben?.
Seit diesem Freizeitabend denke ich oft an die alten Schuhe von Sven. Wenn ich in der Bibel lese, helfen sie mir, ganz persönlich auf das zu hören, was Gott mir sagen will. Die alten Geschichten werden lebendig, ich komme selbst darin vor. Aber auch in anderer Hinsicht helfen mir die alten Schuhe von Sven. Wenn ich mit meiner Bekannten über den Glauben rede, dann versuche ich mich in sie hineinzuversetzen - in ihre Schuhe zu schlüpfen. Ich stülpe meiner Bekannten keine Argumente über den Kopf, mit denen sie gar nichts anfangen kann. Ich höre auf ihre Fragen, ihre Probleme, auch ihre schlechten Erfahrungen, die sie vom Glauben abhalten. Sie bestimmt das Gespräch, fordert mich heraus Stellung zu beziehen oder will einfach meine Meinung wissen. Oft tauschen wir unsere Schuhe und sie schlüpft in meine. Sie nimmt teil an meinem Leben mit Jesus Christus, sie fragt nach, woher ich denn die Zuversicht für mein Leben nehme. Sie hört meine Anliegen und freut sich mit mir über Gebetserhörungen und neue Wege. Sie spürt die Kraft Gottes und möchte auch daran angeschlossen sein. Ein einfacher Schuhwechsel bewirkt, dass Jesus immer mehr in ihr Leben kommt. Die Freizeit hat auch in der Gemeinde weitreichende Folgen. Ich möchte die Bekannte in meine Gemeinde einladen und ihr die Chance geben, sich dort einzuwurzeln. Mir fällt auf, dass sie sich in unserem Gottesdienst nicht auskennt, auch ihre Bibelkenntnisse sind sehr beschränkt. So sind einfache Hilfestellungen nötig - ein Programm, das durch den Gottesdienst führt, der abgedruckte Bibeltext und ein paar Leitlinien zur Predigt auf Folie, Zeit zur Begegnung nach dem Gottesdienst, offene Leute, die willkommen heißen.
Ein Foto von einem Paar alter Schuhe habe ich mir in die Bibel gelegt. Sie erinnern mich an die Freizeit damals und ihre weitreichenden Folgen.
Cornelia Trick


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Verantwortlich Dr. Ulrich Trick, Email: ulrich@trick-online.de
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